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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hexenfahrt - Hexham

auch die auf verschiedenen Baumarten schmarotzenden Büsche der Mistel, Viscum album L., sowie die der Riemenblume, Loranthus europaeus L., selbst größere Bartflechten mit dem Ausdruck H. oder Donnerbesen. Nach altem Aberglauben werden sie vom Blitz erzeugt, und in das Haus, in dem sie verbrannt werden, schlägt der Blitz ein.

Hexenfahrt. Eine H. findet nach dem Volksglauben hauptsächlich am 1. Mai in der Walpurgisnacht (in einigen Gegenden auch am Michaelistage) auf den Blocksberg (s. d.) und andere durch den Aberglauben bezeichnete Höhen statt, und zwar reiten die Hexen dahin nach Anwendung der Hexensalbe und einer bestimmten Zauberformel durch die Luft auf Besen oder auf Elsternschwänzen, Mist- oder Ofengabeln, Ziegenböcken u. s. w. Der Schornstein ist ihr Aus- und Eingang. In Gesellschaft des Teufels, ihres Herrn und Meisters, dem sie unzüchtige Verehrung erweisen, führen sie dort Tänze und wüste Lustbarkeiten auf, "tanzen den Schnee weg" und schwärmen dann in derselben Nacht in ähnlicher Fahrt umher und stiften Schaden. Es ist der große Hexensabbat, ein Nachklang von feierlichen Opfern bei Frühlingsanfang aus heidn. Zeit. Die Versammlungsorte sind in der Regel altheidn. Opferstätten. Auch in Ostpreußen giebt es solche Blocksberge, in Süddeutschland Walpurgisberge, ebenso in Skandinavien und Großbritannien, in Tirol wie anderswo werden überhaupt die höchsten Bergspitzen oder auch tiefe Schluchten als Versammlungsorte der Hexen angegeben; bekannt ist der Hexentanzplatz bei Thale im Harz.

Hexenhammer, s. Hexen.

Hexenknoten, ein oft in der Erde gefundenes Gebilde von Blättern des Rosenstrauchs und anderer Gewächse als Behälter von Larven geflügelter Insekten, welches der Aberglaube als Hexenwerk betrachtet. Verschieden davon sind wirkliche Knoten, die aus Seilen und Bändern auf bestimmte, meist kreuzförmige Weise unter Zauberformeln (besonders in den zwölf Nächten) geknüpft werden, um alle bösen Wesen von bestimmten Gegenständen abzuhalten.

Hexenmehl, s. Lycopodium.

Hexenmeister, entspricht als Mann wesentlich der Bedeutung Hexe als Weib; an beiden haftet die Beziehung zu übernatürlicher Macht und zum Teufel, und dieses wird bei beiden durch die Bezeichnung "Unhold" ausgedrückt. Auch der H. übt die Bosheitszauberei und zwar steigert sie sich bei ihm bisweilen zu der höchsten Stufe raffinierter diabolischer Frevelthat. Im übrigen ist der H. eine seltenere Erscheinung als die Hexe. Wenn bei der letztern die Erlangung der Zaubermacht mehr auf einer geheimen Überlieferung beruht und einfachere Mittel hat, nimmt sie bei dem H. oft eine mehr kunstreiche, gewissermaßen wissenschaftliche Gestalt an und die betreffenden Beschwörungsformeln und Veranstaltungen sind in Büchern niedergelegt, wie "Fausts Höllenzwang" (s. d.). Bei dem H. besonders tritt auch der wirkliche Kontrakt mit dem Teufel ein, das Bündnis wird durch die Unterschrift mit dem eigenen Blute geschlossen. Zur Zeit der Hexenprozesse wurden auch viele H. gerichtet und verbrannt, so 1314 Jakob von Molay und andere Tempelherren, denen neben Ketzerei auch Zauberei vorgeworfen wurde. In der Volkssage ist der berühmteste H. Dr. Faust; auch galt Theophrastus Paracelsus allgemein dafür. - Litteratur, s. Hexen; vgl. ferner Horst, Dämonomagie (2 Bde., Frankf. 1818); ders., Zauberbibliothek (6 Bde., Mainz 1821-26); Montanus, Die deutschen Volksbräuche, Volksglaube und mytholog. Naturgeschichte (Iserl. 1858).

Hexenpilz, Hexenschwamm, Donnerpilz, Saupilz (Boletus luridus Schaeff., s. Tafel: Pilze II. Giftige Pilze, Fig. 8), in Deutschland in Wäldern nicht selten, gehört zu den giftigen Schwämmen. Der Hut ist braungrün gefärbt, wird bis zu 20 cm und darüber breit, ist stark gewölbt und hat ein filziges Aussehen. Der ziemlich dicke Stiel wird bis 12 cm hoch, seine Oberfläche ist rot gefärbt oder rot geadert. Das Fleisch hat gelbliche Farbe, wird aber beim Auseinanderbrechen bald blau.

Hexenprobe, Hexenprozeß, s. Hexen.

Hexenringe, kleinere oder größere (bis zu 16 m Durchmesser) kreisrunde Stellen auf Wiesen, seltener in Wäldern, welche von einem breiten, üppig grünenden Ringe eingeschlossen werden. Die Entstehung derselben beruht auf dem centrifugalen Wachstum des Myceliums verschiedener Hutpilze, mit dessen Entfernung die H. aufhören. Sie heißen auch Elfenringe und man unterscheidet nach ihren Spuren die Elfen in gute und böse. Nach den Tänzen der guten wächst das Gras um so üppiger, die Tänze der bösen nehmen Gras und Erdboden mit, und man sagt, der Teufel habe dort getanzt. Auch schreibt man die H. den Hojemännlen zu, die, grün gekleidet und mit Haar und Bart von grauem Moos, während der Nacht im tauigen Grase tanzen und Räder schlagen. In Tirol beruht der Glaube, daß der Alber, Almgeist, schmalzige Füße habe und deshalb die fetten Grasplätze der Almtrift seine Spur anzeigen, auf der gleichen Vorstellung.

Hexensabbat, s. Hexenfahrt.

Hexensalbe, s. Hexen.

Hexenschuß (Lumbago), ein heftiger, meist ganz plötzlich auftretender und alle Bewegungen, insbesondere Drehungen und Beugungen des Rückens in hohem Grade erschwerender Kreuz- und Lendenschmerz, welcher entweder auf einem einfachen Rheumatismus der Lendenmuskeln oder aus der Zerreißung einzelner Muskelfasern der Rückenstrecker infolge einer allzu hastigen und kräftigen Bewegung beruht. In der Regel verschwindet das Leiden bei einem geeigneten diätetischen Verfahren (Ruhe, Bettwärme, Schwitzen) nach einigen Tagen von selbst; bei heftigern Schmerzen bringen kräftige Hautreize, wie das Spanische Fliegenpflaster, Schröpfköpfe, der elektrische Pinsel, die heiße Dampfdouche, die Anwendung der Massage u. dgl., oft überraschend schnelle und anhaltende Erleichterung. Der Name hängt insofern mit dem Hexenglauben (s. Hexen) zusammen, als man glaubte, die Hexen könnten mittels des sog. Albgeschosses einem Menschen ohne äußerliche Verletzung allerlei schmerzhafte Dinge (Nägel u. dgl.) in den Körper hexen.

Hexenschwamm, s. Hexenpilz.

Hexensteige, in der Jägersprache schmale Pfade, die sich Hasen durch Getreide machen bez. beißen.

Hexentanzplatz, s. Roßtrappe.

Hexenwage, s. Gottesurteil und Hexen.

Hexham (spr. hexämm), Stadt in der engl. Grafschaft Northumberland, 30 km westlich von Newcastle, rechts am Tyne und Eisenbahnknotenpunkt, hat (1891) 5945 E., eine frühengl. Kirche (12. Jahrh.); eine Steinbrücke mit 9 Bogen, Gerberei, Handschuh-, Stoff-, Wollwaren- und Hutfabrikation. Bei H. besiegten 15. Mai 1464 die Truppen Eduards IV. die Anhänger Heinrichs VI.