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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Heyne (Mor.) - Heyse
14. Juli 1812, mit großem Erfolg. Für die griech.
Mythologie hat H. zuerst eine wissenschaftliche Be-
handlung angebahnt. Seine Untersuchungen auf
dem Gebiete der polit. und Kulturgeschichte des
Altertums haben eine histor. Auffassung des gesam-
ten antiken Lebens begründen helfen. In der Exe-
gese legte er das Hauptgewicht auf die Sacherklä-
rung, während die grammatische Interpretation in
den Hintergrund trat. Von seinen Arbeiten sind,
außer der großen Anzahl von Abhandlungen und
Programmen, die u. d. T. "OMgeula Hcaäkinica"
(6 Bde., Gott. 1785 - 1812) gesammelt erschienen,
zu erwähnen seine Ausgaben des Tibull (Lpz. 1755;
4. Aufl. von Wunderlich, 2 Bde., 1817), des Virgil
(4 Bde., ebd. 1767 - 75; 4., vielfach verbesserte
Aufl. von PH. Wagner, 5 Bde., Hannov. 1830-41),
des Pindar (2 Bde., Gott. 1773; 3. Aufl., 3 Bde.,
Lpz. 1817) und die "(^i-inina" des Homer (9 Bde.,
Lpz.1802-22); ferner von Epiktets "Nnokiriäion"
(Dresd. 1756; 3. Aufl. 1783) und Apollodors
"Lidliotksca 3I-Ä6CH" (4 Bde., Gott. 1782; 2. Aufl.,
2 Bde., 1803). - Vgl. Heeren, Christian Gottlob H.
(Gott. 1813); Rehberg, Polit.-Histor. kleine Schriften
(Hannov. 1829). - Eine Tochter H.s war die Schrift-
stellerin Therese Huber (s. d.).
Heyne, Mor., Germanist, geb. 8. Juni 1837
zu Weißenfels a. S., studierte in Halle, wo er 1864
Privatdocent der altdeutschen Sprache und Litte-
ratur und 1869 außerord. Professor wurde. 1870
als Nachfolger Wackernagels nach Basel berufen,
wirkte er dort als Professor der deutfchen Sprache
und Litteratur und als Vorsteher der mittelalter-
lichen Sammlung; im Winter 1883 folgte er einem
Rufe an die Universität Göttingen. Er veröffent-
lichte: "Kurze Laut- und Flexionslehre der alt-
german. Dialekte" (3. Aufl., Paderb. 1880), Aus-
gaben des Beowulf (5. Aufl. vonSocin, ebd. 1888;
eine metrische Übersetzung, ebd. 1863), des Heliand
(3. Aufl., edd.1883), der "Kleinern altniederdeutschen
Denkmäler" (2. Aufl., ebd. 1877) und des Ulsilas
(8. Aufl., ebd. 1885), eine "Altfächs. und altnieder-
fränk. Grammatik" (ebd. 1873); auf dem Gebiete der
deutschen Privataltertümer, deren bester Kenner er
zur Zeit wohl ist, "Über die Lage und Konstruktion
der Halle Heorot im angelsächs. Beowulfliede" (ebd.
1864), "Kunst im Haufe. Abbildungen von Gegen-
ständen aus der mittelalterlichen Sammlung zu
Basel" (2 Tle., Bas. 1881-83), "Die Baseler Glas-
malerei des 16.Jahrb." (ebd.1883). Als Fortsetzer des
Grimmschen "DeutschenWörterbuchs" bearbeitete H.
1867-93 in drei Bänden die Buchstaben II, I, ^,
I., N, 15 und den Anfang von 3. Von feinem für
weitere Kreise berechneten dreibändigen "Deutschen
Wörterbuch" erschienen5Halbbände (Lpz. 1890-93).
Heynlin, Joh., 3. I^piäe oder I^piäauuL (von
Stein), ein hervorragender Theologe und Humanist
des 15. Jahrh., der zugleich mit G. Fichet die
Einführung der Buchdruckerkunst in Paris und die
Berufung der drei ersten Parifer Buchdrucker (1469)
betrieb. Der gewöhnlichen Annahme, daß Stein bei
Schasshausen fein Geburtsort war, steht entgegen,
daß seine Herkunft der Speyerer Diöcese zugewie-
sen wird. Nm 1425 geboren, studierte er in Leip-
zig, Freiburg (?) und Bafel. Seit 1467 wirkte er,
einer der gelehrtesten Männer feiner Zeit, in Paris
an der Universität und war 1468 ihr Ncktor, 1468
und 1470 auch Prior der Sorbonne. Infolge theol.
Streitigkeiten kehrte er 1474 nach Basel zurück,
wurde 1478 Professor der neuen Universität Tü-
bingen, 1484 aber nach verschiedenem Wechsel des
Wirkungskreises Prediger am Münster in Basel und
zog sich 1487 ganz in das dortige Kartäuserkloster
zurück. Er starb 12. März 1496. ^s. d.).
Heynrichs, I. N., Pseudonym von Jenny Hirsch
Heyse, Joh. Christian Aug., Schulmann, geb.
21. April 1764 zu Nordhausen, studierte seit 1783
in Göttingen, wurde 1786 Hauslehrer in Olden-
burg, 1792 Lehrer am dortigen Gymnasium, 1807
Rektor des Gymnasiums und Direktor einer höhern
Töchterschule in Nordhausen und 1819 Direktor der
Töchterschule in Magdeburg, wo er 27. Juni 1829
starb. H. war durchaus Praktiker, nicht Gelehrter,
seine Bücher auf das Bedürfnis der Schule und
des Hauses, namentlich auch der Geschäftswelt be-
rechnet. Er begann mit dem "Allgemeinen Wörter-
buch zur Verdeutschung der in unserer Sprache ge-
bräuchlichen fremden Wörter" (Oldenb. 1804), das
als "Allgemeines Fremdwörterbuch" zahlreiche Auf-
lagen erlebte (17. Aufl. 1892). Seine grammatischen
Arbeiten fanden namentlich in den Bearbeitungen
seines Sohnes Karl H. weite Verbreitung: "Theo-
retisch-praktische deutsche Grammatik" (Hannov.
1814; 5. Aufl., ebd. 1838-49), "Deutsche Schul-
grammatik" (ebd. 1816; 24. Aufl. 1886) und "Leit-
faden zum Unterricht in der deutschen Sprache" (ebd.
1822; 25. Aufl. 1885).
Heyse, Karl Wilh. Ludw., Sprachforscher, Sohn
des vorigen, geb. 15. Okt. 1797 zu Oldenburg, wurde
1815 von W. von Humboldt zum Lehrer seines jüng-
sten Sohnes erlesen, studierte seit 1816 in Berlin
unter Vöckh und Bopp Philologie und Sprachwissen-
schaft, habilitierte sich 1827 in der Berliner pbilos.
Fakultät, in der er 1829 eine außerord. Professur
erhielt. Er starb 25. Nov. 1855 in Berlin. Wäh-
rend seine Studien anfänglich besonders griech. und
röm. Autoren galten, wandte er sich seit dem Tode
seines Vaters vorzugsweise den deutschen Sprach-
studien zu. Von dem "Fremdwörterbuch" und den
grammatischen Arbeiten des Vaters veranstaltete
er umgearbeitete Ausgaben, die fast ganz als sein
Werk gelten dürfen, so namentlich das "Ausführliche
Lehrbuch der deutschen Sprache" (2 Bde., Hannov.
1838-49), worin er die Ergebnisse der neuern
histor. und vergleichendenSprachforschung den Laien
zugänglich zu machen suchte. Sein "Handwörterbuch
der deutschen Sprache" (2 Bde., Magdeb. 1833-49)
will histor.-etymolog. Begründung und Entwick-
lung der Wortformen und Bedeutungen mit der
Rücksicht auf die Praxis des gegenwärtigen Sprach-
gebrauchs vereinigen. H.s wissenschaftlich bedeu-
tendste Arbeit, das "System der Sprachwissen-
schaft^ (Berl. 1856), wurde erst nach seinem Tode
von ^teinthal herausgegeben.
Heyse, Paul, Dichter, Sohn von Karl Wil-
helm Ludwig H., geb. 15. März 1830 zu BerUu,
besuchte das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium und
widmete sich seit 1847 unter Böckh und Lachmann
der klassischen Philologie, wandte sich aber seit
1849 zu Bonn unter Diez dem Studium der roman.
Sprachen und Litteraturen zu. Nachdem er 1853
mit einer Dissertation über den Refrain in den
Liedern der Troubadours (Berl.^ 1852) promo-
viert hatte, unternahm er eine größere Neife durch
die Schweiz und Italien, wo er die Bibliotheken
nach roman. Sprachdenkmalen durckforschte. In-
zwischen hatte er sich mit der Tragödie "Francesca
von Rimini" (Berl. 1850) und den beiden epischen
Erzählungen in Versen: "Die Brüder" (ebd. 1852)