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Höfler - Hofmann (Aug. Wilh. von)
Höfler, Karl Adolf Konstantin, Ritter von,
Geschichtsforscher, geb. 27. März 1811 zu Mem-
mingen, studierte in München und Göttingen Ge-
schichte, hielt sich von 1834 bis 1836 in Italien auf,
übernahm dann die Redaktion der Münchener offi-
ziellen polit. Zeitung und habilitierte sich 1838 als
Privatdocent an der Universität, worauf er 1839
eine außerordentliche, 1841 eine ordentliche Pro-
fessur erhielt. Die 1846 in Bayern entstandenen polit.
Zerwürfnisse veranlaßten ihn zu der histor. Denk-
schrift "Conkordat und Constitutionseid der Katho-
liken in Bayern" (Augsb. 1847). Am 26. März 1847
durch einen Gewaltstreich ohne Urteil seinerProfessur
enthoben, ward H. nach einigen Monaten zum Archi-
var in Bamberg ernannt. Diese Stelle bekleidete er,
bis er im Herbst 1851 einem Rufe als Professor der
Geschichte nach Prag folgte. In dem nationalen
Kampfe zwischen den Deutschen und Czechen in Böh-
men bewies sich H. stets als ein mannhafter Ver-
treter des Deutschtums. 1872 wurde er als Mitglied
in das österr. Herrenhaus berufen, ihm auch durch
Verleihung des Ordens der Eisernen Krone der erb-
liche Adelstand verliehen; 1882 trat H. in den Ruhe-
stand. Er veröffentlichte außer vielen kleinern Ar-
beiten: "Die deutschen Päpste" (2 Bde., Regensb.
1839), "Kaiser Friedrich II." (Münch. 1844), "Albert
von Beharn und Regesten Papst Innocenz' IV."
(Stuttg. 1847), "Quellensammlung für frank. Ge-
schichte" (Bd. 1-4, Bayreuth 1849-53), "Frank.
Studien" (Abteil. 1-5, Wien 1852-53), "Ruprecht
von der Pfalz" (Freib. i. Br. 1861), "OonciliN
?i-HF6N8iH 1353-1413" (Prag 1862), "Kaisertum
und Papsttum" (ebd. 1862), "Magister Johannes
Hus und der Abzug der deutschen Professoren und
Studenten aus Prag 1409" (ebd. 1864), "Geschicht-
schreiber der husitischen Bewegung" (3 Tle., Wien
1856-66), "Barbara, Markgräsin von Branden-
burg" (Prag 1867), "Aus Avignon" (ebd. 1868),
"Der Congreß von Soissons" (2 Bde., Wien 1871
-76), "Abhandlungen aus dem Gebiet der alten
Geschichte" (Bd. 1-7, ebd. 1870-80), "Abhand-
lungen zur Geschichte Österreichs" (Bd. 1-2, ebd.
1671 - 72), "Abhandlungen aus dem Gebiet der
slaw. Geschichte" (Bd. 1-5, ebd. 1879-82), "Der
Aufstand der castilian. Städte gegen Karl V." (Prag
1876), "Zur Kritik und Quellenkunde der ersten Re-
gierungsjahre Kaiser Karls V." (3 Abteil., Wien
1876-83), "Die roman. Welt und ihr Verhältnis zu
den Reformideen des Mittelalters" (ebd. 1878),
"Papst Adrian VI." (ebd. 1880), "Nonumkiita.
HispHiiicH" (2 Bde., Prag 1881-82), "Kritische
Untersuchungen über die Quellen der Geschichte
König Philipps des Schönen" (Wien 1883), "Donna
Iuana, Königin von Castilien" (ebd. 1885), "Don
RodrigodeBorja, Alexander VI." (ebd. 1888), "Der
Hohenzoller Johann, Markgraf von Brandenburg,
designierter König von Bugia" (Münch. 1889), "D:e
Ära der Bastarden am Schlüsse des Mittelalters"
(Prag 1891), "Die Schutzschrift des Dichters Simon
Lemnius gegen das gewaltsame Verfahren der Wit-
tenberger Akademie wider ihn 1538" (ebd. 1892); die
Dramen: "Habsburgische Trilogie" ("Karls V. erste
Liebe", "Leonore von Österreich", "Karls V. Ende",
ebd. 1889),"Der Anfang vom Ende", " Das Ende"
(ebd. 1890), "Die Königsmutter" (ebd. 1891).
Hofmann, Aug. Konr., Freiherr von, Hess.
Staatsmann, geb. 28. April 1776 zu Nidda in
Oberhessen, studierte die Rechte in Erlangen und
Gießen, trat frühzeitig in den Staatsdienst und
rückte bis 1820 zum Geh. Staatsrate im Finanz-
ministerium auf. 1827 erfolgte seine Erhebung in
den Freiherrenstand. Er wurde 1829 Präsident des
Finanzministeriums, im Dez. 1837 Finanzminister
und starb 9. Aug. 1841. H.s Name knüpft sich an
die Entstehung der hess.-darmst. Verfassungsurkunde
vom 17. Dez. 1820 sowie an die Gründung des
Deutschen Zollvereins. 1824 brachte er den Ab-
schluß des Zollvertrags mit Baden und 1828 die
später sich zum Zollverein erweiternde Übereinkunft
mit Preußen zu stände. Seine "Beiträge zur nähern
Kenntnis der Gesetzgebung und Verwaltung des
Großherzogtums Hessen" (Gießen 1832) erfuhren
eine kräftige Erwiderung in dem von Hunds-
hagen verfaßten "Freimütigen Sendschreiben an
H." (Offenb. 1832).
Hofmann, Aug. Wilh. von, Chemiker, geb.
8. April 1818 zu Gießen, widmete sich nach mehr-
jährigen philol. und jurist. Studien daselbst unter
Liebig der Chemie. Aus der Gießener Zeit stammen
H.s erste Arbeiten über die Basen des Eteinkohlen-
teers und die Metamorphosen des Indigos. Im
Frühjahr 1845 habilitierte sich H. in Bonn und
wurde bald darauf zum außerord. Professor ernannt,
folgte aber bereits im Herbst desselbenJahres einem
Rufe nach London an das neu begründete Ko^ai
Oo1i6Z6 0^11611118^. Die hier unter feiner Leitung
eröffnete chem. Schule gelangte nach kurzer Zeit zu
solcher Entwicklung, daß die engl. Regierung 1853
die Schule als chem. Abteilung der Bergakademie
(KoM 8<Hoo1 ok Niiis") anschloß. 1855 wurde
ihm neben seiner Professur das Amt eines War-
deins an der königl. Münze übertragen. 1864 über-
nahm H. den chem. Lehrstuhl der Universität Bonn,
wurde aber schon 1865, noch ehe er in das von ihm
erbaute große Laboratorium übersiedeln konnte, als
Professor der Chemie nach Berlin berufen. Seit-
dem leitete H. den chem. Unterricht in dem nach
feiner Berufung errichteten neuen chem. Laborato-
rium der Universität Berlin, wo er 1868 die Deutsche
Chemische Gesellschaft stiftete. 1888 wurde H. von
dem Kaiser Friedrich in den persönlichen und 1890
von dem Kaiser Wilhelm II. in den erblichen Adel-
stand erhoben. Er starb 5. Mai 1892 zu Berlin.
Ein Bildnis von ihm (von Angeli) befindet sich seit
1890 in der Nationalgalerie in Berlin. Unter den
chem. Untersuchungen H.s spielen die über das Am-
moniak und seine Derivate, insbesondere über das
Anilin, eine große Rolle. Bereits 1849 machte er
die wichtige Entdeckung, daß sich sämtlichen Wasser-
stoffatomen im Ammoniak stufenweise die Alkohol-
radikale substituieren lassen, und daß auf diese
Weise eine fast unbegrenzte Anzahl von Körpern
dargestellt werden kann, deren Erkenntnis und Stu-
dium einen hervorragenden Einfluß auf die Entwick-
lung der modernen organischen Chemie ausgeübt
hat. Weitere Studien über die Ammoniakderivate
führten H. 1851 zur Entdeckung der sog. Ammonium-
vasen, deren Erforschung sich zahlreiche Arbeiten
über die Phosphorbasen, über die Polyammoniate,
über die Isocyanide und die Senföle anreihten; die
von H. eingeführte Bestimmung der Dampfdichte
in der Barometerleere hat der Forschung wesentliche
Dienste geleistet. Durch seine "Inti-oäuction to
ui0li6rii eti6ini8ti'^" (deutsch "Einleitung in die mo-
derne Chemie", 6^ Aufl., Braunfchw. 1877) hat H.
einen nicht geringen Einfluß auf die Gestaltung des
chem. Unterrichts geübt, (^eine volumetrifchen illu-
strativen Methoden (Hofmannfche Röhren)