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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Humboldt

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Humboldt (Wilh. von)

und dem Kaspischen Meere" (2 Bde., Berl. 1837-42) und in H.s "Fragments de géologie et de climatologie asiatique" (2 Bde., Par. 1831; deutsch von Löwenberg, Berl. 1832) und "Asie centrale, recherches sur les chaînes de montagnes et la climatologie comparée" (3 Bde., Par. 1843: deutsch von Mahlmann, 2 Bde., Berl. 1843-44). Vgl. auch Klette, H.s Reisen im europ. und asiat. Rußland (2 Bde., Berl. 1855-56). Von der großen Zahl der kleinern Schriften H.s sind vor allem die "Ansichten der Natur" (2 Bde., Stuttg. 1808 u. ö.; neueste Ausg. 1890) zu nennen, die seitdem in zahlreichen Auflagen und auch in franz., engl., holländ., russ. Übersetzungen erschienen sind; nächstdem der erste (und einzige) Band "Kleinere Schriften, geognost. und physik. Erinnerungen" (ebd. 1853). Sein erstes selbständiges Werk war: "Mineralog. Beobachtungen über einige Basalte am Rhein, nebst Untersuchungen über Syenit und Basanit der Alten" (anonym, Berl. 1790), welchem die "Flora subterranea Fribergensis et aphorismi ex physiologia chemica plantarum" (ebd. 1793) und die "Versuche über die gereizten Muskel- und Nervenfasern, nebst Vermutungen über den chem. Prozeß des Lebens in der Tier- und Pflanzenwelt" (2 Bde., ebd. 1797-99) folgten. Noch ist zu nennen "Examen critique de l'histoire de la géographie du Nouveau Continent" (5 Bde., Par. 1836-39; deutsch von Ideler, 3 Bde., Berl. 1836-51). Eine vollständige "Bibliogr. Übersicht von H.s Werken, Schriften und zerstreuten Abhandlungen" giebt J. Löwenberg im zweiten Bande von Bruhns' Alexander von H., eine wissenschaftliche Biographie (3 Bde., Lpz. 1872). Eine Auswahl seiner Werke erschien in 5 Bänden (Stuttg. 1874). Umfangreich ist der Briefwechsel H.s, der nach seinem Tode erschien: mit Varnhagen (1. bis 5. Aufl., Lpz. 1860), mit einem jungen Freunde (Althaus, Berl. 1861), mit Heinr. Berghaus (3 Bde., Jena 1863), mit Bunsen (Lpz. 1869), Cancrin (ebd. 1869), mit Marc. Aug. Pictet (in "Le Globe", Bd. 7, 1868), mit Friedr. von Raumer in dessen "Litterarischem Nachlaß", Bd. 1 (Berl. 1869), mit Goethe ("Mitteilungen aus Goethes Handschriftlichem Nachlasse", Bd. 3, hg. von Bratranek, Lpz. 1876), mit Gauß, hg. von Bruhns (ebd. 1877), mit Joach. Heinr. Campe in dessen "Lebensbild" von Leyser (Braunschw. 1877). H.s "Correspondance scientifique et littéraire" gab De la Roquette (Par. 1865 u. 1869), "Briefe Alexander von H.s an seinen Bruder Wilhelm" gab die Familie von H. (Stuttg. 1880) heraus.

In seiner wissenschaftlichen Thätigkeit vereinigte H. zwei Richtungen. Er war groß in der Aneignung und Erörterung des Einzelnen, doch ebenso groß auch in der Auffassung und Begründung der allgemeinen Gesetze. Wie kein anderer hat er ein unermeßliches Material auf den verschiedenen Gebieten der Naturwissenschaft, ja selbst der histor. Forschung angehäuft, daneben aber auch jederzeit die Aufgabe festgehalten, den innern Zusammenhang, die "Gesetzlichkeit" der Dinge zu ergründen und die Specialitäten zu einer empirischen Gesamtanschanung zusammenzufassen. Zu der sachlichen Gediegenheit der H.schen Leistungen gesellt sich die poet. Auffassung der Natur da, wo es darauf ankommt, anschauliche Gesamtbilder zu entwerfen.

Die Arbeiten H.s in einzelnen Fächern sind staunenswert durch ihren Umfang und die Mannigfaltigkeit ihrer Richtung. Sie sind am gründ-

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lichsten von einzelnen Fachmännern gewürdigt in dem von Bruhns herausgegebenen Werke "Alexander von H., eine wissenschaftliche Biographie" (3 Bde., Lpz. 1872). Von den zahlreichen nach seinem Tode und an seinem säkularen Geburtstage erschienenen Gelegenheitsgedichten und Denkreden sind die besten von Agassiz, Bastian, A. Bernstein, von Dechen, H. W. Dove, Ehrenberg, Enke, Förster, Gerland, Martius, Peschel, Quetelet, Scarpellini, Virckow, Weber. Die vorzüglichsten Bilder sind von Gsrard, Steuben, Wach, Vegas, Zildebrand; Büsten von David, Rauch, Bläser. Die bei Gelegenheit der 100jährigen Jubelfeier der Unabhängigkeitserklärung der Union, 4. Juli 1876, im Fairmount-Park zu Philadelphia enthüllte kolossale Bronzestatue ist von Drake; eine Statue H.s von Ferdinand von Miller dem Jüngern wurde 1878 in St. Louis enthüllt; die Humboldt-Denkmäler vor der Berliner Universität, Wilhelm von H.s von Paul Otto und Alexander von H.s von Reinhold Begas, wurden 28. Mai 1883 enthüllt. - Außer dem oben erwähnten großen Werke von Bruhns erschienen noch Biographien H.s von Klencke (7. Aufl., Lpz. 1882), Ule (4. Aufl., Berl. 1870) u. a.

H.s Namen tragen in Berlin auch der Humboldt Hain, ein großer, schöner Park mit Anlagen zur unentgeltlichen Belehrung des Volks in der Naturwissenschaft, die Humboldtstiftung unter dem Kuratorium der Akademie der Wissenschaften, mit der Aufgabe: Förderung der Naturwissenschaften und wissenschaftlicher Reisen, und die Humboldtakademie (s. d.).

Humboldt, Wilh., Freiherr von, Bruder des vorigen, deutscher Gelehrter und Staatsmann, geb. 22. Juni 1767 zu Potsdam, erhielt nach dem frühen Tode seines Vaters mit seinem Bruder auf dem elterlichen Schlosse Tegel und zu Berlin eine ausgezeichnete wissenschaftliche Vorbildung und studierte dann zu Frankfurt a. O. und Göttingen die Rechte, daneben aber mit gleichem Eifer Altertumswissenschaft, Ästhetik und Kantische Philosophie. Nachdem er auf Reisen durch das westl. Deutschland, nach Paris und in die Schweiz reiche Weltkenntnis gewonnen und sich mit G. Forster und F. H. Jacobi innig befreundet hatte, lebte er 1789 und 1790 in Erfurt und Weimar und trat hier in ein engeres Verbältnis zu dem Koadjutor von Dalberg und zu Schiller, dem in spätern Jahren ein nicht minder nahes zu Goethe sich anschloß. Mit dem Titel Legationsrat, den er während eines kurzen Aufenthalts in Berlin (als Referendar am Kammergericht) erhalten hatte, kehrte H. ohne Neigung zu amtlicher Thätigkeit nach Erfurt zurück, vermählte sich 1791 mit der ihm an Geist ebenbürtigen Karoline von Dachröden (gest. 26. März 1829) und lebte anfangs meist auf den thüring. Gütern seiner Frau, seit 1794 aber in Jena, um hier mit Schiller und einem kleinen Freundeskreise ein Leben voll regster Geistesthätigkeit und des idealsten Gehalts zu teilen, als dessen Frucht teils eigene dichterische und wissenschaftliche Arbeiten, teils eine vielfache Einwirkung auf Schillers Dichtwerke hervorgingen. Ein dauerndes Denkmal dieser Freundschaft bildet der "Briefwechsel zwischen Schiller und Wilhelm von H." (Stuttg. und Tüb. 1830; 2. Aufl., von Vollmer besorgt, Stuttg. 1876). Von 1797 bis 1799 lebte H. nach mannigfachen Reisen mit seiner Familie in Paris und ging dann zu längerm Aufenthalt nach Spanien, von wo er mit reicher wissen-