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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Huß-Ausläuten; Hussein; Hussein Awni Pascha; Husseinite; Hüßgen; Hussiten

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Huß-Ausläuten – Hussiten

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Huß (Magnus von)'

direktor der schwed. Irrenheilanstalten thätig. 1857 erfolgte seine Erhebung in den Adelstand. Er starb 22. April 1890 zu Stockholm. H. hat den ersten vollständigen klinischen Unterricht in Schweden eingeführt, besonders zur Hebung der Irrenanstalten Schwedens beigetragen und erfolgreichen Kampf gegen den Alkoholmißbrauch geführt. Er schrieb: «Alcoholismus chronicus» (2 Bde., Stockh. 1849–51; deutsche Ausg., ebd. 1852), «Om Sveriges endemiska sjukdomar» (1851), «Om Typhus och Typhoidfeberns statistika förhållanden och behandling» (1885), «Sällsyntare sjukdoms fall» (1856), «Om lunginflammationens statistika förhållanden och behandling» (1860). Sie sind ins Deutsche und in andere Sprachen übertragen.

Huß-Ausläuten, m manchen österr. Städten die Bezeichnung für das Läuten um 9 Uhr abends, das ursprünglich zum Gebet um Abwehr der Hussiten auffordern sollte.

Husseïn, andere Schreibung für Husejn (s. d.).

Husseïn Awni Pascha, osman. General und Staatsmann, geb. 1819 zu Dost-köi, einem Dorfe bei Isbarta, im südwestl. Kleinasien, wurde 1853 Generalstabsoffizier unter Omer Pascha. Im Krimkriege zum Obersten ernannt, ging er mit Omer Pascha nach der abchasischen Küste ab, nahm an der Schlacht am Flusse Ingur teil und wurde zum Liwa (Brigadegeneral) befördert. Im Kriege mit Montenegro 1859–60 war er Divisionsgeneral, wurde aber vom Kriegsschauplatze abberufen und an die Spitze des Kriegsministerialkollegiums gestellt. 1864 wurde H. zum Muschir (General), zum Kommandanten des Gardearmeekorps und zum stellvertretenden Seraskier (Kriegsminister) ernannt, aber 1866 in den Sturz Fuad Paschas mit verwickelt und erst 1867 wieder als Kommandant gegen die Insurgenten auf Kreta verwendet. Nachher befehligte er das Observationskorps an der griech. Grenze, kehrte aber bald als Generalissimus nach Kreta zurück, wo er den Aufstand völlig dämpfte. Hierauf zum Kriegsminister ernannt, führte er ein längst geplantes Werk, die Reorganisation der osman. Armee, durch. Nach dem Tode Aali Paschas (Sept. 1871) verlor er seine Stellung als Kriegsminister und wurde während mehrerer Monate nach Isbarta verbannt. Erst nachdem (1872) Midhat Pascha Großwesir geworden war, kehrte H. nach Konstantinopel zurück. Im Febr. 1874 gelangte er selbst zum Großwesirat und behauptete sich auf diesem Posten bis 25. April 1875. Hierauf nach Smyrna als Generalgouverneur der Provinz Aidin gesendet, nahm er bald seinen Abschied, war 25. Aug. bis 1. Okt. 1875 wieder Kriegsminister und ging dann als Generalgouverneur der Provinz Khodawendikjar nach Brussa. Am 11. Mai 1876 übernahm er wieder das Amt eines Kriegsministers und spielte als solcher bei der Absetzung des Sultans Abd ul-Asis in der Nacht vom 29. zum 30. Mai die Hauptrolle. Der Haß der Anhänger des gefallenen Herrschers richtete sich daher am heftigsten gegen H., der am Abend des 15. Juni bei einer Ministerversammlung im Hause Midhat Paschas von dem Tscherkessen Hassan Bei ermordet wurde.

Husseïnīte (Orden des Hauses), tunes. Orden, 1850 von Achmed Bei gestiftet, hat nur eine Klasse für in- und ausländische Prinzen. Das runde goldene Ordenszeichen ist mit Diamanten besetzt und wird von einer Diamantagraffe gehalten. Das Band ist grün mit roter Einfassung. ↔

Hüßgen, Joh., s. Ökolampadius.

Hussiten, öfters auch Bethlehemiten (s. d.) genannt, die Anhänger des Johannes Huß (s. d.) in Böhmen, dessen Verbrennung sie aufs äußerste erbitterte. Im Sept. 1415 sandten 452 böhm. Adlige einen feierlichen Protest an das Konstanzer Konzil und schlossen miteinander ein Bündnis: die freie Predigt des Wortes Gottes auf ihren Besitzungen zu schirmen, Verordnungen der Bischöfe und des Papstes nur so weit anzuerkennen, als sie mit der Schrift übereinstimmten. Papst Martin V. bewog König Wenzel, gegen sie einzuschreiten: dieser starb aber 16. Aug. 1419, und seinen Bruder Sigismund (s. d.) wollten die H. nicht als König anerkennen, da er das dem Huß versprochene sichere Geleit nicht gehalten hatte. Eine Reihe blutiger Kriege (Hussitenkriege) war die Folge. Die von religiöser und nationaler Begeisterung erfüllten H. schlugen 1420–27 alle Angriffe der Deutschen siegreich ab; nachdem sie am Ziskaberg (1420), bei Pankratz (1420), bei Deutsch-Brod (1422), bei Aussig (1426), bei Mieß (1427) gesiegt hatten, gingen sie ihrerseits zum Angriff über und unternahmen verheerende Kriegszüge nach Deutschland. Ihre Feldherren Ziska (s. d.) und Prokop (s. d.) waren tüchtige Führer, bedienten sich namentlich des Geschützes mit großem Geschick und schufen ein treffliches, zum Teil mit Dreschflegeln bewaffnetes Fußvolk, das der schweren deutschen Reiterei erfolgreich entgegentrat. Mit Vorteil benutzten die Heereshaufen der H. verteidigungsfähige Rüstwagen zur Deckung des Lagers in der Schlacht und auf dem Marsche.

Als auch ein Kreuzzug gegen die H., geführt vom Kardinal Cesarini, mit der Niederlage bei Taus (14. Aug. 1431) endete, betrat das Baseler Konzil den Weg der Verhandlungen. Das führte zu innern Zwistigkeiten unter den H. Von Anfang an gab es unter ihnen eine gemäßigtere und eine strengere Richtung; während die Strengern nur gelten lassen wollten, was die Schrift ausdrücklich vorschreibt, ließen die Gemäßigtern sich manches gefallen, was zwar die Schrift nicht lehrte, aber auch nicht wider sie stritt. Die Gemäßigtern, weil sie in Universität und Stadt Prag ihre Hauptstütze hatten, «Prager» genannt, beschränkten ihre Forderungen auf die Anerkennung der vier Prager Artikel (Juli 1420): freie Predigt von Gottes Wort in der Landessprache, Spendung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt, daß die weltliche Herrschaft und irdischen Güter dem Klerus genommen und alle Todsünden in jedem Stande abgethan würden. Wegen der Forderung des Kelches (lat. calix) für die Laien hießen sie Kalixtiner, wegen der Forderung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt (lat. sub utraque specie) Utraquisten. Die Strengern verwarfen auch die Lehre vom Fegefeuer, die Anbetung der Heiligen, den Bilderdienst u.dgl.m. Sie hatten ihren Stützpunkt in der Feste Tabor und hießen danach Taboriten. Ihr erster Führer war Joh. Ziska. Nach dessen Tode wählte die Mehrzahl Prokop d. Gr. zum Führer, während eine kleine Zahl, die sog. Waisen (Orphaniten), führerlos blieb. Als nun das Baseler Konzil (s. d.) sich zu Verhandlungen genötigt sah, gelang es durch die Prager Kompaktaten (auch Baseler Kompaktaten) vom 30. Nov. 1433 die gemäßigten H. zu befriedigen. Der Laienkelch ward zugestanden und auch betreffs der freien Predigt des Wortes Gottes, der Haltung des Klerus und der Sittenzucht wurden Versprechungen gegeben.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 452.