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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ibrâhîm - Ibsen
unsers Jahrhunderts größtenteils der Herrschast der
engl. No^ai M^6r ^ompan^ und des 5siZ6l (^oNLt
krotsetoi-atL (Ölstüssedistrikt) unterworfen.
Ibrahim, die arab. Form für Abraham.
Ibrahim, Sultan der Osmanen (1640-48),
geb. 4. Nov. 1615 als dritter Sohn Achmeds I.,
folgte seinem Bruder Murad IV. als einziger über-
lebender Prinz aus dem Hause Osmans und wurde
so der Stammvater aller folgenden Sultane. I.
begann 1645 Krieg mit den Venetianern um den
Besitz von Kreta, dessen Beendigung er nicht mehr
erlebte. Er war äußerst grausam, wollüstig und
verschwenderisch. Da er auch die geistlichen Güter
mit Abgaben belegte, verbanden sich die Ulemas
mit den Ianitscharen, die durch schleckte Soldzahlung
erbittert waren, und setzten I. 8. Aug. 1648 ab;
wenige Tage darauf wurde er erdrosselt. Ihm folgte
sein Sohn Mohammed IV.
Ibrahim Pascha, ägypt. Feldherr, geb. 1789
zu Kavala in Macedonien, der adoptierte Stiefsohn
Mehemed Alis (s. d.), hatte als dessen tüchtigster
Heerführer bedeutenden Anteil an der Befestigung
und Erweiterung des in Ägypten begründeten Va-
sallenstaates. Nachdem er1816-19dieWahhäbiten
gezüchtigt und aus den heiligen Städten Mekka und
Medma vertrieben hatte, führte er 1824 eine große
Flotte mit etwa 17000 Mann ägypt. Hilfstruppen
gegen die aufständischen Griechen nach der Morea,
stürmte Navarino und unterstützte Reschid Pascha
bei der Belagerung von Mesolongion, wurde nach
der Vernichtung der türk. Flotte im Hafen von Na-
varino (s. d.) in der Morea blockiert und führte sein
Heer laut Vertrag vom 16. Sept. 1828 nach Ägypten
zurück. (S.Griechenland,Bd.8,S.335.) I.P.reor-
ganisierte hierauf das ägypt. Herr nach franz. Muster
und rückte 1831 in Syrien ein, besetzte Palästina,
schlug die Türken in der Ebene vonZerin, erstürmte
27. Mai 1832 Akka, schlug die Türken bei Homs, Bei-
lan und Konia und erzwang 14. Mai 1833 einen
Frieden, in dem die Pforte Syrien an Mehemed-Ali
abtreten und ihn selber zum Administrator von Ci-
licien ernennen mußte. Auch als 1839 der Krieg von
neuem ausbrach, schlug I. P. 24. Juni das türk.
Heer bei Nisib dergestalt aufs Haupt, daß ohne die
Einmischung der Mächte der Krieg sofort sein Ende
gefunden haben würde. (S. Ägypten, Bd. 1, S. 248.)
Da aberI.P. als Statthalter Syriens sich keine Sym-
pathien im Volke erworben hatte, so gelang es, die
Bewohner gegen ihn aufzuwiegeln. Seine Stellung
wurde ganz unhaltbar, als eine engl.-österr.-türk.
Flotte im Sommer 1840 an der syr. Küste erschien,
und nur mit der größten Anstrengung brachte er
einen kleinen Rest seines Heers nach Ägypten zurück.
I.P., dem Mehemed-Alivon der Pforte die Nachfolge
imVicekönigtum erwirkt hatte, führte die Regierung
schon seit Juli 1848 für feinen geistesschwach ge-
wordenen Vater, doch starb er bereits 10. Nov. 1848
in Kairo. Sein Sohn ist der spätere Chediv Is-
mail Pascha (s. d.).
Ibrik (türk.), Wasserkanne mit dünnem Hals,
ovalem Bauch und langem Ausflußrohr.
Ibsambul, s. Abu Simbel.
Ibsen, Henrik, Norwegens bedeutendster Dichter,
geb. 20. März 1828 zu Skien, mußte wegen der un-
günstigen Vermögenslage seiner Eltern in Grnustad
als Apotheker lernen. 1849 schloß er sich begeistert
den revolutionären Ideen an und trat bald darauf
in dem Drama "Catilina" gegen die Gesellschaft
aus, die er für engherzig, tyrannisch, verderbt
hielt. 1850 ging I. nach Kristiania, um noch
Medizin zu studieren. Hier gab er mit P. Botten-
Hansen und Aasmund Vime das Wochenblatt
"Andhrimner" heraus, beschäftigte sich mit der
altnord. Gefchichte und Volkskunde und schrieb,
beeinflußt durch die Werke der dän. Nichter
Ohlenschläger und H. Hertz, eine Reihe Dramen.
1851 berief man ihn als Leiter des Theaters nach
Bergen. Von besonderm Einfluß aus ihn wurde
eine Reise, die er 1852 nach Dresden und Kopen-
hagen unternahm, wo damals Devrient und L. Hei-
berg die Theater leiteten. Die folgende Zeit ist für
I. die Periode des geschichtlichen und volkstümlichen
Dramas, das er auch noch weiter pflegte, als er
1857 als Instruktor des norweg. Theaters nach
Kristiania ging. Es entstanden "Fru Inger til
Dsteraat" ("Frau Ingegerd von Östrot", 1855),
worin die norweg. Verhältnisse kurz vor der Refor-
mation geschildert werden, "Gildet pä Solhoug"
("Das Fest auf Solhaug", 1856), ein Stück aus
dem Volksleben geschöpft, das zuerst I.s Namen in
weitere Kreife brachte, "Hcermoendene paa Helgeland"
("Nordifche Heerfahrt", 1858), das in Anlehnung
an die Siegsriedssage in die Wikingerzeit führt,
"Kongsemnerne" ("Die Kronprätendenten", 1864),
das den Kampf um die Königskrone zwischen dem
rechtmäßigen Könige Hakon und seinem frühern Her-
zog Ekuli enthält. Als Leiter des norweg. Theaters
hatte I. einen harten Kampf gegen das Kristiania-
Theater, das sich noch in dän. Händen befand, zu be-
stehen. Jetzt nahm er auch den Kampf gegen die krank-
haften Auswüchse der Gesellschaft, den er mit "Cati-
lina" begonnen, wieder auf ("Kjoerligheoens Ko-
medie", Komödie der Liebe, 1862), wodurch er in große
Bedrängnis geriet, und nur durch die energischsten
Kämpse setzte er es durch, daß er 1864 ein Reisestipen-
dium ins Ausland erhielt. Von nun an hielt er sich
in Rom, Dresden und München auf, von wo aus
er um so ofsener die engherzigen Verhältnisse seiner
Heimat schildern konnte. So erschienen "Brand"
(1866), worin er den Beamtenstand in seiner Auf-
fassung vom Staate und seinen Pflichten als die
Ursache des Materialismus und der Abgestumpft-
heit des Volks hinstellt, das dramat. Gedicht "Peer
Gynt" (1867), worin er die Charakterlosigkeit und
die Selbstsucht seiner Landsleute geißelt, "De Nnges
Forbund" ("Der Bund der Jugend", 1869), worin
die Oberflächlichkeit der Norweger in polit. und
socialen Dingen, wie sie sich in den sechziger Jahren
zeigte, schonungslos ausgedeckt wird. Mit dem letz-
tern Stück schlägt I. die Richtung ein, durch die er
als naturalistischer Dichter bahnbrechend geworden
ist. Bevor er jedoch auf diesem neu eingeschlagenen
Wege weiter ging, redigierte er seine ältern Dra-
men und nabm den alten Plan zu dem großartigen
Drama "Kejser og Galiloeer" (1873) wieder auf. Es
ist I.s größtes Werk, ein Doppeldrama, in dessen
Mittelpunkt Kaiser Julian steht, zugleich das letzte
histor. Drama. Alle folgenden Dramcn sind natu-
ralistisch, es sind Gesellschaftsdramen, in denen er
der Krankheit der modernen Gesellschaft die Dia-
gnose stellt. Auf einem kurzen Besuche im Sommer
1874 hatte er seine Heimat wiedergesehen, doch
bald wieder Dresden und später München dieser
vorgezogen. Hier schrieb er "Samfundets Sto-tter"
("Stützen der Gesellschaft", 1877), worin er die
Heuchelei und Lügen der Gesellschaft auf die Bühne
bringt, "Et Dukkehjem" ("Nora oder Ein Puppen-
heim", 1879) und "Giengangerne" ("Gespenster".