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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Indigenat – Indigo

Indigenāt (vom lat. indigĕna eingeboren), Bezeichnung sowohl für die Staatsangehörigkeit als auch für die Ortsangehörigkeit; gegenwärtig hat sich der Sprachgebrauch ziemlich festgesetzt, mit I. die Staatsangehörigkeit zu bezeichnen, während die Ortsangehörigkeit Heimatsrecht (s. d.), Gemeinderecht u. dgl. genannt wird. Im Reichsrecht hat I. noch eine besondere Bedeutung. Nach der Reichsverfassung, Art. 3, besteht für ganz Deutschland ein gemeinsames I. mit der Wirkung, daß der Angehörige eines jeden Einzelstaates in jedem andern Einzelstaate als Inländer zu behandeln ist. Hierdurch wurden alle in den einzelnen Staaten bestehenden Rechtsregeln, wonach Fremde ungünstiger als die eigenen Staatsangehörigen zu behandeln sind, in Ansehung der Angehörigen der übrigen Einzelstaaten aufgehoben und den Einzelstaaten untersagt, rechtliche Ungleichheiten zwischen den eigenen Angehörigen und den Angehörigen der übrigen deutschen Staaten einzuführen. Nachdem durch die Reichsgesetzgebung materiell die Voraussetzungen und Bedingungen der Niederlassung, des Gewerbebetriebes, des Rechtsschutzes und der Rechtsverfolgung für alle Deutschen und für das ganze Reichsgebiet einheitlich und gleichmäßig geregelt worden sind, hat der Art. 3 der Reichsverfassung einen großen Teil seiner praktischen Bedeutung eingebüßt. Die wirkliche Staatsangehörigkeit ist aber mit dem I. des Art. 3 noch nicht gegeben. Die Regeln über Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit sind vielmehr für das Deutsche Reich und seine Gliedstaaten einheitlich festgestellt durch das Gesetz vom 1. Juni 1870, welches sich ganz eng an das preuß. Gesetz vom 31. Dez. 1842 anschließt. Es beruht auf dem Grundsatz, daß zwar die Reichsangehörigkeit ohne weiteres durch die Angehörigkeit zu einem deutschen Einzelstaat erworben wird und ipso jure erlischt, wenn man aufhört einem deutschen Staate anzugehören; nicht aber vermittelt die Angehörigkeit zu einem Einzelstaat ohne weiteres auch diejenige zu einem andern, es bedarf hierfür vielmehr eines besondern Erwerbsaktes. (S. auch Staatsangehörigkeit.)

Indigestion (lat.), Verdauungsbeschwerde, im weitern Sinne jede Störung der Verdauung, im engern Sinne eine solche, die aus Überfüllung des Magens oder aus Aufnahme unverdaulicher Stoffe in denselben entspringt. Die gewöhnlichern Erscheinungen in letztern Fällen sind: Unbehaglichkeit mit Gefühl von Schwere im Magen, Auftreibung desselben, Unbehagen oder Schmerz beim Eindrücken in die Magengegend, Mangel an Eßlust, Ekel vor Speisen, Aufstoßen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Im höhern Grade kommen hinzu: Beengung der Respiration mit gestörter Cirkulation des Blutes und Symptome der Mitleidenschaft des Gehirns, welche sich vom Kopfschmerz bis zur Ohnmacht und zum Hirnschlagfluß steigern können. Die Behandlung der I. fällt mit der des Magenkatarrhs (s. d.) zusammen.

Indigextrakt, durch Auswaschen mit verdünnten Säuren und Wasser von fremden Stoffen befreiter Indigo.

Indigfärberei, s. Indigo.

Indigirka, Fluß im russ. Gebiete Jakutsk in Ostsibirien, entspringt am nördl. Abhang des Stanowojgebirges in den zwei Quellenflüssen Kujdusun und Omekon, fließt zuerst westlich, dann nördlich bis Saschiwersk, zuletzt nach NO. und mündet mit einem großen Delta ins Nördliche Eismeer. 174 km oberhalb Saschiwersk bildet die I. einen gefährlichen Strudel. Sie ist 1046,5 km lang und hat ein Flußgebiet von 396019,2 qkm. Das Klima ist sehr rauh und die Ansiedelungen spärlich.

Indigitaménta (lat., d. h. Anrufungen), im altröm. Ritual litaneienartige Verzeichnisse derjenigen Götter, die bei bestimmten Anlässen angerufen werden mußten. Sie waren notwendig, weil die röm. Religionsanschauung bei bestimmten Handlungen, wie z. B. bei der Eheschließung oder bei der Aussaat der Feldfrucht, jede einzelne Verrichtung als unter dem Schutze einer besondern Gottheit stehend ansah, die nicht übergangen werden durfte, wenn man des Wohlwollens der Himmlischen gewiß sein wollte.

Indigkarmīn, Indigkomposition, s. Indigblauschwefelsäuren.

Indigküpe, s. Indigo.

Indiglucīn, C₆H₁₀O₆, ein zu den Zuckerarten gerechneter, aber sehr wenig bekannter Körper, der bei der Spaltung des Indikans entsteht.

Indigmonosulfōnsäure, s. Indigblauschwefelsäuren.

Indigmühle, s. Indigo.

Indignation (lat.), Entrüstung, gerechter Unwille; indigniert, entrüstet, aufgebracht.

Indignität (lat.), s. Erbunwürdigkeit.

Indĭgo, einer der wichtigsten Farbstoffe, der zum Färben der verschiedensten Gespinstfasern dient und dessen Farbe sich durch hohe Schönheit und größte Echtheit auszeichnet und der infolgedessen schon im Altertum als Deckfarbe zum Malen benutzt worden ist. Zur Gewinnung dienen verschiedene, ursprünglich in Ostindien heimische, später aber in die verschiedensten tropischen und subtropischen Länder verpflanzte und kultivierte Arten von Indigofera (s. d.). Der I. ist nicht als solcher in den Pflanzen enthalten, sondern er entsteht aus einer Muttersubstanz, dem Indikan (s. d.), durch Gärung. Die Indigopflanzen werden zur Zeit der Blüte dicht über dem Boden abgeschnitten und meist im frischen, selten im getrockneten Zustande verarbeitet. Sie werden dabei in Stücke zerschnitten und in geräumigen Behältern mit Wasser übergossen. Der Saft gerät nach kurzer Zeit freiwillig in Gärung, es bildet sich eine Schaumschicht, und ammoniakalischer Geruch macht sich geltend. In diesem Zustande wird die in Ammoniak gelöste, Indigweiß (s. d.) enthaltende Flüssigkeit in andere Behälter abgezogen, worin sie durch anhaltendes Schlagen und Rühren mit Schaufeln in innigste Berührung mit der Luft gebracht wird. Der gelblichgrüne Saft färbt sich blau, indem das Indigweiß zu Indigblau oxydiert wird; letzteres ist unlöslich und scheidet sich bei ruhigem Stehen als schlammiger Niederschlag ab. Nach dem Abziehen der klar gewordenen Flüssigkeit wird der Niederschlag an der Sonne getrocknet und im halbtrocknen Zustande zu viereckigen Stücken geschnitten, die dann völlig ausgetrocknet werden.

Im Handel unterscheidet man ostindischen und westindischen I. Ersterer wird als Bengal-, Koromandel-, Oudh-, Madras-, Karratschi-, Manila- und Java-Indigo, der westindische als Guatemala-(Salvador-), Caracas-, Neu-Granada- und Mexiko-Indigo klassifiziert. Die Produktion schwankt nach dem Ausfall der Ernte. Durchschnittlich liefert Bengalen 4,5‒5 Mill. kg, Java 1‒1,5 Mill. kg, Salvador 700000 kg. Deutschland führte 1892 ein: