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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Insekten

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Insekten'

Meist sind die Flügel von einem mehr oder weniger dichten Netz von Adern oder Rippen durchzogen, welche stärker chitinisiert den Flügeln Stütze geben. Hauptsächlich sind es verstärkte Tracheen, neben denen auch noch Nerven und, namentlich solange der junge Flügel noch wächst, Blutbahnen verlaufen. Die Anordnung der Adern in den Flügeln ist von bedeutender systematischer Wichtigkeit. Die Flügel bleiben entweder glasartig nackt, oder sie sind (bei Schmetterlingen und Frühlingsfliegen, gelegentlich die Flügeldecken der Käfer) mit Schuppen bedeckt.

Am Hinterleib sind bei ausgebildeten I., mit Ausnahme einiger sehr niedrig stehenden Formen, nur die hintersten Ringe mit Anhängen versehen (Schwanzfäden bei Eintagsfliegen, Silberfischchen u. s. w.), die bei Hautflüglern und Heuschrecken als Legbohrer und Legscheiden zu den Geschlechtsorganen in Beziehung treten. Bei Larven sind solche Abdominalanhänge häufiger (als Tracheenkiemen bei Eintagsfliegen, als Afterfüße und Nachschieber bei Schmetterlingsraupen und Blattwespenlarven).

Die allgemeine Körperbedeckung besteht immer nur aus Chitin und enthält niemals Kalkeinlagerungen. Sie ist bei den verschiedenen Formen sehr verschieden entwickelt und durchläuft von weichen dünnen Häutchen bei parasitisch und verborgen lebenden Larven bis zu den festen Dornen mancher Tagschmetterlingsraupen und den Flügeldecken gewisser Käfer alle Grade der Ausbildung. In den Gelenken der Gliedmaßen und zwischen den Körperringen besonders des Hinterleibs wird sie weicher. Nur die Larven der I. werfen von Zeit zu Zeit den Chitinrock ab (häuten sich), geschlechtsreife Imagines niemals. Die unter dieser Bedeckung gelegene Körperhaut enthält oft Drüsen, welche ätzende und stark riechende, aber auch wachsartige Substanzen absondern und bisweilen vorstülpbar sind.

Der Mund der I. führt in den mit dem Schlunde beginnenden Verdauungskanal. Die Speiseröhre durchzieht in gerader Richtung den Thorax, erweitert sich meist in ihrem hintern Teile und hat bei saugenden I. einen sackartigen mit der Speiseröhre durch einen dünnen Stiel verbundenen seitlich liegenden Kropf (Saugmagen). Magen und Darm liegen im Hinterleib. Der erstere ist bei kauenden, besonders von tierischer Kost lebenden doppelt: es findet sich nämlich ein Kau- oder Vormagen und ein Chylusmagen. Die Wandungen des meist ovalen oder runden Kaumagens sind sehr muskulös und innen mit einer, oft zu starken Längsleisten entwickelten Chitinhaut überzogen. Der allen I. zukommende Chylusmagen ist weit dünnwandiger und enthält nach innen sich öffnende Drüsen, deren geschlossenes Ende nicht selten über der Außenseite des Magens hervorsteht. An dem sehr verschieden langen Darm unterscheidet man Krumm-, Dick- und Mastdarm. Anhangsgebilde des Verdauungskanals kommen in Gestalt von sich in die Mundhöhle öffnenden Speicheldrüsen verschiedenartiger Ausbildung vor und weiter (4-100) sog. Malpighische Gefäße, lange Blindschläuche, welche an der Übergangsstelle vom Magen in den Dann münden. Die Malpighischen Gefäße funktionieren als Nieren. Bei den Larven vieler I. münden in den Mund noch zwei lange, unter Umständen weit in den Hinterleib reichende Drüsenschläuche, die Spinndrüsen (Serikterien), deren Sekret an der Luft erstarrt und eine Modifikation des Chitins ist (hierher gehört die Seide, s. d.). Im Mastdarm sind die Rektaldrüsen enthalten ↔ und mit dem After münden häufig ein Paar Analdrüsen nach außen.

Das Gefäßsystem ist nicht geschlossen, es findet sich bloß ein von hinten nach vorn sich zusammenziehendes, aus mehrern Kammern bestehendes Rückengefäß mit seitlichen Spaltöffnungen, durch welche das (mit Sauerstoff versehene) Blut bei Erschlaffung der Kammern von außen eindringt. Die Blutflüssigkeit ist meist weiß, seltener grünlich; die Blutkörperchen können ihre Gestalt verändern.

Besondere Atmungsorgane können fehlen und dann geht die Sauerstoffaufnahme durch die ganze Körperoberfläche vor sich. Meist aber sind sie in Gestalt von Luftröhren (Tracheen) entwickelt. Diese sind mit Chitin ausgekleidet, das sich zu einer in einer sehr engen Spirale verlaufenden Chitinleiste (dem sog. Spiralfaden) verdickt. Die Luft tritt in Tracheen durch besondere Atemlöcher (Stigmata), welche niemals am Kopfe vorhanden sind, wohl aber am Thorax und Abdomen, aber in sehr verschiedener Anzahl (jederseits 2 - 9) und meist als runde oder schlitzförmige, von Hornringen eingefaßte Öffnungen in der Haut zwischen zwei Körperringen liegen. Beim Einatmen erweitern die I. ihre Leibeshöhle und die Luft dringt ein. An den Atemlöchern beginnen die Tracheen entweder einfach oder seltener als mehrere nebeneinander und lösen sich, sich stets wieder dichotomisch teilend, zu immer feinern Röhrchen auf, welche alle Organe des Körpers umspinnen und durchdringen, oder sie sammeln sich zunächst an jeder Körperseite zu einem großen Längsstamm, welcher erst wieder die feinern Röhren abgiebt. Manche im Wasser lebende Formen (Wasserwanzen, Dipterenlarven) haben besondere Atemröhren (Siphonen), welche zu den Stigmen führen. Die das Wasser bewohnenden Larven der Eintagsfliegen und Köcherjungfern haben keine Atemlöcher, die Tracheen beginnen vielmehr in Anhängen des Hinterleibes (den Tracheenkiemen) als ein System feiner Röhren, die sich in jedem Anhang zu einem Ast vereinigen, welcher in den seitlichen Längsstamm führt. Bei den Larven einiger Libellen liegen Tracheenkiemen im After, der das sauerstoffhaltige Wasser aufnimmt.

Eine eigentliche Stimme besitzt kein Insekt; denn die vielfachen, oft sehr lauten Töne derselben entstehen durch andere, oft sehr verwickelt gebaute Organe infolge von Reibung oder raschen Schwingungen. So wird bei manchen Käfern das Zirpen durch Reibung verschiedener Rumpfteile aneinander, bei den Heuschrecken durch Reibung der Beine an den Flügeldecken bewirkt, bei den Fliegen das Summen durch die Luft, welche aus den vordern Luftlöchern an der Brust aus- und einströmt.

Das centrale Nervensystem der I. besteht aus Gehirn (obere Schlundganglienmasse) und Bauchmark. Ersteres liegt im Kopf oberhalb des Schlunds, ist je nach der Entwicklung der Intelligenz stärker (am stärksten bei Hautflüglern) oder schwächer, besteht aus zwei symmetrischen seitlichen Hälften, welche ihrerseits verschiedenartig ausgeprägte Anschwellungen, Buckel u. s. w. aufweisen. Nach unten entsendet jede Hälfte neben dem Schlund einen Nervenstrang, welche sich unterhalb derselben in einer kleinern Nervenmasse (unteres Schlundganglion) vereinigen und mit diesen den Schlundring bilden. Das Gehirn entsendet die Nerven der Sinnesorgane und ist Sitz der Intelligenz. Vom untern Schlundganglion verläuft das Bauchmark nach hinten. Dasselbe besteht aus zwei sehr dicht aneinander gelegenen

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 625.