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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Island
das Land ein und bilden vortreffliche Häfen. Diese fehlen nur an der Südküste, wo in einer Strecke von 185 km die Gletscher fast unmittelbar aus der See aufsteigen und nur einen schmalen, von Gletscherablagerungen gebildeten Randstreifen übriglassen. Der nordwestl. Teil besteht aus einer über 13700 qkm großen, vielfach zerklüfteten Halbinsel, zu der zwischen den Meeresbuchten Breidifjord und Hunastoi ein nur 7,5 km breiter Isthmus führt. Mit Ausnahme schmaler Küstenstriche und einer ausgedehntern Flachlandsbucht am Fax Fjördr bei Reykjavik ist die Insel ein Gebirgsland durchaus vulkanischer Natur, eine flachgewölbte, nahe der Mitte etwa 700 m hohe Fläche mit aufgesetzten Bergmassen, unzähligen Kegeln und Kuppen. Hauptsächlich sind Basalt und Tuff sowie neuere vulkanische Produkte vertreten, während Trachyte nur hier und da vorkommen; zwischen den gewöhnlichen horizontalen Basaltdecken findet man im Tuff oft Braunkohlen (Surtarbrand) vor. Die Hochebene, die namentlich im Innern eine schauerliche Lavawüste bildet (Odada-Hraun), fällt bald sanft, bald in steilen Felswänden zu den zerschnittenen Küsten ab, durchfurcht von Spalten und Flußthälern und überdeckt mit Sand, Lava, Schnee und Eismassen. Inselartig erheben sich die mit Gletschern belasteten Schneeberge (Jökulls) bis gegen 2000 m, so im SO. der Batna oder Klofa Jökull (8500 qkm) und Spuren der Eiszeit findet man überall. Unter den vielen Vulkanen, welche, wie die häufigen Erdbeben, oft furchtbare Verwüstungen angerichtet haben, ist die 1557 m hohe Hekla (s. d.) der bekannteste, der Oräfajökull (1959 m) aber der höchste. Askja im Dyngjufjell hatte 1875 eine Bimssteineruption.
Gewässer. In Zusammenhang mit den vulkanischen Kräften stehen die lauwarmen Quellen (Laugar, d. i. Bäder), heißen Springquellen (Hverar), unter denen der Große Geysir (s. d.) die berühmteste ist, Schwefelquellen (Namar, eigentlich Minen oder Gruben), Schwefelpfuhle und Schlammvulkane. Die Flüsse (Skjalfandafljot, Jökullsa u. a.) haben teils starkes Gefalle mit Kaskaden, teils durchstießen sie in ebenem Terrain festen Weide- und Wiesenboden, teils auch ausgedehnte Sumpfstrecken. Unter den Seen ist, außer dem Myvatn mit seinen vulkanischen Umgebungen im N., der Thingvallasee im SW. bemerkenswert. Obgleich Torf und Braunkohlen (Surtarbrand) vorhanden sind, bedient man sich vielfach als Brennmaterial des Treibholzes und der eingeführten Steinkohlen, auch wohl getrockneten Schafmistes. Von nutzbaren Mineralien findet man Zeolith, Kalkspat, Chalcedon und in geringem Umfange Schwefel, dessen Ausbeutung (Schwefeldistrikt von Krisuvik) neuerdings wieder durch Engländer begonnen hat.
Das Klima ist unbeständig, feucht und gegen O. sehr nebelig. Das angetriebene Eis liegt an der Nord- und Ostseite bisweilen bis zum Juni oder Juli, erreicht aber nie die Südwestküste. Östl. Winde herrschen vor; Orkane sind nicht selten. Zu Reykjavik beträgt die mittlere Temperatur des Jahres +4,1°, des Winters -1,5°, des Sommers +12° C., dagegen zu Akreyri an der Nordküste die des Jahres 0°, des Winters -6,1°, des Sommers +7,5°. Die Regenmenge ist am größten gegen S. und SO.; in Djupivogr (Berufjord) jährlich 1100 mm, in Reykjavik 750 mm.
Tierwelt. Die Landfauna ist arm an Arten, aber, wenigstens was die Vögel betrifft, reich an Individuen. Es finden sich bloß zwei Landsäugetiere, der Eisfuchs und eine besondere Maus (Mus islandicus Nils.). Wasser- und Wadvögel sind 72 Arten, Landvögel 23 vorhanden, 3 davon sind lokale Rassen, 20 ganz europäisch. Von den Wasservögeln sind 2 amerikanisch. Früher war der Handel mit Jagdfalken sehr einträglich. Alke sind sehr häufig, die jungen Larventaucher (Mormon fratercula Temm.) dienen eingesalzen stellenweise als Nahrungsmittel; der Riesenalk ist seit fast 50 Jahren völlig ausgerottet. Enten, darunter die Eiderente, Gänse und der Singschwan sind zahlreich. Reptilien und Amphibien giebt es nicht, aber die süßen Gewässer enthalten viele Lachsformen. Insekten und Landmollusken sind sehr dürftig vertreten, um so üppiger die Meerestiere. Hauptgegenstände des sehr ergiebigen Fischfangs sind der Kabeljau, der Hering, der Helleflunder (Hippoglossus maximus L.) und der Hakall (norweg. haakjaering, Scymnus borealis Scarsby), ein Haifisch mit thranhaltiger Leber. Den wichtigsten Teil der Viehzucht bildet die Zucht der Schafe, die zuweilen vier Hörner haben und treffliches Fleisch sowie gute Wolle liefern. Die Schafzucht und das innige Zusammenleben mit den Hunden unter unsaubern Verhältnissen verursacht auch die große Häufigkeit des Hülsenwurms bei den Isländern (16-20 Proz. der Bevölkerung). Rindvieh, meist ungehörnt, wird hauptsächlich der Milch wegen gezogen. Bedeutender ist die Zucht von Pferden, die zwar klein, aber flink, ausdauernd und mit magerer Kost zufrieden sind. Die seit 1770 aus Lappland eingeführten Renntiere haben sich in die einsamsten Gegenden zurückgezogen.
Pflanzenwelt. Die Flora verbindet Grönland mit Skandinavien und Schottland; die milden Gegenden gehören zur nordeurop. Birkenregion, doch sind die Birken fast vernichtet und Wiesen bilden die natürlichen Hilfsquellen des dürftigen, auf Viehzucht hingewiesenen Landes. Getreide kommt nur ausnahmsweise zur Reife. Brot ist außerhalb der Hafenorte ein Leckerbissen. Strandhafer, Löffelkraut, Engelwurz, Isländisches Moos und gewisse Arten von Tangen werden als Nahrungsmittel gebraucht. Der Anbau von Kartoffeln und Küchengewächsen, insbesondere von Kohl, ist jedoch in Gartenkultur möglich und nimmt von Jahr zu Jahr zu.
Bevölkerung. Die Zahl der Bewohner, die sich sämtlich zur luth. Kirche bekennen, ist trotz der großen Fruchtbarkeit der Frauen ziemlich stationär geblieben. Sie belief sich zu Anfang des 12. Jahrh. auf etwas über 50000, 1850 auf 59000, 1880 auf 72440, 1890: 70927 (33689 männl., 37238 weibl.) E., d. i. nur 0,7 auf 1 qkm der Gesamtfläche. Davon lebten 73 Proz. von der Viehzucht und nahezu 12 Proz. von der Fischerei. Die Kindersterblichkeit ist ziemlich groß; Typhus, Leberleiden, Grippe, Maulsperre sind gewöhnliche Krankheiten. Die Isländer sind altnordischer Abkunft, ernst und treu, gastfrei und patriotisch, auch sehr vertraut mit der in den Sagas und Gedichten aufbewahrten ältern Geschichte ihres Vaterlandes. Ihre Sprache ist noch immer die altnordische, fast in ursprünglicher Reinheit, und besitzt eine reiche, höchst bedeutende Litteratur. (S. Isländische Sprache und Litteratur.) Obgleich die Kinder ihren Unterricht nicht in Schulen, sondern nur von ihren Eltern unter Aufsicht der Geistlichen erhalten, kann jeder lesen und schreiben.
Verfassung. I. hat seit 5. Jan. 1874 seine eigene Verfassungsurkunde, die mit 1. Aug. 1874 in