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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Iwángorod; Iwánowo-Wosnjessensk; Iwanowscher Jahrmarkt; Iwein; Iwōnicz

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Iwangorod - Iwonicz

I. IV. Wassiljewitsch, der Schreckliche genannt, Zar 1533 - 84, geb. 25. Aug. 1530, folgte seinem Vater, Wassilij IV., 3. Dez. 1533 und ließ sich 16. Jan. 1547 zum Zaren krönen. Wiewohl I. an ungezügelter Herrschsucht alle seine Vorgänger übertraf, unterließ er im eigenen Machtinteresse doch nicht, sein Reich der westeurop. Bildung zugänglich zu machen. Er zog deutsche Handwerker, Künstler und Gelehrte nach Rußland, legte die ersten Buchdruckereien an, begründete den Handel durch einen Vertrag mit der Königin Elisabeth, nachdem die Engländer den Seeweg nach Archangel gefunden hatten, errichtete 1556 ein stehendes Heer, die Strelitzen, eroberte 1552 Kasan (im Epos verherrlicht von Cheraskow, s. d.) und 1554 Astrachan. Als er aber Livland dem Deutschen Orden zu entreißen suchte, schloß sich ein Teil des Landes an Polen, der andere an Schweden an, und den vereinigten Gegnern mußte I. weichen. Von Stephan Bathory im eigenen Lande bedrängt, wandte sich I. an Papst Gregor XIII. mit der Bitte, den Frieden zu vermitteln. Letzterer, in der Hoffnung, den Zaren, welcher Hinneigung zur röm.-kath. Kirche vorspiegelte, zu gewinnen, entsendete seinen Nuntius Possevin, der 1582 zwischen Stephan Bathory und I. einen zehnjährigen Waffenstillstand erwirkte, demzufolge I. seinen Ansprüchen aus Livland entsagte. Den Beinamen des Schrecklichen (russ. Groznyj) verdiente er sich besonders in der Zeit der sog. Opritschnina (s. d.), die ihm die Möglichkeit gab, von sich aus Todesstrafen und Gütereinziehungen zu verhängen. Gegen Nowgorod, dessen Freiheitssinn ihn aufbrachte, unternahm er 1570 einen Zug und mordete dort binnen sechs Wochen an 60000 Menschen. Nicht weniger wütete er in Twer, Moskau und an andern Orten. Seinen ältesten Sohn, Iwan, brachte I. eigenhändig um. Am Ende seiner Regierung unternahm Jermak (s. d.) seinen Zug nach Sibirien. I. starb 18. März 1584 und hatte seinen zweiten Sohn, Feodor, zum Nachfolger.

I. V. Alexejewitsch, zweiter Sohn des Zaren Alexej und Peters I. Halbbruder, geb. 27. Aug. 1666, nahm, obgleich er nach dem Tode seines Bruders Feodor 1682 Zar wurde, wegen Kränklichkeit und Schwachsinn an der Regierung wenig und seit 1689 gar keinen Teil. Er starb 29. Jan. 1696.

I. VI. Antonowitsch, geb. 24. Aug. 1740, Sohn des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel - Bevern und der russ. Großfürstin Anna Leopoldowna (s. d.), wurde gleich nach seiner Geburt von der Kaiserin Anna Iwanowna, der Tante der Großfürstin, als Sohn angenommen und bei ihrem Tode zum Nachfolger unter der Vormundschaft Birons ernannt. Am 28. Okt. 1740 wurde dem Prinzen als Kaiser gehuldigt, und als Biron gestürzt war, übernahmen die Eltern I.s die Regentschaft. Doch schon 6. Dez. 1741 bemächtigte sich Peters I. Tochter Elisabeth des Throns. Der junge I. wurde anfangs zu Iwangorod bei Narwa, seit 1756 auf der Festung Schlüsselburg gefangen gehalten. Als hier Mironitsch, ein Edelmann aus der Ukraine, der als Lieutenant bei der Besatzung in Schlüsselburg stand, den Versuch machte, den Gefangenen zu befreien, wurde I. auf Befehl der Kaiserin Katharina II. 5. Dez. 1764 ermordet. - Vgl. Brückner, Die Familie Braunschweig in Rußland im 18. Jahrh. (Petersb. 1876).

Iwángorod, in der Umgegend Dęblin genannt (nach einem frühern Dorf dieses Namens), russ. Festung im Kreis Nowo-Alexandrija des russ.-poln. Gouvernements Lublin, 102 km südsüdöstlich von Warschau, an der Mündung des Wieprz in die Weichsel sowie an den Linien Kowel-Mlawa und I.-Lukow der Weichselbahn und an der Eisenbahn I.-Dombrowa. Sie ist richtiger ein verschanztes Lager, worin sich eine Armee von 100000 Mann sammeln kann, und besteht aus der Citadelle mit Kirche, den Kommandantur- und Verwaltungsgebäuden rechts der Weichsel sowie einigen nahen und einer Reihe vorgeschobener Forts am linken Ufer der Weichsel und am Wieprz. Die Besatzung bilden 6 Bataillone Festungsartillerie. I. wurde 1842 begründet und nach dem damaligen Statthalter von Polen Iwan Paschkewitsch benannt; erweitert wurde es seit 1855 und besonders seit 1879. I. verteidigt die Wieprzlinie zwischen der Weichsel und dem Bug und gehört zum russ.-poln. Festungsdreieck I., Nowogeorgijewsk, Brest-Litowsk. - Über die Festung I. bei Narwa s. d.

Iwánowo-Wosnjessensk, Fabrikstadt im Kreis Schuja des russ. Gouvernements Wladimir, 36 km nordwestlich von Schuja, an beiden Seiten des Uwod und an der Eisenbahn Schuja-I.-Kineschma, hat (1888) 20910 E., vier Kirchen; bedeutende Baumwollindustrie (jährliche Anfertigung von Kattun 1 Mill. Stück im Werte von 10 Mill. Rubel), Maschinen-, chem. Fabriken, Färberei. I. bestand ursprünglich aus dem Dorf Iwanowo und der Slobode Wosnjessensk, die zu einer Stadt vereinigt wurden.

Iwanowscher Jahrmarkt, s. Krestowsko-Iwanowscher Jahrmarkt.

Iwein (frz. Ivain), der Held eines Artusromans (s. Artus). Auf bretonischer Grundlage von teilweise mythischem Charakter beruhend, wurde der Stoff um 1170 durch Chrétien de Troyes (s. d.) dichterisch behandelt in seinem "Chevalier au Lyon", dem Hartmann von Aue (s. d.) in seinem "Iwein" genau folgte. I., ein Ritter der Tafelrunde, fordert den Besitzer eines Zauberbrunnens heraus, erschlägt ihn und erlangt durch Vermittelung der Kammerfrau Lunete die Hand seiner Witwe Laudine. Diese gestattet ihm auf eine bestimmte Zeit ritterlichen Abenteuern nachzugehen; als er aber darüber die rechtzeitige Rückkehr versäumt, verliert er Laudinens Gunst, wird wahnsinnig, dann geheilt, rettet einen Löwen vor einem Drachen und hat an ihm von da an einen treu helfenden Begleiter; nach zahlreichen weitern Abenteuern rettet er die Lunete vor dem Feuertode, erkämpft Laudine ihr Land gegen Gawan (s. d.) und wird mit ihr wieder versöhnt. Die erhaltene welsche Prosafassung "Chwedl iarlles y Fjynnawn" (hg. von Rhŷs und Evans, "Red book of Hergest", Oxf. 1887; französisch übers. von Loth, "Les Mabinogion", 2 Bde., Par. 1889) ist nicht die Quelle des franz. Gedichts, sondern schon von diesem beeinflußt.

Iwōnicz (spr. -nitsch), Dorf und Badeort in der österr. Bezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Krosno in Galizien, südlich von Krosno, an der Linie Sucha-Chyrów der Österr. Staatsbahnen, hat (1890) 2549, als Gemeinde 2563 poln. E. und 5 jod- und bromhaltige Kochsalzsäuerlinge (9,6 bis 10,4° 0.), deren Wasser gegen Skrofulose, Haut- und Nervenleiden angewendet wird. Die Badeanstalt befindet sich in 405 m Höhe in einer Schlucht hinter dem Dorfe inmitten von Nadelwäldern und gehört dem Grafen Zaluski. - Vgl. Swirski, I. als Heilquelle und seine Kurmittel (1880); Rieger, Iwonicz (in der "Wiener mediz. Wochenschrift 1886", Nr. 25).