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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Jakob II. (König von Großbritannien)
engl. Thron, der erste König, der über England,
Schottland und Irland zugleich gebot. Sofort mit
dem ersten Parlament (1604) kam es zu heftigem
Zwist. Entgegen des Königs eigener Haltung for-
derte das Parlament äußerste Strenge gegen die
kath., aber Milde gegen die prot. Nonconformisten.
Als der verbrecherifche Plan kath. Fanatiker, die
ganze bestehende Regierung zu vernichten, 1605 in
der mißglückten Pulververfchwörung (s. d.) zum
Ausbruch kam, genehmigte I. die harten Straf-
gesetze gegen die Katholiken, ohne damit seine Lage
nach der andern Seite hin M bessern. Seine be-
ständige Geldverlegenheit nötigte ihn zu Geldforde-
rungen, die er höchst ungeschickt mit langen Erörte-
rungen über seine königl. Prärogative gegenüber
dem Parlament begleitete, wodurch er dieses natür-
lich seinen Wünschen nicht geneigter machte. Nur
mit Mühe setzte Robert Cecil, Graf Salisbury (s.d.)
durch, daß wenigstens die Grundsätze der alten
prot. Politik gewahrt blieben, mit prot. Mäch-
ten Fühlung gehalten und I.s Tochter Elisabeth
dem jungen Friedrich V. von der Pfalz vermählt
wurde. Nach Salisburys Tod (1612) aber gewann
eine wechselnde Günstlingsherrschaft die Oberhand;
der zum Grafen Somerset (s. d.) erhobene Robert
Carr und nach ihm Georg Villiers, später Herzog
von Buckingham (s. d.), nahmen die erste Stelle
beim König ein. I.s klügelnde Politik meinte durch
einen Bund mit Spanien den Protestantismus in
Europa vor Spanien schützen zu können in dem
Augenblick, da der Dreißigjährige Krieg sich vor-
bereitete. Walter Raleigh mußte sein Vorgehen
gegen span. Kolonien mit dem Tode büßen (1618),
und als I.s pfälz. Schwiegersohn im Höhmischen
Kriege erlag (s. Dreißigjähriger Krieg, Bd. 5,
S. 503), erhielt er weder vorher noch nachher irgend
nennenswerte Hilfe. 1610 und 1614 hatte I. seine
Parlamente in offener Zwietracht aufgelöst. 1621
berief er ein neues und mußte sich von diesem für
die Durchsetzung von Geldbewilligungen Proteste
gegen seine Politik und richterliches Verfahren gegen
seinen Kanzler Bacon gefallen lassen. Erst als er
die Demütigung erlitt, daß die persönliche Braut-
werbung des Thronfolgers Karl in Spanien abge-
wiesen wurde, erzwang das Parlament von 1624
einen vollen Wandel der auswärtigen Haltung.
I. rüstete sich zur Teilnahme am Dreißigjährigen
Kriege, als er 8. April 1625 starb. Mit den unge-
messensten Ideen seiner persönlichen Königsgewalt
hatte I. die Regierung begonnen und war am Ende
derselben auf der ganzen Linie vom Parlament ge-
schlagen; Ministeranklagen und Kontrolle der aus-
wärtigen Politik, unter feinen Vorgängern ganz
unerhörte Dinge, hatte er zugestehen müssen. Bin-
nen wenigen Jahrzehnten war der Tudor-Absolu-
tismus in seinen ungeschickten Händen zerbrochen.
Man hat von I. mehrere Schriften, meist polit.
oder religiösen Inhalts, herausgegeben als "Opera.')
(Lond. 1616) von Bischof Montague, die für des
Königs schrullenhaft gelehrten Charakter sehr be-
zeichnend sind. - Vgl. Gardiner, "l?k6 üi-Lt two
Zwai-tg (Lond. 1876); Ranke, Englische Geschichte
vornehmlich im 17. Jahrh., Bd. 1 u. 2 (4. Aufl.,
Lpz. 1877 - 79); Gardiner, Histor^ ol AnFianä
1603-42, Bd. 1-5 (Lond. 1883-84). Altere Ar-
beiten sind: Disraeli, Ii^nir? into tds 1it6i-Hi^
anä political cdai-Hctel ol ^2N63 I. (Lond. 1816);
Nichols, Lk6 pl03r68868, procesLiong auä testi-
vitieL ol ^m68 I. (4 Bde., ebd. 1829).
Jakob II., König von Großbrit a nnic n und
Irland (1685-88), geb. 14. Okt. 1633 als zweiter
Sohn Karls I., erhielt den Titel eines Herzogs von
Mork, den er bis zu seiner Thronbesteigung 1635
führte. Während des Bürgerkrieges wurde er 1646
von den Parlamentstruppen gefangen genommen,
entkam aber 1648 nach den Niederlanden und ging
nach seines Vaters Hinrichtung nach Frankreich.
Er focht in der franz., dann in der svan. Armee,
wurde, nachdem sein Bruder Karl II. 1660 den engl.
Thron bestiegen hatte, Großadmiral und kämpfte
1665 und in dem 1672 ausbrechenden großen See-
kriege mit Glück gegen die Holländer. Politisch ver-
trat er die stärkste Reaktion in Kirche und Staat;
er war das Haupt der dem Katholicismus zunei-
genden Partei und trat selbst nach dem Tode seiner
ersten Gemahlin, Anna Hyde, der Tochter des Gra-
fen Clarendon, 1672 zum alten Glauben über. So
richteten sich denn auch die Angriffe der parlamen-
tarischen Opposition gegen ihn. Infolge der Test-
akte (s. d.) mußte er seine Würde als Großadmiral
niederlegen, und als er eine strengkath. Prinzessin,
Maria von Modena, als zweite Gattin heimführte,
wandte sich das durch eine angebliche Papistenvcr-
schwörung erregte Parlament gegen sein Thron-
folgerecht überhaupt, sodaß der König seinen Bru-
der 1679 nach Brüssel verweisen mußte. Auf den
erbitterten Kampf um die Ausschließung I.s von
der Thronfolge trat seit 1680 eine Reaktion ein, I.
kehrte zurück und gewann sogar den herrschenden
Einfluß bei Hofe und in der Regierung. Bei dieser
Lage der Dinge erfolgte seine Thronbesteigung
nach Karls II. Tod (6. Febr. 1685) ohne Schwierig-
keiten. Zwei Erhebungen unter Argyll (s. d., Bd. 1.
S. 866a) in Schottland und unter dem Herzog
von Monmouth (s. d.) in Dorsct schlug er nieder
und lieh die Führer hinrichten. Dann versuchte cr,
im Widerspruch zu der Testakte, in Heer, Justiz mW
Verwaltung Katholiken anzustellen und städtische
und Graffchaftsbehörden nach seinen Wünschen um-
zugestalten. Als er jedoch seine Kirchenhobeit gegen
widerspenstige anglikan. Geistliche und Bischöfe, die
sich weigerten, die von ihm befohlene Indulgenz-
erklärung von den Kanzeln zu verlesen, gebrauchen
wollte und sie vor Gericht fordern lieh, mußte er
ihre Freisprechung erleben (28. Juni 1688). Die
Geburt eines Thronerben (10. Juni 1688), der ohne
Grund allgemein für untergeschoben erklärt wurde,
beschleunigte sein Verderben. Führer beider Parla-
mentsparteien traten mit dem Gatten von I.s
ältester prot. Tochter Marie, dem niederländ. Statt-
halter Wilhelm von Oranien, in Verbindung. Zu
spät entschloß sich I. zu einer völligen Systemändc-
rung; als Wilhelm 5. Nov. 1688 in Torbay mit
großer Flotte gelandet war, fielen Volk und Hccr
von ihm ab. Noch dachte I. daran, ein Parlament
zu berufen, dann entfchloß er sich zur Flucht und
gelangte glücklich nach Frankreich, wo Ludwig XIV.
ihm das Schloß zu St. Germain überwies; dort
hielt der Vertriebene Hof, während das engl. Parla-
ment ihn 22. Jan. 1689 der Herrfchaft verlustig er-
klärte und den Oranier als Wilhelm III. auf den
Thron erhob. I. hielt beständig seine Verbindung
mtt England aufrecht, wo eine beträchtliche Partei
von Iakobiten (s. d.) seiner Sache treu geblieben
war. Sein eigener bedeutendster Versuch gegen
Wilhelm III. geschah mit franz. Hilfe von Irland
aus, endete aber 1. Juli 1690 mit der Niederlage
an der Boyne (s. d.). I. kehrte wieder nach St. Ger-