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Janitscharenmusik – Jankau
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Janitscharen'
nahm man späterhin keine Kriegsgefangenen mehr dazu, und gegen Ende des 17. Jahrh. hörte auch der Zehnte der Christenkinder auf.
Überdies gab man einer Menge Moslems aller Klassen, ja selbst Christen die Erlaubnis, sich gegen Erlegung von Geld in die Musterrolle
des Korps einschreiben zu lassen, wofür sie zwar keinen Sold, aber mancherlei sonstigen Vorteil, z. B. Steuerfreiheit, erblich erhielten,
ansässig sein und bürgerliche Gewerbe betreiben durften und nur im Falle des Krieges zu Kriegsdiensten verpflichtet waren. So gab es
zwei Arten von J., die regelmäßig organisierten, die in Kasernen in Konstantinopel und einigen andern Städten untergebracht waren und
deren Anzahl unter Sultan Suleiman II. 40000, in ihrer Blütezeit wohl 100000, zuletzt aber wohl nur 25000 betragen hat, und die
unregelmäßigen, Jamaks genannt, die durch alle Städte des Reichs in einer Anzahl von gegen
400000 zerstreut lebten. Jene waren in Ortas, d. i. Horden, eingeteilt, von denen jede ihre besondere Oda, d. i. Kaserne, hatte; ihre Zahl
stieg von 80 später bis auf 196 und sie unterschieden sich sowohl in Bezug auf Vorrechte wie auf Mannschaft und Abzeichen
mannigfaltig. Nr. 11 hatte den ersten Rang, zur 61. Orta gehörte der Sultan, die 65. war von Murad II. aufgelöst worden, weil ein Glied
derselben bei der Entthronung Hand an Osman II. gelegt hatte; die 1. bis 62. Orta wurden unter dem Namen
Buluk zusammengefaßt und besetzten die Hauptstadt und einige Grenzplätze.
An der Spitze sämtlicher Ortas stand der Aga, dem der Kiaja-Beg oder Unterbefehlshaber zugeteilt war. Die Macht des Aga war fast
unbegrenzt und fand nur in der Furcht vor einem Aufstande eine Schranke; er hatte Gewalt über Leben und Tod, und alle Beförderungen
hingen von ihm ab. Die A. waren gut bewaffnet und das bestausgebildete Fußvolk Europas; sie wurden gut verpflegt und reichlich
besoldet. In Friedenszeiten verrichteten sie Polizeidienst und waren nur mit einem langen Stabe versehen; im Kriege aber führten sie eine
lange schwere Flinte, einen kurzen Säbel, ein Messer und ein Pistol im Gürtel. Sie dienten nur zu Fuß und bildeten die Kerntruppe des
türk. Heers. Aus den J. wurden auch die Leibwachen des Sultans genommen. Mehrere Ortas waren für die wichtigsten Festungen oder
die Flotte bestimmt. Anfänglich standen die J. unter strenger Mannszucht. Als aber die osman. Herrscher zu Serailfürsten herabsanken,
wurden die J. zuchtlos, faul, unkriegerisch und politisch unzuverlässig. Ihre Geschichte verzeichnet glänzende Kriegsthaten; die
Eroberung Konstantinopels (1453) verdankte Mohammed II. vor allem ihnen. Aber auch eine Menge Empörungen, Ermordungen von
Sultanen, Wesiren, Agas und zügellose Greuel aller Art verschuldeten sie. Mehrere Sultane versuchten vergeblich unter den J. die alte
Ordnung wiederherzustellen, wobei es mehrfach zu schrecklichen Serailrevolutionen kam. Erst dem Sultan Mahmud II. gelang es, sie zu
vernichten. Die J. zu Konstantinopel hatten sich nämlich im Mai 1826 zu der Errichtung von Truppen nach europ. Muster, der sog. neuen
Miliz (Nizam-dschedid), bereit erklärt, dann aber 15. Juni sich dagegen empört und die Köpfe der vornehmsten Staatsbeamten verlangt.
Allein ihr damaliger Führer, Hussein-Aga, schlug die Empörer mit Hilfe der dem Sultan treu gebliebenen Topdschi (Kanoniere),
Kumbaradschi (Bombardiere) und Bostandschi (Wächter der ↔ großherrlichen Gärten), die durch die Entfaltung der
Fahne des Propheten und den vom Mufti und den Ulemas über die J. ausgesprochenen Bann fanatisiert waren, auf dem Platze
Etmeidan zurück und ließ ihre Kasernen beschießen und verbrennen. Am 17. Juni wurde das Janitscharenkorps für immer abgeschafft
und der Name J. mit einem Fluche belegt. Jede neue Erhebung wurde in Blut erstickt, sodaß die Zahl der Hingerichteten 1826 sich auf
15000 und die der Verbannten auf mehr als 20000 belief. Die amtliche Darstellung der Janitscharenauflösung (Konstant. 1828;
französisch von Caussin de Perceval, Par. 1833) hat der Historiograph Es-Seid-Mohammed-Essad Efendi verfaßt.
Janitscharenmusik, Türkische Musik, eigentlich die wildlärmende
Militärmusik der Türken, dann überhaupt jede Musik, bei der die melodieführenden Blasinstrumente von einer Menge nur auf einen
einzigen Ton eingerichteter Instrumente zur Hervorhebung des Rhythmus begleitet werden. Die hauptsächlichsten dieser Instrumente
sind die große und die kleine Trommel, die Becken, der mit Schellen behangene Halbmond, der Tamtam, der Triangel u.s.w., welche die
Türken keineswegs erfunden, sondern nach asiat. Weise nur zusammengestellt haben. In Europa drang die J. im 18.Jahrh. in die
Orchester und wurde (z. B. von Hasse) zuweilen in der Oper verwendet. Heute findet sie vollständig vorzugsweise nur in der Militärmusik
Anwendung; doch macht man von einzelnen, Triangeln, Glöckchen, Becken, auch in Sinfonien und ähnlichen Tonwerken Gebrauch; in
Italien findet sich ein solcher Chor von Lärminstrumenten (Banda) häufig auch in kirchlichen und ähnlichen Kompositionen.
Janitschek, Hubert, Kunsthistoriker, geb. 30. Okt. 1846 zu Troppau, studierte in Graz besonders Geschichte
und Philosophie (Ästhetik), widmete sich darauf 1873–77 in Italien kunstgeschichtlichen Studien und habilitierte sich 1878 an der
Universität zu Wien. Er wurde als Professor der Kunstgeschichte 1879 nach Prag, 1881 nach Straßburg, 1892 nach Leipzig berufen und
starb daselbst 21. Juni 1893. J. hat sich durch seine auch kulturgeschichtlich interessanten Schriften um die Erforschung der ital. und
deutschen Kunst verdient gemacht. Er gab heraus «L. B. Albertis kleinere kunsttheoretische Schriften» (Wien 1877) und verfaßte: «Die
Gesellschaft der Renaissance in Italien und die Kunst» (Stuttg. 1879), «Geschichte der deutschen Malerei» (Berl. 1890), Biographien von
ital. Künstlern in Dohmes «Kunst und Künstler» (Leipzig), die kunstgeschichtliche Abhandlung in der Ausgabe der «Trierer
Ada-Handschrift» (ebd. 1889), «Die Kunstlehre Dantes und Giottos Kunst» (ebd. 1892). Das «Repertorium für Kunstwissenschaft»
(Stuttgart, jetzt Berlin) gab J. erst mit A. Woltmann heraus, leitete es aber vom 4. Band ab allein bis zu seinem Tode.
Seine Gattin Maria, geb. 23.Juli 1859 in Wien, lebt seit dem Tode ihres Mannes in Berlin. Sie
schrieb: «Legenden und Geschichten» (Stuttg. 1885), die Dichtung «Im Kampf um die Zukunft» (ebd. 1887), «Verzaubert. Eine
Herzensfabel» (ebd. 1888), «Irdische und unirdische Träume» (ebd. 1889), «Gesammelte Gedichte» (2. Aufl., ebd. 1892), die Novellen
«Lichthungrige Leute» (Dresd. 1892), «Atlas» (Berl. 1893), den Roman «Das große Werk» (ebd. 1893).
Jankau, Markt im Gerichtsbezirk Wotitz der österr. Bezirkshauptmannschaft Selčan in Böhmen, 52 km im
SSO. von Prag, hat (1890) 689, als