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Japan (Bergbau. Industrie. Handel)
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Japan (Landwirtschaft)'
agrarischen Verhältnisse eine weit bedrohlichere Gestaltung an als in China, da die zahllosen Bürgerkriege den Bauern unerschwingliche Abgaben auferlegten. Zwar
bestimmte der als Nationalheld gefeierte Hidejoshi (Taikosama) 1595 n.Chr., daß die in Naturalleistungen bestehende Grundsteuer den dritten Teil des eingeschätzten
Ertrages der Felder nicht übersteigen dürfe, und Ijejasu, der Begründer der Tokugawa-Herrschaft, bestätigte dieses Gesetz im wesentlichen im 36. seiner Hundert Gesetze;
die Geldnot brachte jedoch dieses Gesetz 1716 wieder zum Falle. Eine neue Gefahr drohte der Landwirtschaft, als nach der Restauration der Mikadoherrschaft (1872) eine
Proklamation erlassen wurde, welche statt der bisherigen Naturalleistungen Geldleistungen setzte; der allgemeine Widerstand, den diese Maßregel jedoch hervorrief,
veranlaßte die baldige Zurücknahme derselben. Gegenwärtig beträgt die gesamte Steuerleistung etwa 3–5 Proz. vom Schätzungswerte der Felder. Die Methoden und Mittel
zur Bearbeitung des Bodens, insbesondere was Ackergeräte, Düngung, Bewässerung und Terrassierung betrifft, stammen vermutlich aus China. Das Areal der japan. Inseln
zerfiel hinsichtlich der Bodenbenutzung 1882 in 49,4 Proz. Waldungen, 6,8 Proz. Ödland (Hara),
3,14 Proz. Baugründe, 0,06 Proz. Salzgärten an den Küsten und 40,6 Proz.
landwirtschaftliches Kulturland. Von letztern 40,6 Proz. waren 23,8 Proz. Reisland,
15,4 Proz. nicht bewässertes Ackerland, 1 Proz. Maulbeer- und 0,4 Proz. Theepflanzungen. Von dem
Ackerland werden 42 Proz. mit Gerste, 16 mit Sojabohnen, 15 mit Weizen, 14 mit Hirse, 5 mit Buchweizen, 4 mit Bataten und nicht ganz 1 Proz. mit Mais bebaut. 1890 waren
4,6 Mill. Cho (etwa = 1 ha) bebaut und zwar 2,1 Mill. mit Reis (1892 schon
2,2), 247000 Cho mit Maulbeerbäumen. 14 Mill. Cho waren Waldungen; 10,5 Mill. ha unbewaldete Berge,
Theepflanzungen, Salzgärten u.s.w. Geerntet wurden (1891) 38123548 Koku Reis (1 Koku = 180 l), daneben Gerste, Weizen, Hirse, Sojabohnen u.s.w. Handelsgewächse sind
Raps, Pflanzenwachs, Indigo, Tabak, Bäume zur Papierbereitung, Hanf und Baumwolle. Die Landwirtschaft beschäftigte (1891) 5489630 Familien, darunter waren gegen 3
Mill. ausschließlich, die übrigen im Nebengewerbe thätig.
Sehr wichtig ist die Fischerei. 1887 gab es 865189 Seefischer mit 27769 Fahrzeugen. Seefische, Mollusken und Algen bilden ein
Hauptnahrungsmittel. Der Wert des Fanges wurde 1890 auf 10 Mill. Yen geschätzt.
Bergbau. Der frühere Ruf J.s als eines gold- und silberreichen Landes ist verschwunden. Von Metallen kommen nur
vorzügliches Kupfer und Antimon zur Ausfuhr, während das Eisen den Bedarf nicht deckt. Jüngere Kohlen kommen in vielen Teilen des Landes, namentlich auf Jesso und
Kiushiu vor. Die wichtigste Kohlengrube ist die auf Takashima bei Nagasaki. Bei weitem die meisten und ergiebigsten Petroleumquellen kommen in den Provinzen Etschigo
und Ugo vor, decken aber bei weitem den Bedarf nicht. Der Bergbau wird seit 1884 immer mehr Privatbetrieb. 1892 wurden gewonnen: Gold 13632, Silber 1703878 Unzen,
Kupfer 18,26 Mill. kg, Eisen 22,47, Kohlen 2619, Braunkohle 18,89,
Schwefel 20,69, Graphit 5 Mill. kg; ferner Salz, Blei, Antimon, Manganerz, Vitriol, Petroleum, Kupfersulphat, Zinn, Asphalt und Alaun.
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Industrie. Nicht minder als die Landwirtschaft kann die Industrie als Tochter der chinesischen bezeichnet werden. Der
Buddhismus war es namentlich, der den Übergang der Erfindungen vermittelte. Dort schwang sich aber die Industrie zu einer viel größern Höhe empor. Die Textilindustrie,
welche am leichtesten zur Großindustrie werden kann, ist meist Hausindustrie geblieben und bringt besonders Seide, Baumwolle, Hanf und Nesseltuch zum Spinnen und
Verweben. Der Hauptsitz dieser Industrie ist seit Jahrhunderten Kioto. Maschinenbetrieb ist überhaupt noch in den Anfängen; neuerdings sind Fabriken für Seidenspinnerei,
Seife, Cement und Zündhölzchen, Bierbrauereien (in Tokio und Jokohama) und Glasbläsereien entstanden. Auch haben sich Aktiengesellschaften
(Kaisha) gebildet. Die Metallindustrie umfaßte nach ihrer Einführung durch buddhistische Mönche zunächst das Gießen von
Statuetten und Gefäßen in Bronze, erst die spätern kriegerischen Zeiten brachten die Kunst des Schmiedens. Seitdem haben die Japaner in den verschiedenen
Verzierungsweisen der Metalle eine unerreichte Kunstfertigkeit erlangt. Die keramische Industrie ist verhältnismäßig spät, und zwar durch eine Expedition des Hidejoshi
nach Korea (1592–98) nach J. gekommen; doch ist die Erzeugung von Porzellan- und Steingutwaren sehr bald eine ausgedehnte geworden. Einer besondern Pflege erfreute
sich die Lackindustrie. Ihre Hauptsitze sind heute Tokio und Nachbarschaft, Osaka, Shizuoka, Wakamatsu und Niigata. Die Holzindustrie ist namentlich durch die im
Hakonegebirge stark betriebene Erzeugung von Möbeln und Intarsiaarbeiten vertreten. In der Papierindustrie fährt man mit der Darstellung von Handpapier aus dem Bast
verschiedener Sträucher fort, verfertigt aber daneben auch Maschinenpapier nach europ. Weise. Ersteres wird u.a. verwandt zu Lederpapier, Ölpapier u.s.w., und als das
Material zu den verschiedensten Bedarfsartikeln, wie Fächern, Schirmen, Kleidern, Kopfbedeckungen, Taschentüchern, Fensterscheiben, Kästen u.s.w. Besondere Erwähnung
verdienen noch die Schnitzarbeiten in Holz, Elfenbein, Stein, Schildpatt, Horn und Perlmutter. (S. Japanische Kunst.)
Handel. Der Außenhandel ist verhältnismäßig noch sehr jung; von den kurzen
Perioden in frühern Jahrhunderten abgesehen, begann ein Verkehr mit den fremden Nationen erst mit dem J. 1859. (S. unten
Geschichte, S. 865b.)
Der Gesamthandel ist in steter Steigerung begriffen. Einen Überblick giebt die folgende Tabelle. Es betrugen in Yen (1 Yen = 3–4 M.):
Jahre | Ausfuhr | Einfuhr | Gesamthandel |
1883 | 36 268 019 | 28 444 841 | 64 712 861 |
1885 | 37 146 691 | 29 356 967 | 66 503 659
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1887 | 52 407 681 | 44 304 251 | 66 503 659
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1889 | 70 060 705 | 66 103 766 | 136 164 472
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1890 | 56 603 506 | 81 728 580 | 138 332 086
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1891 | 79 527 272 | 62 727 268 | 142 454 540 |
1892 | 91 102 753 | 71 326 079 | 162 428 832
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Nach Warengruppen geordnet ergeben sich in der Ausfuhr folgende Ziffern für 1891: Verzehrungsgegenstände 17,90 Mill. Yen,
Rohmaterialien 9,06, Halbfabrikate 34,02, fertige Waren 12,61,
Verschiedenes 5,13 Mill. Yen. In der Einfuhr fremder Waren wiegen fertige Waren mit 18,10 Mill. Yen vor;
Verzehrungsgegenstände betrugen hier 15,50,
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 860.