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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Kaiserschwamm; Kaiserslautern

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Kaiserschwamm – Kaiserslautern

zu passieren vermag. Die Operation an der Lebenden war früher in hohem Grade gefährlich; von den so operierten Frauen starb etwa die Hälfte entweder sogleich infolge des Blutverlustes oder an der später oft auftretenden Bauchfellentzündung. Die Gefahr der Operation ist durch die modernen antiseptischen Verbandmethoden erheblich verringert worden. Die Kinder werden durch den K. nicht immer lebend zur Welt gebracht. Trotzdem ist die Zahl der glücklich verlaufenen Operationen eine nicht geringe; ja es giebt mehrere wohlbeglaubigte Fälle, in denen der K. an einer und derselben Person drei, selbst fünfmal mit gutem Erfolg ausgeführt wurde.

Nach frühern gesetzlichen Bestimmungen, welche bis auf die Lex regia de mortuo inferendo von Numa Pompilius zurückreichen, muß der K. ausgeführt werden an Frauen, welche nach der 27. Schwangerschaftswoche sterben, wenn zuverlässige Zeichen vom Tode der Frucht nicht vorhanden sind; doch ist die Frist vom Tode der Mutter bis zum Tode des Kindes nur kurz. Ferner soll er unbedingt ausgeführt werden, wenn das Kind wegen Enge der Geburtswege, insbesondere wegen hochgradiger Beckenverengerungen, weder ganz noch zerstückelt aus der Gebärmutter entfernt werden kann, weil sonst das Leben der Mutter in die größte Gefahr versetzt wird. In Fällen, wo das Kind zwar nicht unversehrt, wohl aber nach vorgängiger Zerstückelung (s. Embryotomie) auf dem natürlichen Wege aus dem Uterus genommen werden kann, hängt es von der Zustimmung der Mutter ab, ob der K. gemacht werden soll. Ein Gesetz, welches die Mutter zwingt, den K. wider ihren Willen an sich vollziehen zu lassen, giebt es nicht. Auch der Ehemann hat kein Recht, das zu verlangen. Wenn aber die Erhaltung des Lebens der Mutter mit der Erhaltung des Lebens des Kindes kollidiert, geht das Leben der Mutter vor. Der Geburtshelfer befindet sich in einem Notstande. Hat er in einem solchen pflichtmäßig gehandelt, so kann er strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil er das Kind getötet hat, um die Mutter zu erhalten. Cäsar soll nach der Versicherung des Plinius durch K. zur Welt gebracht worden sein. – Vgl. Wachs, Der Wittenberger K. von 1610 (Lpz. 1868); P. Müller, Der moderne K. (Berl. 1882); Sänger, Der K. bei Uterusfibromen nebst vergleichender Methodik der Sectio caesarea und der Porro-Operation (Lpz. 1882); Schaper in Holtzendorffs «Handbuch des deutschen Strafrechts», Bd. 2 (Berl. 1871); Olshausen, Kommentar zum Reichsstrafgesetzbuch (3. Aufl., ebd. 1890), §. 211, Nr. 4; Mittermaier, Über die Grenzen und Bedingungen der Straflosigkeit der Perforation (im «Neuen Archiv des Kriminalrechts», Bd. 8, Halle 1825, S. 596 fg.).

Kaiserschwamm, s. Kaiserling.

Kaiserslautern. 1) Bezirksamt im bayr. Reg-Bez. Pfalz, hat 645,94 qkm, (1890) 81644 (40035 männl., 41609 weibl.) E., 64 Gemeinden mit 255 Ortschaften, darunter 2 Städte. – 2) Bezirksstadt im Bezirksamt K., an der Waldlauter, in 249 m Höhe, an der westl. Abdachung des Hardtgebirges und an den Linien Neunkirchen-Mannheim, K.-Münster am Stein (59,7 km), K.-Alzey (56,1 km) , und der Nebenlinie K.-Lauterecken (34,2 km) der Pfälz. Eisenbahnen (Haupt-, West- und Nordbahnhof), Sitz des Bezirksamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Zweibrücken) mit neun Amtsgerichten (K., Kirchheimbolanden, Kusel, Lauterecken, Obermoschel, Otterberg, Rockenhausen, Winnweiler, Wolfstein), eines Amtsgerichts, Rent-, Nebenzollamtes, eines Bezirksgremiums und einer Reichsbanknebenstelle, hat (1890) 37047 (18119 männl., 18928 weibl.) E., darunter 13568 Katholiken und 726 Israeliten, Post erster Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, eine evang. Stiftskirche (13. Jahrh.), 1880 renoviert, mit dem Unionsdenkmal aus weißem Marmor von Knoll, zur Erinnerung an die Vereinigung der Reformierten und Lutheraner 1818, eine kleine evang. Kirche (1711), alte und neue kath. Kirche, Methodistenkirche, Synagoge (1885), ein Gewerbemuseum mit Abteilungen für Gewerbe und Baugewerken, Lehrwerkstätten und Fachkursen, eine von Voit erbaute Fruchthalle (1843), ein Stadttheater, königl. paritätisches Gymnasium (Rektor Dr. Simon, 20 Lehrer, 9 Klassen, 300 Schüler), Realschule, Lehrerseminar mit Präparandenschule, höhere Mädchen-, Baugewerken-, landwirtschaftliche Winterschule; Wasserwerk, Kanalisation, Gasanstalt, neues Schlachthaus, Zucht- und Arbeitshaus, Distriktskrankenhaus, Hospital, zahlreiche Vereine und 32 organisierte Krankenkassen mit 12600 Mitgliedern. Die bedeutende Industrie erstreckt sich auf Kammgarnspinnerei (Aktiengesellschaft mit 61000 Fein- und 14000 Zwirnspindeln und 1500 Arbeitern), Baumwollspinnerei (Lampertsmühle mit 1650 Arbeitern), Nähmaschinenfabrikation (2 Fabriken mit 1200 Arbeitern), Eisengießerei, und Brückenbau (550 Arbeiter), Stahlwerk (250), Maschinenfabrikation; ferner bestehen große Eisenbahnwerkstätten, Kesselschmieden, mechan. Werkstätten, Glockengießerei, 7 große Brauereien und Fabrikation von Cigarren, künstlichem Dünger, Möbel- und Holzwaren, künstlichen Blumen, Schuhwaren, Seife und Bilderrahmen, Dampfsägewerke, Schleif- und Sandsteinindustrie; zwei Banken, Vorschußverein, städtische Sparkasse sowie ein Bezirksgremium der Handels- und Gewerbekammer der Pfalz. Der Fruchtmarkt und der Holzhandel sind bedeutend.

^[Abb. Wappen]

Geschichte. Schon unter Pippin dem Kleinen und Karl d. Gr. soll zu K. eine Pfalz gestanden haben; der Name K. kommt erst seit 1322 vor. Friedrich Barbarossa baute hier 1152 einen Kaiserpalast. Rudolf von Habsburg erhob den Burgflecken zur Freien Reichsstadt. Später wurde sie öfter verpfändet und 1417 der Kurpfalz einverleibt. Von 1577 bis 1592 gehörte sie dem Herzog Johann Kasimir, der sie erweiterte und die Hugenotten aufnahm. Im Dreißigjährigen Kriege wurde die Stadt von den Spaniern, 1688 von Ludwig ⅩⅣ. erobert und geplündert. Eine größere Schlacht fand hier 28., 29. und 30. Nov. 1793 statt, wo der Herzog von Braunschweig, Karl Wilhelm Ferdinand, eine Abteilung der Moselarmee, welche unter Hoche, um Landau zu entsetzen, durch das Gebirge hervorzubrechen suchte, nach einem blutigen Kampfe zurückschlug. Ein zweites Treffen bei K. 23. Mai 1794 gewann der preuß. Generalfeldmarschall Möllendorf gegen Ambert; in einem dritten, 20. Sept. 1794, schlug Fürst von Hohenlohe-Ingelfingen den linken Flügel der franz. Rheinarmee unter Meunier. 1801 wurde K. Bezirkshauptstadt des franz. Depart. Donnersberg, und 1816 fiel es an Bayern. Im Mai 1849 war es während des

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