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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kartäuserkatze - Kartell
Vgl. Le Couteulx, ^uiiki63 oräinig (^artnZiknsig
(8 Bde., Neuville 1888-91); Le Vasseur, kpueine-
li668 0i'äini8 Oai'w3i6N3i3 (4 Bde., ebd. 1891-92)
Kartäuserkatze, s. Katze.
Kartäuferpulver, soviel wie X6rm63 minöi-Hlo,
s. Antimonsulfür.
Karte, s. Landkarten und Spielkarten.
Kartell oderCartel (frz., von c^rt6, ein bescbrie-
benes Papier) bedeutete ursprünglich in den Tur-
nierspielen die Kampfordnung.
Im Völkerrecht bezeichnet man mit K., auch
Kartellkonvention, eine Reihe von Verträgen,
welche in die Klasse der reglementarischen fallen und
sich auf den polit. oder socialen Verkehr unter meh-
rern Staaten beziehen. Zwischen kriegführenden
Staaten kommen solche Verträge vor z. V. über
den Post- und Handels- (namentlich See-)Verkebr,
über Kennzeichnung und Behandlung der Parla-
mentäre, über Kuriere und Pässe, über Behand-
lung der Kriegsgefangenen und deren Auslieferung.
In letzterer Hinsicht fand bis zur Zeit der Franzo-
sischen Revolution in der Regel zwischen allen
kriegführenden Mächten K. statt, und es galt ein
Hauptmann für sechs, ein Lieutenant für vier und
ein Unteroffizier oder Reiter für zwei Mann Fuß-
volk. Der Überschuß der Gefangenen, die nicht aus-
getauscht werden konnten, wurde durch Geld aus-
gelöst. Jetzt geschieht aber meist die Auslieferung
der Gefangenen erst nach Kriegsschluß. K. für Frie-
denszeiten sind z. B. die Konventionen über
Sickerheits- und Iustizpflege (so über Auslieferung
von flüchtigen Verbrechern, s. Auslieferung), dann
über die Regulierung von Hinterlassenschaften (Kon-
vention des Deutschen Reichs mit Ruhland vom
8. Dez. 1874), über Zollverhältnisse (insbesondere
das Zollkartell zwischen Deutschland und Ostcr-
reich-Ungarn vom 23. Mai 1881), sowie über Aus-
lieferung von Militärpflichtigen und Deserteuren.
Gerade in letzterer Beziehung wird der Ausdruck
K. am häufigsten gebraucht. Während des Be-
standes des frühern Deutschen Bundes existierte für
sämtliche deutsche Staaten unter sich seit 10. Febr.
1831 ein allgemeiner Vertrag wegen Auslieferung
der Deserteure und Militärpflichtigen; nur die eige-
nen Unterthanen wurden, wenn sie aus andern
Kriegsdiensten desertierten, nicht ausgeliefert. Diese
Mo>emeine Kartellkonvention hat jetzt nach Art. 13
des Prager Friedens vom 23. Aug. 1866 nur noch
zwischen Preußen und Osterreich Geltung. Von
polit. Wichtigkeit war seinerzeit besonders der preuß.-
russ. Kartellvertrag. Derselbe erstreckte sich auf alle
aus dem aktiven Dienste der beiderseitigen Armeen
Desertierten, auf die aus dem aktiven Dienste unter
Vorbehalt ihrer Verpflichtung zu demselben Beur-
laubten, auf alle nach den Gesetzen des bezüglichen
Staates, wenn auch erst für die Folge zum Mili-
tärdienst Verpflichteten, endlich auf alle wegen Kri-
minalvcrbrcchen in Untersuchung befindlichen, an-
geschuldigten oder bezichtigten Individuen. Der
Vertrag wurde 29. März 1830 abgeschlossen, 20. Mai
1844 und 9. Aug. 1857 auf 12 Jahre erneuert, ist
aber 1869 abgelaufen.
In der Volkswirtschaft bedeutet K. Syn-
dikat, Ring, eine Vereinigung von Firmen der-
selben Branche zu dem Zweck, den Preis ihrer Er-
zeugnisse und Verkaufsartikel Zu erhöhen oder doch
aus einer Höhe zu erhalten, welche einen befrie-
digenden Unternehmergewinn sichert. In der Regel
erstrecken sich derartige Vereinigungen nur auf ein
Artikel, die man unter K verm
in sich geschlossenes Verkehrsgebiet, auf ein ganzes
Land. Daneben finden sich aber auch K. für ein-
zelne Teile oder selbst nur bestimmte Provinzen.
Zählt eine Branche nur wenige Firmen und sind
dieselben mit einem wesentlichen Teile ihres Absatzes
auf den Weltmarkt angewiesen, so bilden sich ge-
legentlich die internationalen K. heraus; doch
haben dieselben nur ausnahmsweise längern Be-
stand gehabt, weil die Produktionsverhältnisse zu
verschieden sind und die Interessen zu weit ausein-
ander laufen. K. bestehen für den Handel, für
Banken, Versicherungsgesellschaften, zwischen Eisen-
bahnverwaltungen u. s. w. Die industriellen K.
sind erst in den letzten Jahrzehnten entstanden.
Je weniger Firmen eine Einzelbranche zählt, desto
leichter gelingt die Verständigung. Mitte 1893 be-
standen allein in Deutschland 6 K. des Kohlenberg-
baues, 33 der Eisenindustrie, 33 für Chemikalien,
28 für Steine und Erden, 12 für Papier- und Leder-
industrie, 15 für Tertilwaren. 1892 lösten sich 16 K.
auf, dafür wurden 33 neu gebildet. In der Regel
ist die Dauer eines industriellen K. nur auf wenige
(3-6) Jahre anzunehmen, da inzwischen stets einige
unzufriedene Firmen ihren eigenen Weg gehen wollen
und das K. sprengen. Die nun wieder eintretende
freie Konkurrenz führt zu einem Kampf der bisher
verbundenen Firmen unter sich, der schließlich zur
Preisschleuderei führt, bis endlich ein neues K.
entsteht. In den letzten 10-15 Jahren ist es vor-
gekommen, daß in derselben Branche und von den-
selben Firmen dasselbe K. drei-, vier- auch fünf-
mal abgeschlossen worden ist. Dieselben Erscheinun-
gen sind in verstärktem Grade in Frankreich, Bel-
gien, England, Nordamerika, in der Schweiz, in
Österreich-Ungarn, neuerdings in Italien, Däne-
mark, Sckweden und Rußland zu Tage getreten,
also in Ländern mit vollster Handelsfreiheit bis zu
der weitesten Schutzzollpolitik.
In den meisten Fällen beginnt eine Vereinigung
von bisher einander bekämpfenden Werken zunächst
infolge von Überproduktion und damit verbundenem
Sinken der Preise mit einer Verständigung über die
einzuhaltenden Preisforderungen. Die betreffenden
Werke stellen für jeden ihrer Artikel den Minimal-
preis fest und verpflichten sich, darunter nicht zu
verkaufen. Daneben wird, jedoch selten schon in
bindender Form, gegenseitig die Einschränkung der
Produktion zugesagt. Im Laufe der Zeit macht sich
trotzdem wieder teils durch Übertretung der Ver-
pflichtungen, teils durch ausländische Konkurrenz
eine Überproduktion bemerkbar, und man schreitet
außer der Verabredung über die Preise zu bindenden
Abmachungen über die Höhe der jedem Werke zuzu-
teilenden Produktion, nachdem zuvor festgestellt
worden ist, wie hoch voraussichtlich zunächst der
Bedarf zu bemessen sei. Aber auch diese Zusagen
werden trotz aller Strafen nicht immer gehalten, um
so mehr, als die Überwachung schwierig ist, und
man geht zu den weitern Einrichtungen der ge-
meinsamen Verkaufsstelle oder der besondern Zu-
teilung ausgeschriebener Lieferungen über, nachdem
gelegentlich die Zuweisung eines begrenzten Absatz-
gebietes an eine oder mehrere Firmen voraus-
gegangen oder wohl auch damit verbunden ist. Die
Verkaufsstelle eignet sich am besten für solche Artikel,
bei denen der Käufer besondere Anforderungen an
Form, Größe, Güte und sonstige Eigenschaften nicht
zu stellen pflegt, also für die Massenartikel, wie
Kohlen, Steine, Erden, Roheisen, Stabeisen, Bleche,
ißt, sind unter C aufzusuchen. 1I5