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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kartuschnadel - Karyatiden
Fig. 1.
fand sich das Geschoß häufig mit der K. verbunden.
Bei den Langgeschossen der gezogenen Geschütze ist
diese Verbindung erst wieder bei der Verwendung
von metallenen Patronenhülsen
in Benutzung gekommen. In
Österreich ist' für K. der Aus-
druck Patrone gebräuchlicher.
Kartuschnadel, eine stählerne
starke Nadel, mit der man bei ge-
ladenem Geschütze den Beutel der
Kartusche durch oasZündloch hin-
durch durchsticht, damit der Feuer-
strahl der Schlagröhre freien Weg
Zu der Pulverladung findet.
Karüben, die Früchte des Io-
hannisbrotbaums, s. Johannis-
brot.
Karun, Fluß in Persien, lin-
ker Nebenfluß des Schatt el-Arab,
entspringt als Ab-i-Dis auf dem
Hochlande bei Nehawend, durch-
bricht dieNandketten, strömt bei
Disful vorüber und mündet nach
vielgewundenem Lause unterhalb
Vasra. Er ist im Unterlaufe schiff-
bar und wird jetzt bis nach Ahwas
von einer engl. Gesellschaft mit
Dampfern befahren.
Karunkel (lat.), Fleischwarze,
besonders.nach Syphilis in der
Harnröhre, auf der Eichel und
Vorhaut, ferner in der Binde-
haut des Auges, hier meist angeboren oder nach
Entzündung entstanden; auch die narbigen Reste
ic^i'unculas ni^rtilorinEg) des zerrissenen Jungfern-
häutchens.
Karussell, auch Karousell (ital. caroLkiio;
frz. cai-rouLsi), ein unter Heinrich IV. und Lud-
wig XIII. aus Italien nach Frankreich eingeführtes
und noch zu Anfang des 18. Jahrh, an den meisten
europ. Höfen gebräuchliches Nitterfpiel, das an die
Stelle der Turniere des Mittelalters getreten war.
Man kleidete sich dabei gewöhnlich nach Art der
alten Ritter und teilte sich in verschiedene Parteien,
welche in prächtigen Auszügen zu Pserde sich nach
dem festlich geschmückten Platze oder Reithause be-
gaben, wo dann verschiedene 3ieiterkünste vorgeführt
wurden. Die vorzüglichsten derselben waren: I) Das
K o p f r en n e n, in Deutschland sehr gebräuchlich, bei
welchem man Türken- und Mohrcnköpfe mit Lanze,
Wurfspeer, Degen oder mit dem Pistol Zu treffen
suchte. 2) Das Ring rennen, bei dem die Ritter
unter Beobachtung gewisser Neitsiguren und in ver-
schiedenen Gangarten mit der Lanze nach einem
Ringe stachen. 3) Das Quin tan rennen, bei
dem nach einem hölzernen Manne (Faquino oder
I^Hnin, s. d.) mit einer Lanze gestochen wurde, die
an der Spitze ein Eisen in Gestalt einer Krone trug
und deren Schaft an mehrern Stellen eingesägt
war. Man suchte den Faquino so ins Gesicht zu
treffen, dah er sich nicht drehte und daß die Lanze
stecken bliev und zugleich zerbrach.
Die Italiener hatten noch ein sog. Komisches
K., wobei nach vier Figuren geworfen und gestochen
wurde, welche die vier Elemente darstellten. Zum
Amüsement der Damen fanden auch Schlitten- und
Phaetonrennen statt. Ein solches K. wurde ein
Damen fest genannt. Seit dem 17. Jahrh, kleidete
man diese Spiele auch gern in eine mytholog.-
allegorische Form, wovon die großen Hoffeste zu
Dresden 1678, beschrieben von Gabriel Tschimmer,
Belege geben. - Vgl. Stiller, Das Karussell-Reiten
lStuttg. 1889).
K. werden auch gewisse mechan. Vorrichtungen
genannt, bei denen hölzerne Pferde, Bänke und
kleine Wagen mittels Stangen so an einer vertikalen
Säule befestigt sind, daß sie sich horizontal um
die Säule im Kreise drehen. Diese Reit- und Fahr-
vorrichtungen, manchmal mit elektrischer Beleuch-
tung versehen und durch Dampf bewegt, gefchehen
zur Belustigung auf Messen, Jahrmärkten u. s. w.
An einigen K. sind auch Apparate zum Ringstechen
angebracht. Die sog. Russischen K. oder Russi-
schen Schaukeln bewegen sich um eine horizontale
Achse vertikal. In neuerer Zeit giebt es auch sog.
^chiffskarussells,beidenendieStellederPferde
und Wagen von Schiffen mit Masten eingenommen
wird, die durch einen Mechanismus während der
Fahrt sich wie die Boote auf der See fchaukeln.
Karutze, soviel wie Karausche (s. d.).
Karvan-Baschi, der Befehlshaber der Kara-
wanen (s. d.).
Karve, Fel.dkümmel, s. (^rnm.
^"^^., bei naturwissenschaftlichen Namen Ab-
kürzung für Wilhelm Friedr. Freiherrn von
Karwinski, geb. 1780 zu Keszthely am Plattensee,
gest. 1855, der sich namentlich um die Kenntnis der
Flora Brasiliens und Mexikos verdient gemacht hat.
Karwar, Stadt in Ostindien, s. Kanara.
Karwendelgebirge, die nördliche der vier
Ketten der Karwendelgruppe in den Nordtiroler
Kalkalpen (s. Ostalpen), beginnt im O. von Scharnitz
mit dem Vrunnenstcinkopf (1915 m) und zieht über
den Karwendelspitz (2370 m), den Wörnerspitz
(2460 m), den Vogelkarspitz (2520 m) und den
östl. Karwendelspitz (2546 m) bis zmn Johannes-
thal. Hier büßt die Kette ihre orograpyische Selb-
ständigkeit ein, da sie von Querthälern durchbrochen
wird, welche von der südlich gelegenen Birkkarkette
ausgehen: die einzelnen Stücke, in die sie hierdurch
zerfällt, wie die Falken (2411 m), das Gamsjoch
(2447 m), das i^onnenjoch (2454 m) u. a. sind mit
der Birkkarkette rückenfo'rmig verbunden. - Vgl.
Nothpletz, Das K. (Münch. 1888).
Karwin, Dorf in der österr. Bezirkshanptmanu-
schaft und dem Gerichtsbezirk Freistadt, an der
Kaschau-Oderberger Vahn, hat (1890) 7047, als
Gemeinde 7746 meist poln. E., Post, Telegraph,
ansehnliches Schloß und ausgedehnte Steinkohlen-
werke des Ostrauer Reviers.
Karwoche, Charwoche, auch Stille,
Große, Heilige, Schwarze Woche, Marter-
oder Trauerwoche (lat. likliäoinag 8anciH), die
Woche vor Ostern zum Andenken an Christi beiden
und Tod. Der Name kommt vom althochdeutschen
ci^ra, Klage, Trauer. (S. Ostern und Karfreitag.)
Karyäs, Karyes, Hauptflecken der Halbinsel
Athos (s. d.).
Karyatiden, in der antiken Architektur langbe-
klcidete weibliche Gestalten in ruhiger Stellung,
welche in ähnlicher Weise wie die Atlanten (s. d.)
bisweilen anstatt der Säulen oder Pfeiler zum
Tragen des Gebälks verwendet wurden. Der Name
ist von den gefangenen Frauen der Stadt Karyä im
nördl. Lakcmicn abgeleitet, nach andern mit den von
lacedämonifchen Jungfrauen zu Ehren der Artemis
von Karyä veranstalteten festlichen Aufzügen und
Tänzen in Verbindung gebracht. Das schönste Vei-
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.