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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Käse (Nahrungsmittel)

man die Weitererwärmung einstellt und durchschnittlich noch 30-50 Minuten weiter gerührt ("ausgerührt", "nachgekäst") wird, bis der nun aus gleichmäßig hanfkorngroßen Stückchen bestehende Bruch zwischen den Zähnen knirscht ("gigst") und mit der Hand zusammengedrückt in bestimmter Weise spaltet, wenn er über den Zeigefinger gelegt wird. Nun gießt man die zuerst abgeschöpfte, abgekühlte Molke wieder zum Bruch in den Kessel, rührt einigemal um und nimmt den K. in der Weise aus dem Kessel, daß man ein Käsetuch (aus Hanf) um den elastischen Käsebogen (aus Stahl) spannt und damit den Kesselwänden entlang unter den am Boden sitzenden Bruch und auf der dem Käser zugekehrten Seite wieder herauffährt, die Enden des Tuches zusammenbindet und am Aufzug befestigt, von wo der im Tuche befindliche Bruch den größten Teil der Molke noch in den Kessel ablaufen läßt und dann auf die Presse (das "Pressel", die "Lade") befördert wird, wo er mit dem Tuch in einen hölzernen Reif ("Worb", "Yärb") kommt, dessen Höhe und Durchmesser je nach der Menge des Bruchs verschieden ist und dem K. die Laibform giebt. Der etwa noch im Kessel zurückgebliebene Anteil Bruch wird in gleicher Weise gesammelt und zur Hauptmasse gebracht; wo dieser "Strebel" oder "zweite Fisch" eingefügt wird, entstehen oft gefehlte Stellen im K. Nun wird ein Holzdeckel übergelegt und erst langsam und schwach, später stärker gepreßt und in den ersten 24 Stunden 7-8mal gewendet, unter jedesmaligem Erneuern des Tuches, wobei der Druck auf je 1 kg K. zuletzt auf etwa 16 kg gesteigert wird. Wenn in der verarbeiteten Milch etwas Colostrum, Milch aus kranken Eutern oder sonstwie "käsereiuntaugliche" Milch enthalten war, kann der K. schon "auf der Lade" (unter der Presse) zu "treiben" beginnen, wobei er trotz des hohen Druckes zu "blähen" beginnt und sicher gefehlt wird. Der K. wird nun im Beizkeller stark gesalzen (um ihm Feuchtigkeit zu entziehen und eine schöne "Haut" oder Rinde zu geben) und täglich gewendet. Dann kommt er in den wärmern Gärkeller (19-23° C.), wo er trockner gehalten, schwächer gesalzen, gut gereinigt und genau beobachtet wird, damit die Gärung nicht zu rasch und nicht zu langsam verläuft, was der Käser durch Drücken und Klopfen mit den Fingern beurteilt. Nach der eigentlichen Gärung kommt der K. in einen etwas kühlern Übergangskeller, dann erst in den noch kühlern und wieder feuchtern Lagerkeller (Speicher). Die Gesamtzahl der während einer Campagne in einem Käsereilokal gewonnenen K. heißt das "Mulchen" (Sommer- und Wintermulchen). Beim Verkauf eines Mulchens werden mit dem Käsbohrer Proben gestochen und der "Börling" oder "Nagel" nach der Besichtigung wieder in den K. gesteckt. Die Emmenthaler K. sind fett, haben Mühlsteinform ("Laibe") und wiegen 50-90 kg, selbst 120 kg. Ihre Bereitung ist schon um die Mitte des 15. Jahrh. nachweisbar, ursprünglich nur im Emmenthal, jetzt in allen Alpenkantonen der Schweiz sowie im bayr. Allgäu verbreitet.

Die Bereitung anderer Hartkäse weicht von der der Emmenthaler K. meist darin ab, daß andere Temperaturen angewendet werden und meist weniger Sorgfalt nötig ist. Manche K. werden gefärbt, und zwar im Teig (mit Safran) oder von außen (z. B. Edamer mit Tournesol, Kolkothar u. s. w.), auch bisweilen von außen geölt. Bei Bereitung verschiedener Weichkäse, bei denen mehr Molken zurückgehalten werden sollen, wird der Bruch nicht "gekocht", überhaupt schon bei niedrigerer Wärme gelabt, langsamer gedickt, der Bruch weniger verkleinert und nur durch sein eigenes Gewicht oder durch gelindern Druck in durchlöcherten Formen (Model aus Holz, Blech oder Thontöpfen) oder besondern Vorrichtungen (Spanntischen) gepreßt.

Koschere K. dürfen keine Pferde- oder Schweinemilch enthalten (die überhaupt nicht zur Bereitung von K. verwendet werden könnte) und das zu verwendende Lab unterliegt einer rituell vorgeschriebenen Bereitungsweise.

100 kg Milch geben etwa 9-11 kg Weichkäse, 4-6 kg magere, 5-8 kg halbfette oder 7-9 kg vollfette Hartkäse, 5-6 kg magere Sauermilchkäse. Nebenprodukte der Käserei sind Vorbruch, Zieger, Molken und Milchzucker.

Zusammensetzung und Nährwert. Die K. enthalten je nach Alter und Beschaffenheit neben 34 -75 Proz. Wasser sehr wertvolle Nährstoffe, wie sie, besonders in den magern Sorten, fast in keinem andern Nahrungsmittel so billig käuflich sind; die Verdaulichkeit der Stickstoffsubstanz des K. beträgt wie bei der des Ochsenfleisches 97,5 Proz. und das im K. (sowie in Milch und Butter) enthaltene Fett wird wegen seiner feinen Verteilung besser ausgenützt als das im Speck u. s. w. Gleichzeitig wirkt K. aber auch als Genußmittel und erhöht nach Rubner und Malfatti die Verdaulichkeit anderer mitgenossener Nahrungsmittel, lauter Umstände, die dem K. als Volksnahrungsmittel die größte Bedeutung sichern. Nach den von König mitgeteilten Analysen enthält durchschnittlich 1 kg in Gramm:

Sorten Eiweißstoffe Fett Milchzucker Mineralstoffe

Rahmkäse 188,4 407,1 10,2 31,0

Backsteinkäse 237,9 327,8 - 29,1

Emmenthalerkäse 294,9 297,5 14,6 49,2

Fettkäse überhaupt 253,5 302,5 14,3 49,7

Halbfette Käse 296,7 239,2 17,9 47,3

Magerkäse 340,6 116,5 34,2 48,7

Sauermilchkäse 366,4 60,3 9,0 40,7

Neben unverändertem Paracaseïn wurden im K. gefunden: Caseoglutin, Peptone, Leucin, Tyrosin, Phenylamidopropionsäure, Milchsäure, Buttersäuren, Ammoniak, Ammoniummagnesiumphosphat u. s. w. Über das im K. hier und da auftretende Gift s. Käsevergiftung.

Statistisches. Das produktivste und an Ausfuhr reichste Land ist die Schweiz. Sie führt jährlich durchschnittlich 23218 t im Werte von 30,7 Mill. M. aus, während die Einfuhr 1892 nur 734 t betrug. Deutschland steht weit zurück und kann bis jetzt seinen Bedarf nicht durch eigene Produktion decken. 1892 betrug die Einfuhr 8271 t im Werte von 11,5 Mill. M. gegen die geringe Ausfuhr von 1359 t (Wert 1,4 Mill. M.). Englands Einfuhr belief sich im selben Jahr dem Werte nach auf 5,42 Mill. Pfd. St. Frankreich führte 12385 t im Werte von 14,9 Mill. M. ein, während die Ausfuhr 6812 t (Wert 6,88 Mill. M.) betrug. Österreich-Ungarn führte 2206 t ein und 386 t aus.

Litteratur. Schatzmann, Käseindustrie von Roquefort (Frankf. a. M. 1879); von Klenze, Handbuch der Käsereitechnik (Brem. 1884); Schatzmann,

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