Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Kaukasische Mauer; Kaukasische Rasse; Kaukasischer Bezirk; Kaukasisches Generalgouvernement; Kaukasische Sprachen

254

Kaukasische Mauer - Kaukasische Sprachen

Orbeliani ein, schlugen die Bergvölker in vielen Gefechten, unterwarfen 1857 die Große Tschetschnja und Kachetien, nahmen 1858 den Argunpaß und erbauten dort, am Haupteingange des Gebirgslandes, die Festung Argunskoje. Im Juni drangen drei russ. Kolonnen weiter vor, während Schamyl gegen Wladikawkas marschierte und den Centralkaukasus zum Aufstande zu bringen versuchte. Aber er wurde vom General Mischtschenko zurückgetrieben, und General Jewdokimow eroberte inzwischen Warandi und Schatoj, worauf die Tschetschenzen bis auf einen Stamm von Schamyl abfielen.

Anfang 1859 vereinigten sich drei russ. Kolonnen unter Jewdokimow am Baßflusse, erstürmten die feste Stellung bei Tausen und bezogen unweit des Schlosses Weden, Schamyls Zufluchtsort, ein Lager. Das stark befestigte Weden, in dem Itschkerischen Bezirk gelegen, wurde von dem Sohne Schamyls, Kasi Mahroma, mit 7000 Mann verteidigt. Am 29. März 1859 begann die Belagerung und am 13. April nahm der General Jewdokimow Weden mit Sturm, dessen Besatzung in die Gebirge geflohen war. Schamyl war nun lediglich auf Dagestan beschränkt, in welches nunmehr 40000 Russen unter Oberleitung des Fürsten Barjatinskij vordrangen. Schamyl stand in fast unangreifbarer Stellung am Koi-su, wo er aber geschlagen wurde. Der Berg Gunib war seine letzte Zufluchtsstätte. Am 4. Sept. begannen die Angriffsarbeiten der Russen, und bereits 6. Sept. ergab sich Schamyl. Der Osten des Kaukasus lag nun zu den Füßen Rußlands, man konnte sich jetzt gegen den Westen wenden. Die Operationen (Frühjahr 1864-65) endeten hier mit der Unterwerfung der Tscherkessen.

Wenn sich auch nun in der Folge die russ. Herrschaft im Kaukasus immer mehr befestigte, so bedurfte es doch nur eines Anstoßes, um das alte Unabhängigkeitsgefühl der kaukas. Völkerschaften wieder erwachen zu lassen. Einen solchen Anstoß bot der Russisch-Türkische Krieg von 1877 bis 1878. Schon 1876 waren türk. Aufwiegler unter den Bergvölkern aufgetaucht. Es war ihnen ein Leichtes, Unruhen unter den Tschetschenzen, in Abchasien, in Dagestan anzufachen, die durch Landungsversuche der Türken zu hellen Flammen emporloderten. So beschoß 3. Mai 1877 ein türk. Schiff Poti; 16. Mai wurde Suchum-Kale beschossen, und einige türk. Truppen landeten hier; 23. Mai fand eine größere Landung ausgewanderter Tscherkessen bei Adler (116 km nordwestlich von Suchum-Kale) statt. Nur durch die Besetzung der aus Abchasien nach den Tschetschenzen-Ansiedelungen führenden Pässe gelang es den Russen, einen allgemeinen Aufstand der Bergvölker zu verhindern. Gegen die unter Taski-Pascha eingedrungenen 14000 Mann mußten die Russen Truppen aus dem Innern heranziehen. Am 27. Juni wurden die vereinigten Türken und Abchasen bei Aschanodschir geschlagen und 30. Juni der Hauptsitz der Aufständischen, das Dorf Assacho, gewonnen. Die Abchasen und Tschetschenzen waren niedergeworfen. Die flüchtigen Führer zettelten aber von neuem in Dagestan einen Aufstand an, der erst nach der Sprengung einer Bande von 6000 Mann und der Niederwerfung 4000 Aufständiger 30. Sept. und 4. Okt. unterdrückt wurde.

Kaukasische Mauer, s. Derbent.

Kaukasische Rasse (Varietas Caucasia), durch Joh. Friedr. Blumenbach (s. d.) eingeführte Bezeichnung für die weiße Rasse, zu der die Bewohner Europas, mit Ausschluß der Samojeden, Lappen, Finnen, Magyaren und Türken, sowie auch die Bewohner des südl. Asiens und des nördl. und nordöstl. Afrikas gehören. Der Name ist nicht etwa davon hergenommen, daß Blumenbach den Kaukasus für den Ursitz, gleichsam die Wiege dieser Varietät hält, sondern davon, daß er die im Kaukasus vorhandenen Stämme, namentlich die Georgier, als den reinsten und echtesten Typus dieses Menschenschlags betrachtete. Um dieser öfter eingetretenen Verwechselung vorzubeugen, wurde von Fr. Müller im Hinblick darauf, daß die zu dieser Rasse gehörenden Völker am Mittelmeer ihre höchste Entwicklung und weltgeschichtliche Stellung erlangt hatten, an Stelle des obigen Ausdrucks die Bezeichnung Mittelländische Rasse vorgeschlagen, die von den meisten Ethnologen (Peschel, Hellwald u. a.) angenommen wurde und gegenwärtig im Sinne der K. R. Blumenbachs im Gebrauch ist. (S. Mensch.)

Kaukasischer Bezirk, Bezirk im östl. Teil des russ.-ciskaukas. Gebietes Kuban, hat 12858 qkm, 189042 E.; der Sitz der Verwaltung befindet sich in Tichorezkaja Staniza.

Kaukasisches Generalgouvernement, s.Kaukasien

Kaukasische Sprachen, im engern Sinne die Sprachen der kaukas. Bergvölker, deren systematische Erforschung noch nicht abgeschlossen und deren genaue Gruppierung und Einordnung in die für diese Bergvölker (s. Kaukasusvölker) angenommene Einteilung noch nicht möglich ist. Um einen sichern Boden für die Gruppierung der K. S. zu gewinnen, hat General von Erckert während seiner Reisen im Kaukasus ein begrenztes, gleichmäßiges Sprachmaterial in 42 Dialekten gesammelt, und diese Sammlungen ermöglichen ihm, ein Bild der Zusammengehörigkeit der Sprachen und Dialekte des Kaukasus zu gewinnen. Nach seinen Forschungen zerfallen die K. S. in fünf gesonderte Sprachfamilien: I. Die Lesghischen sprachen (21 Hauptsprachen in vier Gruppen): a. die Westgruppe: 1) die Awarische Sprache (fünf Dialekte), 2) die Andische Sprache (zwei Dialekte), 3) die Karatinische Sprache, 4) die Didoische Sprache; b. die Mittelgruppe: 5) die Lakische oder Kasikümikische Sprache; c. die Nordostgruppe: 6) die Barkunische oder Burkunische Sprache (zwei Dialekte), 7) der Kubatschinische Dialekt, 8) der Mürinische Dialekt, 9) der Karakaitachische Dialekt, 10) die Akuschinische Sprache, 11) der Chürtilische Dialekt; d. die Südostgruppe: 12) die Udische Sprache, 13) die Kürinische Sprache, 14) die Rutulische Sprache, 15) die Tsacharische Sprache, 16) die Agulische Sprache (zwei Dialekte), 17) die Tabasserinische Sprache (zwei Dialekte), 18) die Buduchische Sprache, 19) die Dschekische Sprache, 20) die Chinalutische Sprache, 21) die Artschinische Sprache. II. Die Tschetschenische Sprache (zwei Dialekte). III. Die Tscherkessische Sprache: 1) der Abadsechische Dialekt, 2) der Kabardinische Dialekt, 3) der Schapsugische Dialekt. IV. Die Abchasische Sprache. V. Die Karthwelischen oder Iwerischen Sprachen: 1) die Georgische oder Grusinische Sprache (vier Dialekte), 2) die Mingrelische Sprache, 3) die Lasische Sprache, 4) die Swanetische Sprache. Die Sprachen der kaukas. Bergvölker bieten lautlich und morphologisch so zahlreiche Eigentümlichkeiten, daß ihre Einordnung in eine der landläufigen Sprachkategorien nicht thunlich erscheint.

Außer diesen im engern Sinne K. S. sind noch eine ganze Anzahl anderer Idiome im Kaukasus ver-

Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.