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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Kiel

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Kiel (botanisch) - Kiel (Stadt)

Kiel oder Schiffchen, die beiden vordern Blumenblätter in der Schmetterlingsblüte (s. Leguminosen), die entweder bloß zusammengeneigt oder auch miteinander verwachsen sind.

Kiel, der unterste Balken eines Schiffs, der vom vordern bis zum hintern Ende des Schiffs geht und die Grundlage des ganzen Gebäudes ist, daher man poetisch K. für Schiff sagt. Bei eisernen Schiffen wird der K. durch Eisenplatten gebildet. Auf den K. stoßen vorn und hinten der Vor- und Hintersteven des Schiffs, welche die Begrenzung des Rumpfes bilden. Große eiserne Schiffe, namentlich Panzerschiffe, haben häufig keinen eigentlichen K., erhalten statt dessen von jeder Seite in der Kimmung einen oder zwei Seitenkiele, die auch Schlängerkiele genannt werden, weil sie die Bewegungen des Schlängerns mäßigen sollen. Kielgang ist der Plankengang zunächst dem K. Loskiel ist eine Plankenlage unter dem K., die ihn bei Grundberührungen schützen soll, dabei selbst «los» gehen darf, ohne das Schiff zu schädigen.

Kiel. 1) Landkreis, ohne die Stadt K., im preuß. Reg.-Bez. Schleswig, hat 704,38 qkm, (1890) 51147 (26728 männl., 24419 weibl.) E., 1 Stadt, 76 Landgemeinden und 16 Gutsbezirke. Sitz des Landratsamtes ist Bordesholm. – 2) K., Stadt und Stadtkreis (15,47, mit der Gemeinde Wik 20,62 qkm), 16 m über der Ostsee, am Südende der 15 km langen Kieler Föhrde (s. S. 326 a), einem Meerbusen der Ostsee, an dessen westl. Ufer sich die schöne städtische Waldung Düsternbrook hinzieht, und hatte 1880: 43594, 1885: 51706, 1890: 69172 (36624 männl., 32548 weibl.) E., darunter 65663 Evangelische, 2724 Katholiken, 346 andere Christen und 350 Israeliten. Die 1. April 1893 einverleibte Gemeinde Wik hatte (1890) 1380 E. In Garnison liegen das 3. Bataillon des Infanterieregiments Herzog von Holstein Nr. 85, das 1. Seebataillon, die 1. Torpedoabteilung und die 1. Matrosendivision. Rechnet man zu der Einwohnerzahl von 70552 noch diejenigen der benachbarten Ortschaften, welche durch wirtschaftliche Interessen mit K. verbunden sind, nämlich Gaarden (Kreis Plön, 10452), Gaarden (Landkreis K., 1414), Ellerbek (3365), Wellingdorf (1657), Neumühlen (882), Dietrichsdorf (2531) und Hassee (1579), so ergiebt sich eine Einwohnerzahl für Groß-Kiel von 92432 E. (Hierzu ein Situationsplan: Kiel und Kieler Föhrde.)

^[Abb. Wappen von Kiel]

Gebäude. K. hat sechs Kirchen, darunter zwei katholische: in der Altstadt die Nicolaikirche (1241) mit Schnitzaltar, ferner das Museum für Völkerkunde und die Kunsthalle, das ehemalige Schloß der Herzöge von Holstein-Gottorp, 1838 nach einem großen Brande neu hergestellt, jetzt Wohnsitz des Prinzen Heinrich von Preußen, das Schleswig-Holsteinische Museum vaterländischer Altertümer, am Nordende des Schloßgartens das neue Universitätsgebäude, in der Nähe die Universitätsbibliothek und das Zoologische Institut und dem Bahnhof gegenüber das Thaulow-Museum mit der 1875 von Professor Thaulow in K. (gest. 1883) der Provinz geschenkten Sammlung schleswig-holstein. Holzschnitzwerke aus dem 16. und 17. Jahrh.

Verwaltung, Finanzen. Die Stadt wird verwaltet von einem Oberbürgermeister (Fuß, 10000 M.), einem Bürgermeister (Lorey, 8000 M.), zusammen 9 Magistratsmitgliedern (5 besoldete) und 24 Stadtverordneten und hat eine ständige Feuerwache, städtische Wasserleitung, Kanalisation, Gasanstalt, Desinfektionsanstalt (1891), Straßen-Reinigungsanstalt (1892) und einen Schlachthof (1887). Die städtischen Einnahmen betrugen (1892/93) ohne die Kassenbestände aus Vorjahren (704032 M.) 3,529 Mill. M., die Ausgaben 3,558 Mill. M., die Schulden (1. April 1893) 8,85 Mill. M.

Behörden. K. ist Sitz eines Oberlandesgerichts für die Provinz Schleswig-Holstein und Helgoland (Landgerichte Altona, Flensburg, K.), eines Landgerichts mit 22 Amtsgerichten, eines Amtsgerichts (zugleich Schiffsregisterbehörde), des Landesdirektors für die Provinz, eines evang.-luth. Konsistoriums, Medizinalkollegiums, Aichungs-, Hauptzoll-, Katasteramtes, einer königl. Steuerkasse, kaiserl. Kanalkommission, Oberpostdirektion, eines Betriebsamtes der preuß. Eisenbahndirektion Altona, der Versicherungsanstalt für Schleswig-Holstein, einer Reichsbankstelle, Handelskammer, der 8. Festungsinspektion und zahlreicher kaiserl. Marinebehörden, nämlich der Marinestation der Ostsee und der Intendantur derselben, der Inspektionen der Marine-Infanterie und des Torpedowesens, einer Schiffsprüfungskommission, eines Hafenkapitanats, der Direktion des Bildungswesens der Marine sowie des Kommandos der 1. Werftdivision.

Bildungs- und Vereinswesen. Die Christian-Albrechts-Universität ist 1665 von Herzog Christian Albrecht gegründet. 1768 wurde ein neues Universitätsgebäude errichtet, und dieses wiederum durch das im Okt. 1876 eingeweihte ersetzt. Die Zahl der Docenten betrug (Wintersemester 1893/94) 90, einschließlich 2 Lektoren und 3 Lehrer der Künste, der Studierenden 504. Die Bibliothek hat 192500 Bände, 2000 Inkunabeln, 2350 Handschriften. Zur Universität gehören ferner die Museen vaterländischer Altertümer und für Völkerkunde. – Ferner hat K. ein königl. Gymnasium, 1320 gegründet, eine städtische Oberrealschule, höhere Mädchenschule, eine Marineakademie und -Schule, Maschinisten-, Steuermanns- und Torpedoschule; eine Historische Gesellschaft, einen Naturwissenschaftlichen Verein, Kunstverein, Landwirtschaftlichen Generalverein für Schleswig-Holstein, Gesellschaft freiwilliger Armenfreunde (1793) sowie zahlreiche andere Vereine.

Wohlthätigkeitsanstalten. Außer den zur Universität gehörigen Heilanstalten die Provinzialblindenanstalt, das Marinelazarett, das städtische Armen- und Krankenhaus, Damenstift aus Dankbarkeit, Kaiser-Wilhelms-Stift, das Stadtkloster für Arme und die Idiotenanstalt.

Industrie und Gewerbe. Die Industrie erstreckt sich gleichwie in den benachbarten Orten Gaarden (s. d.) und Ellerbek (s. d.), wo sich die kaiserliche und die Germaniawerft sowie die Howaldtswerke befinden, hauptsächlich auf den Bau eiserner und hölzerner Schiffe und die Fabrikation von Maschinen und Geräten für dieselben. Die Kieler Dockgesellschaft dockte (1892) 152 Schiffe mit 409 Stehtagen. Ferner bestehen noch mehrere kleinere Schiffbauanstalten, Maschinenfabriken (C. Daevel für Dampf-, Gas- und Benzinmotoren mit 104 Arbeitern) und Fabriken zur Herstellung von Bau- und Haushaltungsartikeln, Geldschränken, Rettungsapparaten, elektrischen Anlagen, Papier (Rastorfer Mühle), Goldleisten, Seife und Spiritus. Hervor- ^[folgende Seite]

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