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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kirchenjurisdiktion - Kirchenlied

Judica, Palmarum (s. die Einzelartikel). Der letztere, als Tag des Einzugs Jesu in Jerusalem, eröffnet die Leidens- oder Karwoche, die nach dem Gründonnerstag (s. d.) im Karfreitag (s. d.) gipfelt und mit dem Karsamstag (Stillen Sonnabend), als der Zeit der Grabesruhe und des Hingangs Jesu in das Reich der Toten, abschließt und Ostern, das Siegesfest über Leiden und Tod, vorbereitet. Die Zeit vom nächsten Sonntag bis zum Trinitatissonntag bildet den Pfingstkreis. Dieser gilt der Feier des auferstandenen Christus und seiner fortdauernden Wirksamkeit für die Gemeinde. Ihm gehören die Sonntage Quasimodogeniti, Misericordias Domini, Jubilate, Cantate, Rogate und Exaudi an. Vor dem letztgenannten, 40 Tage nach Ostern (Apostelgesch. 1, 3), liegt das Fest der Himmelfahrt Jesu, 10 Tage nach diesem Pfingsten, das Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes. Der nächste Sonntag faßt als Trinitatisfest oder Fest der heiligen Dreieinigkeit den Inhalt der drei Festkreise, d. h. die Liebe Gottes, der als Vater den Sohn zum Erlösungswerke sendet, als Sohn dasselbe vollbringt und als Heiliger Geist es den Gläubigen zueignet, in eins zusammen und schließt so mit dem Pfingstkreise zugleich die festliche Hälfte des K. ab. Dessen zweite Hälfte, ohne kirchliche Hauptfeste, hat in ihren Sonntagsgottesdiensten die Entfaltung des Lebens Christi in der Gemeinde, d. h. das christl. Leben nach seiner Bethätigung und Bewährung in dem mannigfaltigen Reichtum der irdischen Verhältnisse zur Darstellung zu bringen. Was diesen wenigstens 23, höchstens 27 Sonntagen nach Trinitatis oder Trinitatissonntagen an festlicher Weihe abgeht, wird ersetzt durch das immer aufs neue angeregte Bewußtsein der Gemeinde, daß der christl. Glaube dem ganzen Leben eine himmlische Weihe giebt. - In der griech. Kirche beginnt das K. mit dem Feste Epiphania, in England mit Mariä Verkündigung (25. März). - Vgl. Bobertag, Das evangelische K. (Bresl. 1853); Alt, Der christl. Kultus, 2. Abteil. (Berl. 1860); F. A. Strauß, Das evangelische K. in seinem Zusammenhange dargestellt (2. Aufl., ebd. 1891).

Kirchenjurisdiktion, soviel wie Geistliche Gerichtsbarkeit, s. Gerichtsbarkeit, geistliche.

Kirchenkantate, s. Kantate.

Kirchenkasten, soviel wie Gotteskasten (s. d.).

Kirchenkollekte, s. Kollekte.

Kirchenkonferenz, Eisenacher, s. Eisenacher Kirchenkonferenz.

Kirchenkonzert, s. Konzert.

Kirchenlamitz, Markt im Bezirksamt Wunsiedel des bayr. Reg.-Bez. Oberfranken, an der Lamitz, im Fichtelgebirge und an der Linie Wiesau-Hof der Bayr. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Hof), hat (1890) 2095 E., darunter 39 Katholiken, Postexpedition, Telegraph, ein Schloß, Schloßruine Epprechtstein; bedeutende Granitbrüche und -Industrie, Dampffärberei, Baumwollweberei, bedeutenden Hopfen- und Kartoffelbau.

Kirchenlehen, eins zu Lehn gegebene Kirchensache. Eine solche Verleihung ist zulässig, wenn sie unter Beobachtung der für die Veräußerung von Kirchensachen vorgeschriebenen Formen erfolgt.

Kirchenlehrer (lat. doctores ecclesiae), nach kath. Sprachgebrauch zu unterscheiden von den Kirchenvätern (s. d.) als die hervorragendsten Träger der reinen Lehre unter den letztern selbst sowie unter den Theologen des Mittelalters. Von alten Theologen zählt die röm.-kath. Kirche zu ihnen die Lateiner Ambrosius, Augustinus, Hieronymus, Leo d. Gr., Gregor d. Gr., Hilarius; die Griechen Athanasius, Basilius, Gregor von Nazianz, Chrysostomus, Cyrillus von Alexandria; von spätern Theologen gehören zu den K. Johannes Chrysorrhoas (Damascenus), Thomas von Aquino, Bonaventura, Bernhard von Clairvaux u. a.

Kirchenlied oder geistliches Lied, das Lied, das zur Erbauung der Gemeinde in der Kirche oder überhaupt bei einer gottesdienstlichen Feier gesungen wird. Das älteste christliche K. ging aus der Nachbildung der alttestamentlichen Psalmen hervor, die selbst vielfach in der christl. Kirche gottesdienstlich gebraucht wurden. Daneben werden Hymnen (s. d.) erwähnt (Kol. 3, 16; Eph. 5, 19). In der griech. Kirche traten (außer dem Häretiker Arius) besonders Gregor von Nazianz, Chrysostomus, Basilius d. Gr. und Synesius, in der lateinischen Ambrosius, Hilarius von Poitiers, Gregor d. Gr., Venantius Fortunatus, Prudentius u. a. als geistliche Dichter auf. Die mittelalterliche Frömmigkeit brachte eine große Anzahl geistlicher Lieder in lat. Sprache, zum Teil von ergreifender Schönheit hervor. Unter den Dichtern sind namentlich Petrus Damiani, Bernhard von Clairvaux, Thomas von Celano (Dichter des "Dies irae"), Jakobus de Benedictis, Jacoponus von Todi (Dichter des "Stabat mater") u. a. zu nennen. Aber alle diese lat. Lieder blieben dem Volke fremd. Den Anfang der deutschen geistlichen Volkslieder bezeichnen die Leisen (s. d.), die ihre Stelle aber mehr außerhalb der Kirchen hatten.

Erst die Reformation ist die Mutter des deutschen K. geworden. Die ersten evangelischen K. dichtete Luther selbst, dem wir 37 Gesänge verdanken, und Paul Speratus. Bald folgten andere nach, wie Nik. Decius, Joh. Graumann, Erasmus Alberus, Joh. Matthesius, Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, Nik. Selneccer, Mart. Schalling, Phil. Nicolai, Nik. Hermann, Barthol. Ringwaldt, Ludw. Helmbold, Kaspar Bienemann (Melissander) u. a. Die K. der Reformationszeit sind von der frischesten religiösen Begeisterung und ursprünglichen Kraft und Sicherheit des Glaubens getragen. Daher die unerreichte Kraft und Volkstümlichkeit ihrer Sprache. Schärfer tritt das Dogmatische als solches, die "reine Lehre", im Gegensatze zu anderweiten theol. Anschauungen in den Liedern seit Ende des 16. und im 17. Jahrh. hervor. In den Nöten des Dreißigjährigen Krieges nahm das K. einen neuen Aufschwung. Nächst Fleming ist besonders Paul Gerhardt zu nennen, in dessen Liedern die geistliche Dichtung jener Zeit ihren Höhepunkt erreicht. Ihnen zur Seite stehen Johs. Heermann, Simon Dach, Heinr. Albert, Luise Henriette von Brandenburg und Georg Neumark. Außerdem sind zu nennen Joh. Rist, Martin Rinckhart, Andr. Gryphius, Justus Gesenius, Dav. Denike, Mich. Schirmer, Joh. Frank, Christ. Keymann, Tobias Clausnitzer, Amalie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt, Anna Sophie, Landgräfin von Hessen. Seit Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrh. nimmt eine spielende, süßliche, in subjektiver Empfindung schwelgende Richtung überhand, die oft in Empfindelei ausartet, mit der ganzen Wendung des geistigen Lebens jener Zeit zusammenhängt und ihren kirchlichen Ausdruck im Pietismus findet. Der frühern bessern Zeit gehören an Löscher, Spener, Schmolke, Neumeister, Joh. Kasp. Schade, Tersteegen. Joachim Lange, Joh. Anast. Freyling-^[folgende Seite]

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