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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kleinrußland - Kleist (Ewald Christian von)

denten (M. Schaschkewitsch, J.^[Jakow] Golowazkij u. a.), die "Rusalka vom Dnjestr", wurde 1837 in Pest gedruckt, aber in Galizien verboten. Diesem ersten Versuch folgten andere, bei denen aber die Volkssprache nicht zu ihrem Recht kam. Mit 1848 schien eine neue Zeit gekommen. Es entstanden Vereine zur Wahrung der Volksinteressen und Hebung der Volksbildung, in Lemberg wurde eine russ. Professur gegründet, der russ. Unterricht auf ostgaliz. Gymnasien eingeführt u. s. w. Die Entwicklung der Litteratur wurde gehemmt durch den Mangel einer einheitlichen Schriftsprache. Von den in der Volkssprache schreibenden Schriftstellern ist der bedeutendste Joseph Fedkovič (s. d.) aus der Bukowina. Trotz dieser ungünstigen Verhältnisse hat das geistige Leben der galiz. und bukowinaer Russen in den letzten 20 Jahren einen großen Aufschwung gewonnen. Kleinruss. Lehrkanzeln an den Universitäten Lemberg und Czernowitz, Einführung des Kleinrussischen in den Lehrplan der Schulen, Seminarien und Gymnasien, die Thätigkeit der litterar. Gesellschaften "Proswita" und "Schewtschenkoverein", der Abgeordneten im Land- und Reichstag, der Journalistik, eines ständigen Theaters haben das nationale Selbstbewußtsein in einer Weise gehoben, daß fortan von einer Unterdrückung des Volks und seiner Litteratur nicht mehr die Rede sein kann. - Ausführliche Darstellung namentlich der modernen Litteratur enthält: Ogonowskij, Geschichte der K. L. (in kleinruss. Sprache, 3 Tle., Lemberg 1887-93); Petrov, Skizzen aus der Geschichte der ukrain. Litteratur des 19. Jahrh. (russ., Kiew 1884). Von Sammlungen kleinruss. Volkslieder, die in epische (dumy) und lyrische Lieder zerfallen und mit zu der schönsten slaw. Volksdichtung gehören, zeichnen sich durch treue Wiedergabe besonders aus die von Antonowitsch und Dragomanow, "Histor. Lieder des kleinruss. Volks" (2 Bde., Kiew 1874-75). Märchen und Sagen sind gesammelt von Rudtschenko, Dragomanow u. a. Die bedeutendste Leistung auf dem Gebiete der kleinruss. Volkskunde sind aber die großartigen und vielseitigen Arbeiten (Trudy) der von der kaiserl. russ. Geographischen Gesellschaft ausgerüsteten Expedition in das westruss. Gebiet: "Materialien und Abhandlungen", gesammelt von Tschubinskij (7 Bde., Petersb. 1872-78). Die größte galiz. Volksliedersammlung ist die von J.^[Jakow] Golowazkij.

Kleinrußland, russ. Malorossija, auch wohl Ukraine (s. d.) im weitern Sinne genannt, im Gegensatz zu Großrußland, ein von diesem, den ehemals poln. Provinzen und Neurußland umgebener Landstrich im südwestl. Teil des europ. Rußland, umfaßt die Gouvernements:

Gouvernements qkm Einwohner E. auf 1 qkm

Kiew 50999,5 3026036 59,3

Charkow 54495,2 2343808 43,0

Tschnernigow 52402,3 2182627 41,6

Poltawa 49896,3 2780302 55,7

^[Additionslinie]

Zusammen 207793,3 10332773 49,9

Über die Vereinigung K.s mit dem Russischen Reiche s. Rußland (Geschichte).

Klein-Salvadōr, eine der Bahama-Inseln (s. d.).

Kleinsche Lösung, s. Petrographie.

Kleinschmetterlinge (Microlepidoptera) oder Kleinfalter, zusammenfassende Bezeichnung für die Zünsler, Wickler, Motten und Federmotten (s. diese Artikel). Sie unterscheiden sich in keinem wesentlichen Punkte ihrer Organisation von den Großschmetterlingen, und die Trennung der Ordnung der Schmetterlinge (s. d.) in diese beiden Abteilungen ist eine rein willkürliche und mehr gewohnheitsmäßige, bei der eigentlich bloß auf die Größenverhältnisse Rücksicht genommen ist.

Kleinseite, Bezirk von Prag (s. d.).

Kleinspecht, in vielen Gegenden Deutschlands Name des kleinen Buntspechts. (S. Spechte.)

Kleintibet, s. Baltistan.

Kleintrianon, s. Trianon.

Kleinvieh, s. Großvieh.

Kleinvögel, s. Halbvögel.

Kleinwächter, Friedr., Nationalökonom, geb. 25. Febr. 1838 zu Prag, studierte daselbst und habilitierte sich 1866 an der dortigen Universität. 1871 wurde er Lehrer an der landwirtschaftlichen Lehranstalt Liebwerd bei Tetschen-Bodenbach in Böhmen, 1872 ord. Professor am Polytechnikum in Riga, 1875 an der neugegründeten Universität Czernowitz. Er schrieb außer verschiedenen Abhandlungen in Zeitschriften: "Zur Reform der Handwerksverfassung" (Berl. 1875), "Die Nationalökonomie als Wissenschaft und ihre Stellung zu den übrigen Disciplinen" (ebd. 1883), "Die Kartelle" (Innsbr. 1883), "Die Grundlagen und Ziele des sog. wissenschaftlichen Socialismus" (ebd. 1885), "Die Staatsromane" (Wien 1891).

Klein-Waidwerk, soviel wie niedere Jagd (s. Hohe Jagd).

Kleinwelka, Herrnhuterkolonie, s. Bautzen.

Klein-Windhoek, s. Deutsch-Südwestafrika.

Kleinzirpen (Cicadellidae), Familie der Zirpen, zu der die meisten europ. Arten gehören, sind klein, haben frei vortretenden Kopf, dreigliedrige Fühler und lederartige Vorderflügel. Hierher gehört die Schaumzirpe (s. d.).

Kleio (Klio), eine der Musen (s. d.).

Kleist, Ewald Christian von, Dichter, geb. 3. März 1715 zu Zeblin bei Köslin in Pommern, besuchte die Jesuitenschule zu Deutsch-Krone, dann das Gymnasium zu Danzig und studierte seit 1731 in Königsberg die Rechte, Philosophie und Mathematik, ging dann nach Dänemark und ward 1736 dän. Offizier. Von Friedrich II. 1740 reklamiert, mußte er in preuß. Dienste treten und wurde Lieutenant bei dem Regiment des Prinzen Heinrich in Potsdam, wo er durch Gleim zum Dichten angeregt wurde. Im ersten Schlesischen Kriege zeichnete er sich in der Schlacht von Mollwitz und bei der Belagerung von Neisse vorteilhaft aus. 1749 wurde er Stabskapitän, 1751 Hauptmann und 1757 als Major zu dem Hausenschen Regiment versetzt. In der Schlacht bei Kunersdorf 12. Aug. 1759 wurde ihm bei dem heldenmütigen Angriff auf eine feindliche Batterie durch einen Kartätschenschuß das rechte Bein zerschmettert. Erst am andern Tage ließ ihn ein russ. Offizier nach Frankfurt a. O. bringen, wo er 24. Aug. starb. Am bekanntesten ist K. durch sein Gedicht "Der Frühling", das, zuerst 1749 bloß für die Freunde des Verfassers gedruckt, viele Auflagen erlebte (neueste Aufl., Berl. 1821). Zwar herrscht kein durchgehender bedeutender Gedanke vor, vielmehr sind nur einzelne Bilder aneinander gereiht, aber die Natur ist hier mit wahrhaft dichterischem Sinne geschildert. Auch seine andern Gedichte (Oden, Elegien, Lieder, vortreffliche

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