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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Knochen

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Knochen

wird. Der innere K. (malleolus internus), welcher nicht so weit herabreicht als der äußere, ist eine unmittelbare Fortsetzung des Schienbeins, der äußere K. (malleolus externus) hingegen das untere Ende des Wadenbeins. Durch straffe Bänder wird der knöcherne Fuß in einer festen Gelenkverbindung mit der Gelenkgabel gehalten. (S. Tafel: Die Bänder des Menschen, Fig. 9.) Hinter und unter den K. verlaufen die an den Fuß sich ansetzenden Sehnen der Wadenmuskeln, sowie Blutgefäße. Bricht ein K. ab, so geht der Fuß aus seiner Gelenkverbindung und erfordert sorgsame Behandlung. Auch die Dehnung der Bänder am Fußgelenk infolge eines falschen Trittes (sog. Vertreten oder Verstauchen des Fußes) ist sehr schmerzhaft und erheischt nicht selten ein längeres Krankenlager. (S. Verstauchen.)

Knochen (Ossa), die festesten Teile des Körpers des Menschen und der meisten Wirbeltiere, welche als Gerüst für die weichen Teile desselben, als Befestigungspunkte der meisten Muskeln und als passive Bewegungsorgane dienen und zum Teil auch zartere innere Gebilde schützend umgeben. Ihrer Gestalt nach teilt man die K. ein in lange oder Röhrenknochen, wie die meisten K. der Gliedmaßen, welche aus einem kompakten, im Innern die Markhöhle und das Knochenmark enthaltenden Mittelstück (eigentliche Röhre oder Diaphyse) und zwei kurzen, mit überknorpelten Gelenkflächen versehenen Endstücken (Epiphysen oder Apophysen) bestehen; in platte oder breite K., welche meist aus zwei Lagen fester Substanz bestehen, zwischen denen sich eine der Dicke des K. nach verschieden starke Schicht schwammigen Knochengewebes (sog. Diploë) findet, wie die Schulterblätter, die meisten Kopf-, Gesichts- und Beckenknochen; endlich in dicke, kurze oder gemischte K., welche von sehr verschiedener, meist unregelmäßig würfeliger Gestalt sind, wie die Wirbel, die Hand- und Fußwurzelknochen. Verbunden sind die K. untereinander entweder beweglich durch die Gelenkbänder (s. Gelenk), oder unbeweglich durch Nähte (gezackte, ineinander greifende Knochenränder, Knochennähte), wie die Kopfknochen, oder durch feste Bandmassen (s. Bänder). Das Ganze der K. zusammengenommen nennt man Knochensystem, und es enthält dasselbe mit Ausschluß der 32 Zähne 213 K. Von den einzelnen Körperteilen enthalten der Kopf 28, der Rumpf 53, die obern Gliedmaßen je 34, die untern je 32 K. Sie genau zu beschreiben ist Aufgabe der Knochenlehre oder Osteologie (s. d.), welche einen wichtigen Teil der deskriptiven Anatomie (s. d.) bildet.

Die Gesamtheit der von den Weichteilen befreiten K. heißt das Gerippe, Knochengerüst oder Skelett (s. d.), an welchem man, vorausgesetzt, daß es einem regelmäßig gebauten Menschen angehörte, eine vollkommene Symmetrie wahrnimmt, und zwar so, daß alle K., die nicht in der Mittellinie des Körpers liegen, paarig und auf beiden Seiten gleich gebildet sind. Bei einem Erwachsenen von mittlerer Größe besitzt das Skelett im vollkommen ausgetrockneten Zustande durchschnittlich ein Gewicht von 5 kg. Die Gestalt der einzelnen K. hängt so innig mit dem Bau und der Thätigkeit des ganzen Körpers zusammen, daß der Kundige aus der Form des K. erkennt, welcher Klasse das Tier angehört und wie es im übrigen beschaffen ist. Nicht alle Tiere besitzen K., sondern nur die Wirbeltiere, und auch diese nicht alle, sofern als das Skelett der Knorpelfische nicht aus K., sondern aus Knorpel besteht. Die organische Grundsubstanz der K. besteht aus dem sog. Knochenknorpel, einer knorpelähnlichen, biegsamen und elastischen organischen Substanz, welche mit unlöslichem, phosphorsaurem Kalk (Knochenerde) auf das innigste durchtränkt ist. Dieser Einlagerung der Knochenerde verdankt der K. seine Festigkeit, Härte und Schwere; entzieht man dem K. die Salze durch Säuren, so hinterbleibt in der ursprünglichen Form des K. der elastische, biegsame Knorpel, welchen man weiterhin leicht durch Kochen in Leim umwandeln kann. Jeder K. ist an seiner Oberfläche mit einer außerordentlich festen, fibrösen, der Knochenoberfläche überall innig anliegenden Haut, der Bein- oder Knochenhaut (Periosteum), überzogen, von welcher aus die Ernährung, das Wachstum in die Dicke sowie die meisten Erkrankungen der K. ausgehen. Das Längenwachstum der Röhrenknochen erfolgt von den Endstücken derselben, den sog. Epiphysen aus, von deren Knorpelscheiben bis zur Vollendung des Knochenwachstums beständig Knochenmasse neu gebildet und an die Enden des Mittelstücks angesetzt wird, wodurch das letztere immer länger wird. Beim Neugeborenen besteht der K. noch größtenteils aus Knorpel (s. d.), welcher sich nur allmählich durch Ablagerung von Kalksalzen in Knochengewebe umwandelt. Das Innere der K., sowohl die Höhlen der Röhrenknochen als die spongiöse (schwammige) Substanz (s. Spongiosa) der kurzen und glatten K., ist mit einer weichen, rötlichen oder gelben, fettreichen Masse, dem Knochenmark, erfüllt, welches nicht bloß als Schutz- und Fixierungsmittel der in den K. eintretenden Blutgefäße, sondern auch als Bildungsstätte der weißen Blutkörperchen dient (s. Blut, Bd. 3, S. 159 a) und bei allen entzündlichen Affektionen der K. eine wichtige Rolle spielt. Hinsichtlich seiner feinern mikroskopischen Struktur unterscheidet man am Knochengewebe eine gelbliche, konzentrisch geschichtete, mit Kalksalzen imprägnierte Grund- oder Intercellularsubstanz, welche von zahlreichen feinsten Gefäßkanälchen, den sog. Haversischen Kanälchen (entdeckt von dem engl. Anatomen Havers im 17. Jahrh.), nach allen Richtungen durchzogen ist, und zahlreiche kleinste sternförmige, durch zarte Ausläufer miteinander verbundene länglichrunde Hohlräume, die sog. Knochenzellen oder Knochenkörperchen, welche in ganz regelmäßiger Anordnung in der Grundsubstanz eingebettet sind und die Ernährung des Knochengewebes vermitteln.

Für die Technik haben die K. Bedeutung. Durch Auskochen oder besser durch Ausziehen mit Benzin wird das Knochenfett, Knochenöl oder Klauenfett gewonnen, das, durch Umschmelzen und Filtrieren gereinigt, seiner Dünnflüssigkeit wegen als Schmieröl für Uhren, Maschinenteile u. s. w. vorzüglich ist. Die entfetteten und gebleichten K. werden zu Drechslerwaren verarbeitet (s. Knochenbearbeitung), während die Rückstände sowie die zur Verarbeitung nicht geeigneten K. zu Knochenmehl (s. d.) vermahlen werden. Aus der durch Auskochen der K. gewonnenen knorpeligen Substanz wird Glutin (s. d.) hergestellt. Die Knochenasche, weißes Spodium (an der Luft verbrannte K.), besteht zur Hauptsache aus Calciumphosphat neben Magnesiumphosphat, Calciumcarbonat und Fluorcalcium. Es dient in der Glasfabrikation zur Erzeugung des Milchglases (Beinglas, Knochenglas), ferner

^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]