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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kontermine - Kontierung
Kontermine, Gegenmine, im Militärwesen,
s. Mine. In der Börsensprache bezeichnet K. die-
jenige Spekulationspartei (Baissiers, Fixer) im Zeit-
geschäft, welche auf einen bestimmten Termin Waren
oder Effekten "in dianco" oder "3. äecouvert" ver-
kauft, um sich später zu "decken" <s. Fixen). Die K.
stützt ihre Operationen auf die Vermutung, daß bis
zur Erfüllung des "Engagements", d. i. in diesem
Aalle bis zur Lieferungsverpflichtung bez. zu diesem
Zeitpunkt das Angebot größer als die Nachfrage sein
wird. Sie spekuliert mithin auf einen Rückgang der
Kurse, den sie durch ihre "Abgaben in dianco" sogar
mit hervorzurufen sucht und auch als eine wohl zu
beachtende Warnung vor Überspekulationen gleich-
sam anzuzeigen pflegt. Andererseits aber schasst sie
durch ihr "Deckungsbedürfnis" bei rückläufiger Kurs-
bewegung und fallenden Preisen eine Nachfrage
nach den durch die Geschäftsstockung entwerteten
Waren und Effekten, wodurch sie ganz besonders in
Zeiten von Börsen- und Handelskrisen, eines sog.
"Krachs", einem übermäßigen Kurssturz der in
Frage kommenden Werte vorbeugt. Sie vermindert
hierdurch die Verluste des Publikums und verteilt
dieselben gleichmäßiger über Kapitalisten bez. Wa-
renbesitzer und Spekulanten. Ohne die K. würde
die Spekulation (s. d.) ihrer wirtschaftlichen Rolle,
die Entwicklung der Kurse regelmäßiger zu gestalten,
nicht genügen; ohne sie würde die Börse der ihr ge-
stellten Aufgabe, "ein ständiger Markt" zu sein,
nicht entsprechen.
Die Möglichkeit, an der Börse in dlanco verkaufen
zu können, ist von besonderer Wichtigkeit bei Lic-
ferungsgefchäften nach dem Auslande oder beim
Import von Waren, um sich gegen den Rückgang
der fremden Valuta oder gegen den Rückgang des
Warenpreises zu schützen. Verkauft z. B. ^ in
Deutschland an L in Rußland Waren, deren Be-
zahlung in russ. Währung drei Monate nach Ab-
schluß des Kaufs erfolgen soll, so wird ^ Nubel-
noten auf Zeit oder einen Dreimonatswcchsel auf
einen russ. Börsenplatz verkaufen, wofern er den
beim Abschluß des Geschäfts notierten Rubelkurs
in seine Kalkulation gezogen hat und in der Valuta
nicht "spekulieren" will. Man sagt, ^ "verkauft"
Effekten oder Waren "vor", die er laut Schlußschein
erst später erhält. Treten solche Operationen im
größern Umfange auf, so kann am Markte eine K.
hervorgerufen werden, ohne daß ein eigentlich spe-
kulativer Faktor vorliegt. Die im Sinne obiger
Darstellung wirkende K. hat wirtschaftlich ihre volle
Berechtigung; verwerflich und schädlich ist sie da-
gegen, wenn sie als eine Entartung des Spekula-
tionswesens aus bloßem Börsenspiel hervorgeht
oder durch Verbreitung falscher Nachrichten eine
Kursbeeinflussung herbeizuführen sucht.
Kontermutter, s. Schrauben.
Konterorder, s. Gegenorder.
Konterparade, s. Parade (beim Fechten).
Konterpartie (frz.), soviel wie Kontrabuch
(s. d.); in der Musik Gegenstimme oder zweite
Stimme, im engern Sinne in der franz. Musik so-
viel wie Alt.
Konterpuits (frz., spr. -püih), Gegenbrun-
nen, Gegenschacht, im Minenkriea.6 vorbereitete
Minenkammern des Verteidigers, die gegen einen
Angriff des Belagerers mit Schachtminen wirksam
werden sollen. An den der Ausführung feindlicher
Schachtminen günstigen Stellen über dem Ver-
teidigungsminensystem (s. Verteidigungsminen)
Artilel, die man unter K verm
werden bereits bei der Armierung leere Pulver-
kasten eingegraben und mit den darunter liegenden
Galerien durch Bohrlöcher in Verbindung gebracht,
durch die im Bedarfsfälle von unten her die Ladung
eingeführt wird. (^. Bohrminen.)
Konterpunzen, Gegenpunzen, ein Werkzeug,
das bei der Verfertigung von Punzen (s. d.) zum
Einschlagen von Vertiefungen in die Arbeitsfläche
derselben dient, die mittels des Grabstichels nicht
leicht und schön genug hergestellt werden können.
Kontertanz (frz. contle-clanse, auch contre-
äan86 fransige), jetzt Bezeichnung für jeden Tanz,
dessen Touren die Tänzer wechselnd einander ent-
gegen führen und wieder entfernen, so die Anglaise,
Ecossaise, Quadrille u. s. w. In Deutschland ver-
steht man jedoch unter K. insbesondere die sranz.
Form jener Art des Tanzens, die den Namen
Franc aise führt. Diese Francaise oder dieser fran-
zösifche K. wird in der Regel von vier (en ciiii'e),
bisweilen auch von sechs, acht und mehrern Paaren
(6n colonne) getanzt. Die sehr verschiedenen Tou-
ren, die dem Tanze eine große Mannigfaltigkeit ver-
leihen, verteilen sich gewöhnlich unter sechs Abtei-
lungen (Mi'tißg), die besondere Namen (kantalon,
I^t6, ?H8toui'6ii6) ?oul6, 1reni886, I^inHik) führen.
Nachdem Nameau 1745 in dem Ballett "1^68 tetes
äs?o1)'niiii6" einen K. eingeflochten hatte, der den
allgemeinsten Beifall fand, wurde er bald in den
Salons heimisch und verbreitete sich auch allmählich
in die Tanzlokale des Volks. Seine gegenwärtige
Gestalt erhielt er im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrh.
Von Frankreich aus kam er als Francaise nach
Deutschland. Eine Ausartung des ^0ntr6'äkN36 ist
der Cancan (s. d.). Als Komponisten von K. haben
sich besonders Musard, Offenbach, Joh. Strauß und
seine Söhne ausgezeichnet. - Vgl. Krüger, Die all-
gemein beliebtesten Kontertanztouren (Berl. 1831).
Kontestieren (lat.), in Abrede stellen, bestreiten,
anfechten; kontestabel, anfechtbar.
Kontöxt (lat.), der zusammenhängende Inhalt
eines Schriftstücks; Kontextur, Verwedung, Ver-
bindung, Zusammenhang.
Kontieren, s. Kontierung.
Kontierte Wechsel, Wechsel, deren Valuta
durch Verrechnung einer Forderung des Remittenten
(Indossatars) an den Trassanten (Indossanten) be-
richtigt wird. Daher im Wechsel oder Indossament
die Bemerkung: "Wert in Rechnung" oder "Wert
verrechnet".
Kontierung, im Deutschen Zollverein die an-
sehnlichen Großhändlern bewilligte Bevorzugung,
daß sie den Zoll auf ausländische Waren nicht so-
gleich zu bezahlen brauchen, sondern ihn einstweilen
auf fortlaufenden Konten belastet (kontiert) er-
halten, während die unter Kontrolle ins Ausland
zurückgehenden oder nach Städten mit öffentlichen
Niederlagen gelangenden Partien ohne Abgaben-
erhebung von ihrem Conto wieder abgeschrieben
werden. Diese Begünstigung genießen jene Kauf-
leute an allen Handelsplätzen des Zollvereins, in
welchen sich Geschäftshäuser befinden, die einen er"
heblichen Handel mit fremden Waren nach dem
Auslande betreiben (bis 1868 war das nur an den
Mehplätzen Leipzig, Frankfurt a. M. und Braun-
schweig der Fall, sog. Meßkontierungen). Die
erforderliche, besondere und widerrufliche Bewil-
ligung von K., für welche Sicherheit geleistet werden
muh, erstreckt sich namentlich auf die meisten Manu-
sakturwaren und außerdem auf Meßplätzen auf alle
ißt, sind unter C aufzusuchen.