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Kredibilität – Kreditanstalten
Kredibilität (neulat.), Glaubwürdigkeit.
Kredīt (lat. credĭtum, das Geglaubte, Anvertraute), das Vertrauen, daß eine Person, welcher Werte veräußert werden, die hinausgeschobene Gegenleistung oder die versprochene Erstattung gleicher Werte, wie beim Darlehn, seiner Zeit leisten werde; dann auch das aus diesem Vertrauen hervorgegangene Schuldverhältnis. Der K. kann durch ein besonderes Unterpfand gestützt werden (Realkredit, s. d.), oder er ist bedingt durch die persönliche Eigenschaft des Schuldners, seine wirtschaftlichen Aussichten oder seine notorisch günstigen Vermögensverhältnisse (Personalkredit). Das Unterpfand ist entweder ein unbewegliches Vermögensobjekt, eine Hypothek (s. d.), und in diesem Falle erscheint der K. als Hypothekar-, Grund- oder Bodenkredit, wobei wirtschaftlich wieder die Unterscheidung von landwirtschaftlichem und städtischem Bodenkredit von Bedeutung ist; oder der Schuldner stellt ein bewegliches Pfandobjekt, ein Faustpfand, wodurch der sog. Lombardkredit (s. Lombard und Lombardgeschäft) entsteht, der besonders für den Waren- und Effektenverkehr Wichtigkeit hat. Der Personalkredit wird auf Grund mündlichen oder schriftlichen Übereinkommens, insbesondere mittels Schuldverschreibungen (Wechseln, Schuldscheinen u. s. w.) gewährt und erscheint namentlich im Handel als Buch- oder Kontokorrentkredit, Wechselkredit u. s. w.
Die Motive, welche Kreditgeber und Kreditnehmer bei Eingehung des Geschäfts leiten, können sehr verschiedenartig sein; namentlich die Beweggründe des letztern sind für die wissenschaftliche Klassifikation der Kreditgeschäfte wichtig. Hervorzuheben ist der K. im geschäftlichen Verkehr zu produktiven Zwecken (Produktivkredit), zu dem auch der Handelskredit zählt. Im Unterschied hiervon ist der Konsumtivkredit (s. d.) ein K., der mit der Produktion des Schuldners nicht zusammenhängt, sondern ihm die Befriedigung seiner laufenden Bedürfnisse gestattet; bei Vermögensauseinandersetzungen tritt der Abfindungskredit ein.
Die eigentliche Bedeutung des K. für die Volkswirtschaft liegt in dem Umstande, daß er Kapital und Nutzgüter in die Hand derjenigen bringt, die sie besser verwerten und verwenden können als die bisherigen Eigentümer. Der K. befördert ferner die Kapitalbildung, indem er es ermöglicht, dass auch solche Personen ständige Nutzungen aus einem Kapital ziehen können, die es selbst nicht zu verwerten im stande sind; auch würden viele Kapitalien allein zu klein sein, um selbständig zur Erzielung eines Ertrags verwendet werden zu können und müssen daher im Wege des K. (z. B. durch Sparkassen und Depositenanstalten) erst gesammelt werden. Der K. ermöglicht den steten Fortgang der Produktion und schützt die zeitweilig mittellose Arbeitskraft vor Entbehrung und Verderben. In gewissem Sinne gewährt der K. somit Abhilfe gegen mancherlei Härten und Unvollkommenheiten einer auf das Privateigentum basierten Gesellschaftsordnung. Auch trägt er zur sittlichen Hebung des Volks bei, indem er zur Sparsamkeit, Vorsicht, geschäftlichen Treue und Pünktlichkeit mahnt, ohne welche der K. auf die Dauer nicht haltbar ist. Thatsächlich ist der Kreditverkehr ein unentbehrliches Glied einer fortgeschrittenen Volkswirtschaft. Seine wachsende Bedeutung und namentlich die zunehmende Verdrängung der direkten Mitwirkung des baren Geldes im Großverkehr mit Hilfe zweckmäßig eingerichteter Kreditanstalten und Kreditpapiere (s. Clearing-House, Giroverkehr) läßt von einem Zeitalter der Kreditwirtschaft sprechen, die an Stelle der reinen Geldwirtschaft (s. d.) tritt, gleichwie diese seiner Zeit die Naturalwirtschaft (s. d.) abgelöst hat. Neben dem Privatkredit hat übrigens in der neuern Zeit auch der öffentliche und besonders der Staatskredit eine großartige Ausdehnung gewonnen. (S. Anleihen, Staatsschulden.)
Diese bedeutende Entwicklung des K. steht nicht ohne belangreiche Schattenseiten da. Er verstärkt die Macht des ohnehin Starken, der nunmehr nicht bloß über die eigenen ausgedehnten Mittel, sondern auch über fremdes Kapital verfügt, und macht den Schwachen vergleichsweise noch schwächer; er verleitet zu unbedachten Auslagen und Unternehmungen und giebt zu ausgedehntem Betrug und Schwindel Anlaß; er gewährt die Gelegenheit zu Ausbeutung und Wucher u. s. w. Die auch in Deutschland so verbreitete Borgwirtschaft im Kleinverkehr läuft großenteils auf unwirtschaftlichen K. hinaus; die langen Kreditfristen im kaufmännischen Verkehr gefährden die Solidität des Geschäftslebens. Wie in einem künstlichen Mechanismus treten in dem großartig entwickelten Kreditverkehr der Neuzeit öfters Reibungen und Störungen ein, was zu bedenklichen Erschütterungen der Volkswirtschaft führen kann (s. Handelskrisen). Gegenüber den Ausartungen des K. ist die Gesellschaft übrigens nicht wehrlos; die Nachteile des K. zu bekämpfen dient namentlich ein geeignetes Kreditrecht, welches eine schleunige Erledigung der Schuldklagen, die Antragung von Arresten, eine schnelle Durchführung von Zwangsvollstreckungen und Subhastationen sichert, den saumseligen oder gewissenlosen Schuldner hinlänglich streng behandelt, aber auch unnötigen Härten des Gläubigers oder der wucherischen Ausbeutung (s. Wucher) einen Damm setzt. Um längere Kreditierungen auszuschließen, hat sich die Einführung kurzer Verjährungsfristen wirksam erwiesen. Wichtig sind auch alle genossenschaftlichen Veranstaltungen zum Zweck der Kreditbeschaffung für die mittlern und untern Stände (s. insbesondere Darlehnskassenvereine und Vorschuß- und Kreditvereine). Um die gedeihliche Wirksamkeit des K. zu erhalten und zu steigern, ist eine gute Organisation desselben notwendig; ihre Hauptträger sind die Banken (s. d.).
Vgl. Nebenius, Der öffentliche K. (2. Aufl., Karlsr. 1829); Knies, Der K. (2 Bde., Berl. 1876‒79); Ad. Wagner in «Schönbergs Handbuch der polit. Ökonomie», Bd. 1 (3. Aufl., Tüb. 1890).
Kreditanstalten, größere, von Aktiengesellschaften, Genossenschaften oder öffentlichen Körperschaften, auch wohl vom Staate selbst betriebene Geschäftsunternehmungen, welche die Vermittelung und Erleichterung des Kredits zum Zwecke haben. Hierher gehören vor allem die Banken (s. d.), und zwar sowohl die auf das Bedürfnis von Handel und Industrie berechneten wie auch die Bodenkreditbanken (s. d.) und die sog. Crédits mobiliers (s. d.). Zu den genossenschaftlichen K. gehören die auf dem Princip der Solidarhaft beruhenden Vorschuß- und Kreditvereine (s. d.) nach dem Schulze-Delitzschschen System, die Raiffeisenschen Darlehnskassenvereine (s. d.) und die auf Gegenseitigkeit begründeten Landschaften (s. d.). Öffentliche, vom Staate oder den Gemeinden errichtete und verwaltete K. sind namentlich die
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