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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Landwirtschaftliche Arbeiter

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Landwirtschaftliche Arbeiter

selben Nährstoffe aufnehmen und in organische Pflanzensubstanz verwandeln, teilweise aus dem Boden, dem sie die sog. Aschenbestandteile entziehen. An letztern ist der Boden nicht unerschöpflich, er muß also je nach seinem natürlichen Reichtum an denselben in längerer oder kürzerer Zeit verarmen und unfruchtbar werden, wenn dieselben ihm nicht durch Zuführung von Düngemitteln ersetzt werden. Der in der L. gewonnene Stalldünger genügt nicht zu diesem Zweck und sind deshalb andere Düngerquellen heranzuziehen. Der Landwirt, der dieser Forderung nicht genügt, treibt Raubbau. Liebig war auch der erste, welcher auf die Bedeutung der sog. künstlichen Düngemittel, Knochenmehl, Guano, Superphosphat u. a. hinwies, von denen die beiden ersten allerdings den Landwirten schon bekannt waren. Die Lehren Liebigs erlitten manche Anfechtung und sind durch die neuern Anschauungen auch in der Weise modifiziert worden, daß außer den anorganischen Aschenbestandteilen in neuerer Zeit auch Stickstoff, ein sehr wichtiger Pflanzennährstoff, in Form von Chilisalpeter und schwefelsaurem Ammoniak den Pflanzen zugeführt wird.

Großen Einfluß auf die Hebung der L. haben die Landwirtschaftlichen Vereine (s. d.) und die Landwirtschaftlichen Genossenschaften (s. d.) so wie die Landwirtschaftlichen Versuchsstationen (s. d.) gewonnen.

Litteratur. Wertvolle Lehrbücher der L. lieferten außer Burger, Koppe, Zierl, Schweitzer und Pabst: Hamm, Die Grundzüge der L. (nach Girardin und du Breuil, 2 Bde., Braunschw. 1850-54); Fraas, Schule des Landbaues (Münch. 1851); Birnbaum, Lehrbuch der L. (3 Bde., Frankf. 1859-63); Hamm, Das Wesen und die Ziele der L. (2. Aufl., Jena 1872); Settegast-Proskau, Die L. und ihr Betrieb (3 Bde., Bresl. 1874-79); Thiel, Landwirtschaftliches Konversations-Lexikon (7 Bde. und Suppl., Lpz. 1876; neue Ausg. 1883); Thaer, System der L. (Berl. 1877); ders., Grundsätze der rationellen L. (ebd. 1880); Kirchbach, Handbuch für Landwirte (9. Aufl., ebd. 1880); Schwerz, Praktischer Ackerbau (ebd. 1882); Löbe, Handbuch der rationellen L. (7. Aufl., Weim. 1887); Illustriertes Landwirtschafts-Lexikon, hg. von Krafft (2. Aufl., Berl. 1888); Krafft, Lehrbuch der L. (5. Aufl., 4 Bde., ebd. 1888-92; Bd.1, 6. Aufl. 1894); von der Goltz, Handbuch der gesamten L. (3 Bde., Tüb. 1890-93); Schlipf, Populäres Handbuch der L. (12. Aufl., Berl. 1894). Ein Jahresbericht über die Erfahrungen und Fortschritte auf dem Gesamtgebiete der L. wird herausgegeben von Buerstenbinder und Stammer (Braunschw. 1886 fg.). Die Geschichte der L. wird behandelt von Anton, Geschichte der deutschen L. von den ältesten Zeiten bis zu Ende des 15. Jahrh. (Görl. 1799); Langethal, Geschichte der deutschen L. (Jena 1847-50); Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft (Münch. 1866); Michelsen und Nedderich, Geschichte der deutschen L. (3. Aufl., Berl. 1890).

Landwirtschaftliche Arbeiter, alle mit Lohnarbeit im landwirtschaftlichen Gewerbe beschäftigten Personen. Abgesehen vom unverheirateten Gesinde pflegt man sie in drei Kategorien einzuteilen: 1) Die Häusler sind solche Tagelöhner, welche ein eigenes Haus, eine Ackerparzelle, ein Gärtchen besitzen und durch die Kleinheit dieses Besitztums genötigt sind, bei den benachbarten Grundbesitzern Beschäftigung zu suchen. 2) Die Einlieger haben kein Grundeigentum, sie mieten sich bei einem Bauern ein, dem sie dafür meist eine gewisse Anzahl Tage im Jahre Dienste leisten. Im übrigen gehen sie auf Tagelohn, wo immer sie Arbeit finden. Im Gegensatz zu diesen beiden Arten von sog. freien Arbeitern stehen 3) die kontraktlich gebundenen Arbeiter. Sie sind vom Gutsbesitzer auf dessen Hof in Familienwohnungen angesiedelt und verpflichtet, ihm ihre eigene Arbeitskraft, in beschränktem Maße meist auch diejenige ihrer arbeitsfähigen Angehörigen oder Dienstboten (Hofgänger, Scharwerker) zur Verfügung zu stellen. Sie kommen in zwei Unterarten vor: im östl. Deutschland als Gutstagelöhner, Instleute, Gärtner (die ständigen, wesentlich in Formen der Naturalwirtschaft gelohnten Arbeiter der dortigen großen Güter), im nordwestl. Deutschland als Heuerlinge, Arröder, d. h. Arbeiter, welche einiges Land von den in Einzelhöfen wohnenden Bauern oder Gutsbesitzern gepachtet haben und für ihre Dienste im übrigen in Geld abgelohnt werden.

Die geogr. Verteilung dieser Arbeiterkategorien und die Gesamtlage der ländlichen Arbeiter entspricht der socialen Gliederung und Grundbesitzverteilung in den einzelnen Teilen Deutschlands.

1) In den vorwiegend kleinbäuerlichen Distrikten am Rhein, seinen Nebenflüssen und dem Main entlang bis hinauf nach Thüringen bilden die Häusler den Kern der Arbeiterschaft; ihnen schließen sich in beschränkter Zahl Einlieger und lediges Gesinde an. Die Häusler stehen materiell und moralisch am höchsten unter allen ländlichen Arbeitern überhaupt. Durch ihren Besitz gegen äußerste Not und Zeiten der Arbeitslosigkeit geschützt, haben sie einen Platz in der Gemeindeverfassung und es besteht kein socialer Gegensatz zwischen ihnen und ihren Arbeitgebern. Wie sie den spannfähigen Bauern Handdienste, so leisten diese ihnen Spanndienste. Auch die Einlieger und das Gesinde sind günstig gestellt; besonders kommt ihnen zu gute, daß sie bei der bestehenden Zersplitterung des Grundbesitzes die Möglichkeit haben, mit ihren Ersparnissen ein Stück Land zu erwerben und so allmählich durch Fleiß und Tüchtigkeit voran zu kommen. Traurige Zustände haben sich jedoch für die große Menge der Kleinbesitzer und der Besitzlosen in manchen Gebirgsdistrikten ausgebildet, wo bei allzu weit gehender Parzellierung geringe Gelegenheit zu Nebenverdienst vorhanden und der Boden wenig ergiebig ist. Einen starken Einfluß auf die ländlichen Arbeiterverhältnisse dieses Gebietes hat die bedeutende Industrieentwicklung, welche dort namentlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh. Platz gegriffen hat, ausgeübt. In manchen Gegenden, besonders in unmittelbarer Nähe der Städte, macht sich auf den mittlern und wenig zahlreichen großen Gütern ein empfindlicher Arbeitermangel geltend, und das Gesindeverhältnis ist (z. B. durch Einführung der Monats- und Wochenkündigung) stark gelockert worden. Aber eine positive Abnahme der Landbevölkerung ist doch nur ausnahmsweise (in übervölkerten Gegenden) zu beobachten; nicht selten kehren die jungen Leute aus der Stadt mit ihren Ersparnissen zurück, um sich als Landwirte anzusiedeln.

2) In den großbäuerlichen Distrikten im südöstlichen Deutschland, besonders im größten Teil des rechtsrhein. Bayern, werden die im Betrieb nötigen Dienstleistungen von den Besitzern selbst mit ihren Familienangehörigen, daneben vorwiegend von Dienstboten besorgt. Hier wie aller-^[folgende Seite]