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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lanz - Lanzette
Lanz, Julius, Pseudonym, s. Duboc, Julius.
Lanza, Giovanni, ital. Minister, geb. 1810 zu
Vignale in Piemont, studierte Medizin in Turin,
ward Arzt in seiner Heimat, nahm 1848 als Frei-
williger am Kriege teil und trat dann in die Kammer
ein, in der er, zuerst auf der entschiedenen Linken
stehend, später das linke Centrum mitbegründete, um
zuletzt sich der Rechten anzuschließen; den Kammer-
vorsitz führte er 1807-68 und 1869. Im Kabinett
Cavour übernahm er Mai 1855 bis Okt. 1858 das
Ministerium des Unterrichts und von da bis Juli
1859 das der Finanzen; dem Ministerium des In-
nern stand er unter La Marmora (Sept. 1864-65)
vor und wieder als Ministerpräsident nach Mena-
breas Sturz 1869 - 73. L. hat namentlich für die
Reform des ital. Unterrichts Bedeutendes geleistet.
Die Ordnung der ital. Finanzen scheiterte an dem
Widerstand der Kammer und den Ausgaben 1873;
unter ihm wurde das Garantiegesetz (s. d.) beschlossen
und die Verlegung des Regierungssitzes nach Rom
vollzogen, wo er 9. März 1882 starb. L. war Mit-
begründer der "Opinione". - Vgl. Enrico Tavallini,
I^g. vita eä i teinpi äi 0.1^., Nkinoris ricavat6 äai
8uoi 80i'itti (2 Bde., Tur. 1887).
Lanzade (Lancade, von frz. laneer), Sprung
des Pferdes nach'vorwärts mit hoch erhobener
Vorhand. In der Hohen Schule muh das Pferd
bei der L. nach dem Sprunge den Boden zuerst mit
der Hinterhand bernbren.
Lanzarote, die östlichste und niedrigste der grö-
ßern Canarischen Inseln (s. d.), bedeckt mit den
umliegenden Eilanden 806 cikm und zählt (1887)
16409 E. L.ist durchweg vulkanisch (letzter Ausbruch
1824), im Monte-Famara 680 ni hoch, fast waldlos,
hat Ausfuhr von Cochenille und in Arrecife (3025 E.)
vorzüglichen Hafen. Größer ist Tegnisa (3439 E.).
Lanze, Gleve, Speer, Spieß, eine der älte-
sten Trutzwaffcn. Je nach Form, Gewicht und
Material bald als Stoß-, bald als Wurfwaffe be-
nutzt, hat sie von den ältesten Zeiten bis zur allge-
meinen Einführung der Feuerwaffen einen Haupt-
teil der Bewaffnung ausgemacht. Im besondern ist
der Name L. gebräuchlich für die im Mittelalter
von den Rittern geführte Waffe, im Gegensatz
zu dem Spieß des Fußvolks. - In den europ.
Heeren ist sie nur als Stoßwaffe der Reiterei im
Gebrauch und besteht hier aus dem 2^-3^ m
langen Schaft, der Spitze (meist mit einer Flagge)
und dem Schuh, der zum Einstoßen in die Erde be-
stimmt, aber auch zum Führen eines Stoßes ver-
wendbar ist. Der Schaft war bis vor kurzem meist
aus Holz; in England ist neuerdings die Bambus-,
in Deutschland die Stahlrohrlanze (1,85 1^) einge-
führt, welch letztere Leichtigkeit mit Haltbarkeit ver-
bindet. - Längere Zeit galt die L., die National-
waffe der leichten tatar. und poln. Reiterscharen,
als die traditionelle Waffe der ursprünglich nach
poln. Muster errichteten Ulanen (s. d.); neuerdings
ist die Frage der Lanzenbewaffnung vom allge-
meinen Zweckmäßigkeitsstandpunkt aus behandelt
worden, und es haben sich ganz verschiedene Aus-
fassungen geltend gemacht: in Deutschland ist, in
Übereinstimmung mit dem Ausspruch Montecucolis:
"die L. ist die Königin der Waffen", die Bewaffnung
der ganzen Reiterei mit der L. eingeführt worden,
während gleichzeitig in Rußland, wo die L. in der
Reiterbewaffnung lange Zeit eine ausgedehnte Rolle
spielte, die ganze Reiterei einschließlich der Kosaken
die L. abgelegt hat. - über die Handhabung der L.
als Stoßwaffe s. Lanzenfechten. - L. oder Gleve (s. d.)
als taktisch-organisatorischer Begriff bedeutet den
einzelnen Ritter mit feinem direkten Gefolge von
Reisigen und Dienern. Eine volle L. der im
15. Jahrh, errichteten franz. Ordonnanzcompagnie
(zu je 100 L.) bestand aus dem Ritter selbst (Komius
ä'arm63, F6ncl^rm68), 3 Schützen, 1 Knappe,
1 Diener; später wurde die volle L. zu 7 oder
8 Mann berechnet. Im burgund. Heere Karls des
Kühnen bestand die volle L. aus dem Ritter, 1 be-
rittenen Diener, 2 berittenen Bogenschützen, 2 Büch-
senschützen und 2 Pikenieren. - über L. als Feuer-
werkskörper s. Flammenfeuer.
Lanzelet, s. Lancelot.
Lanzenegel, s. Saugwürmcr.
Lanzenfechten. Das L. ist in der Gegenwart
auf die Anwendung vom Pferde aus berechnet, die
Einübungen zu Fuß sind nur als Vorschule zu be-
trachten. Die Paraden der sonstigen Fechtweisen
werden meist durch geschicktes Tummeln des Pfer-
des und damit verbundenes Ausweichen ersetzt, wenn
auch ein ruckweiser schlag mit dem Lanzenschaft als
Parade eines Stoßes oder Hiebes wohl vorkommt.
Von den eigentlichen Paraden zu unterscheiden sind
die sog. Deckungen: fortgesetzt um und über den
Reiter kreisende Schwingungen der mit hochgehobe-
nem rechtem Arm in wagcrechter Ebene gedrehten
Lanze. Bei den Stichen umfaßt der Reiter die
Lanze mit der rechten Hand im Schwerpunkt und
klemmt sie mit dem Oberarm in wagerechter Lage
scharf an den Leib; die Stiche geschehen dann meist
bohrend mit einer Drehung der rechten Hand nach
außen. Die Stiche können mit einer Hand nach
vorwärts, nach rechts und links seitwärts und nach
rückwärts sowie mit beiden Händen (eine Art Fang"
stoß oder Wurfstoß) nach vorwärts ausgeführt wer-
den. Bei den meisten dieser Stiche wird die linke
(Zügel-)Faust in der Art zu Hilfe genommen, als
Daumen und Zeigesinger eine Gabel bilden, in
welche die Lanze eingelegt wird. Da der Lanzenreiter
bei den Stichen nacb der rechten Seite die Zügel-
faust als Gabel nicht benutzen kann, so ist diese
Seite die schwächere. Die raschen Übergänge aus
einer Stichlage in die andere, Umgänge genannt,
erfordern einesteils ein Herüberheben der Lanze über
den Pferdekopf, andernteils ein Drehen der Lanzen-
spitze von vorn nach hinten und umgekehrt; die füh-
rende Faust muß dann die Waffe für den Augenblick
loslassen und wieder auffangen, da das Handgelenk
der betreffenden Drehung nicht folgen kann.
Lanzenfest, Fest der Lanze und der Nägel
Christi, ein auf Wunsch des Deutschen Kaisers
Karl IV. 1354 von Papst Innocenz VI. nur für
Böhmen und Deutschland angeordnetes kath. Fest.
Lanzenschlange (Lotlii-opg iHuceoiHwg 2^.),
eine 2^/2-3 m lange und bis mannsarmdicke Gift-
schlange aus der Familie der Grubenottern (s. d.),
die auf Martinique und St. Lucie häusig ist und
namentlich zur Zeit der Zuckerrohrernte durch den
äußerst giftigen Biß jährlich sehr zahlreiche Opfer
an Menschenleben fordert. Alle Versuche sie aus-
zurotten blieben erfolglos.
Lanzette, ein chirurg. Instrument, welches aus
einer2-3 cm langen, verhältnismäßig breiten, zwei-
schneidigen Klinge besteht, die in ein aus zwei Scha-
len gebildetes Heft eingeschlagen und zu diesem in
jeden beliebigen Winkel gestellt werden kann. Die L.
dient zum Eröffnen von^Abscessen, zum Aderlassen
und Impfen. - Nach der Gestalt der dünnen, weiden-