Leberegelseuche, Egelseuche,
                    Leberfäule, eine Krankheit der Schafe und anderer
                    Wiederkäuer, hervorgerufen durch Masseneinwanderung eines parasitischen Wurms, des Leberegels
                    (s. Saugwürmer), die besonders in Europa, Nordamerika und neuerdings auch
                    in Australien beobachtet wird. Bei davon befallenen Tieren beginnt die Krankheit mit einer
                    Entzündung der Leder, darauf tritt etwa nach 6–10 Wochen die sog.
                    Bleichsucht auf, die Tiere magern ab, werden blutarm,
                    verlieren ihre Freßlust und ihre Wolle geht leicht aus. Dieses Stadium führt bereits öfters
                    zum Tod, der fast ausnahmslos das Ende des dritten Stadiums der sog.
                    Auszehrung bildet, bei der zufolge der unter Einfluß des
                    Parasiten enorm erweiterten und verkalkten Gallengänge die Lebersubstanz fast vollkommen
                    schwindet. In England nimmt man an, daß durchschnittlich jährlich etwa eine Million Schafe
                    an der L. zu Grunde gehen.
                
 
                    Leberentzündung (Hepatitis),
                    eine Leberkrankheit, die in sehr verschiedenen Formen anftritt, je nachdem nur der
                    Bauchfellüberzug der Leber, oder nur die größern Gallenwege, oder das eigentliche Lebergewebe
                    von der Entzündung befallen werden. Man unterscheidet gewöhnlich folgende nach Ursache,
                    Verlauf und Ausgang verschiedene Formen:
                
                    1)  Die Entzündung des serösen Überzugs der Leber
                    (Perihepatitis), welche entweder Teilerscheinung
                    einer allgemeinen Bauchfellentzündung ist, oder für sich als Folge einer traumatischen oder
                    mechan. Schädlichkeit (Schlag, Stoß, Druck der Lebergegend) auftritt; besonders häufig wird
                    sie bei Frauen durch den anhaltenden übermäßigen Druck fester Unterrockbänder und Schnürleiber
                    veranlaßt, und führt bei ihnen oft zu einer beträchtlichen Verdickung der Leberkapsel oder zur
                    Bildung einer tiefen Querfurche auf der Oberseite der Leber (sog.
                    Schnürleber), wodurch natürlich auch die physiol.
                    Funktionen der letztern mehr oder minder beeinträchtigt werden. Die hauptsächlichsten Symptome
                    dieser Krankheit sind stechende Schmerzen in der Lebergegend, die bei Druck, Niesen, Husten
                    und Tiefatmen heftiger werden; mitunter sind auch Fieber, Appetitlosigkeit, Erbrechen und
                    andere Verdauungsstörungen vorhanden. Die Behandlung besteht in der Entfernung aller
                    einengenden Kleidungsstücke, ruhigem Verhalten, kalten Umschlägen auf der Lebergegend
                    und milden Abführmitteln; bei schwerern Fällen ist die Behandlung dieselbe wie bei der
                    Bauchfellentzündung.
                
                
                    2)  Die chronische fibröse oder
                    interstitielle L., auch
                    Lebercirrhose genannt
                    (Hepatitis diffusa chronica interstitialis, Cirrhosis hepatitis),
                    eine eigentümliche schleichend verlaufende Entzündung des Lebergewebes, bei welcher die
                    Leberzellen infolge einer abnormen Massenzunahme und Neubildung des Bindegewebes nach und nach
                    zum großen Teil zu Grunde gehen und die ganze Leber schließlich zusammenschrumpft und auf ihrer
                    Oberfläche nicht mehr glatt, sondern mit zahllosen höckerigen oder körnigen Hervorragungen
                    bedeckt ist (sog. granulierte Leber oder
                    Schuhzweckenleber). Die schließlichen Folgen dieser
                    Leberkrankheit,  welche übrigens nur vermittelst der Perkussion mit Sicherheit erkannt wird,
                    sind Magenkatarrh und hochgradige Ernährungsstörungen, Abmagerung, Milzschwellung
                     ↔ und Bauchwassersucht, an welcher die Kranken gewöhnlich binnen Jahresfrist
                    zu Grunde geben. Auf dem stark angeschwollenen Bauch der Kranken finden sich oft um dem Nabel
                    herum stark geschlängelte dicke blaue Blutadern (sog.
                    Medusenhaupt,
                    Caput  Medusae), durch welche, da die Cirkulation in der
                    Leber gehemmt ist, ein Teil des Blutes auf Umwegen den Zugang aus den untern Extremitäten
                    zum Herzen zu gewinnen sucht. Unter den Ursachen der Lebercirrhose, welche am häufigsten
                    zwischen dem 30. und 50. Lebensjahre vorkommt, steht der Mißbrauch stark alkoholischer
                    Getränke (Branntwein, starker Weine und Biere) obenan, weshalb die Krankheit vielfach auch
                    geradezu als Säuferleber (engl.
                    Gin drinkers liver) bezeichnet wird; doch kommt die
                    interstitielle L. gelegentlich auch unter andern Umständen vor. Die Behandlung kann nur in
                    den ersten Stadien des Leidens durch völlige Entziehung der alkoholischen Getränke,
                    einfache, milde Kost, fleißige Körperbewegung und milde Abführmittel dem Krankheitsprozeß
                    Einhalt thun; in den spätern Stadien sind alle Mittel nutzlos.
                
                
                    3)  Die eiterige L. oder der 
                    Leberabsceß
                    (Hepatitis suppurativa), eine in den gemäßigten Klimaten
                    seltene, dagegen in den Tropenländern häufigere Form der L., welche in der Regel zur Bildung
                    von bohnen- bis hühnereigroßen Eiterhöhlen oder Abscessen führt. Als Ursachen dieser
                    gefährlichen Krankheit werden mechan. Schädlichkeiten (Druck, Stoß, Fall auf die Lebergegend),
                    der Mißbrauch spirituöser Getränke und scharfer, fetter, übermäßig gewürzter Speisen
                    angeführt;  mitunter entstehen Leberabscesse auch nach schweren Verletzungen mit nachfolgender
                    Venenentzündung und Verjauchung sowie nach bösartigen Ruhranfällen mit ausgedehnterm
                    geschwürigem Zerfall der Darmschleimhaut, indem hierhei von den verjauchenden Stellen
                    septische Stoffe durch den Blutstrom in die Leber gelangen und in dieser pyämische
                    Entzündungen erregen. (S. Embolie.) Die Krankheit beginnt immer mit hohem
                    Fieber, Schüttelfrost, heftigen, nach der rechten Schultergegend ausstrahlenden Schmerzen
                    in der Lebergegend, wozu sich hier eine schmerzhafte, anfangs harte, späterhin schwappende
                    Geschwulst gesellt; bisweilen ist auch Gelbsucht vorhanden. Die eiterige L. führt häufig
                    durch Erschöpfung und die eintretende Eitervergiftung des Blutes zum Tode; nur wenn der
                    Eiterherd nach der äußern Haut oder nach dem Darm oder der Brusthöhle durchbricht, erfolgt
                    nach meist monatelangem schmerzhaftem Siechtum Genesung. Die Behandlung erfordert in den
                    ersten Stadien der Krankheit kalte, in den spätern warme Umschläge auf die Lebergegend,
                    milde Abführungsmittel und eine reizlose, leicht verdauliche Diät; sobald sich Anzeichen
                    finden, daß sich ein Eiterherd gebildet bat, muß dieser auf operativem Wege entleert werden.
                
                
                    4)  Die syphilitische L.
                    (Hepatitis syphilitica) giebt sich durch tiefe
                    narbenartige Furchen der Leberoberfläche und ein eigentümliches gelapptes Ansehen der Leber,
                    häufig auch durch erbsen- bis walnußgroße, scharf umschriebene weißliche Knoten (Syphilome)
                    der Lebersubstanz zu erkennen, die sich im spätern Verlauf in eine gelbliche käsige Masse
                    verwandeln  und  schließlich  einschrumpfen  und  vernarben; sie ist immer ein Symptom der
                    tertiären Syphilis (s. d.) und führt häufig unter den Erscheinungen der
                    Bauchwassersucht zum Tode. Die Behandlung erheischt eine antisyphilitische Kur.
                
                Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 4.