Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Leicester; Leicesterrind; Leicesterschaf; Leich; Leichdorn; Leiche

45

Leicester (Robert Dudley, Graf von) - Leiche

die Banken. - L. ist die röm. Station Ratä (Ratae, auch Ratecorion) im Lande der Coritavi, das Leagacester der Angelsachsen, später Sitz der mächtigen Grafen von L., dann der Herzöge von Lancaster. In der 1413 gestifteten, jetzt verfallenen Abtei starb 1530 Kardinal Wolsey, und während des Bürgerkrieges bestand L. eine Belagerung durch den Prinzen Ruprecht. In der Nähe Bradgate Park, der Sitz des Earl von Stamford. Im W. liegt Bosworth (s.d.).

Leicester (spr. leßtěr), Robert Dudley, Graf von, Günstling der Königin Elisabeth von England, geb. 1532 oder 1533 als Sohn des spätern Grafen von Northumberland (s. d.), besaß wenig rühmenswerte Eigenschaften; er war ehrgeizig bis zum Äußersten, egoistisch, verschlagen, dabei feige und geistig unbedeutend. Durch seine Schönheit und sein einnehmendes Auftreten gewann er Elisabeths Herz und wußte sie bis an sein Lebensende zu fesseln. Über ihr Verhältnis sind viele übertreibende Gerüchte umgegangen, ganz grundlos werden sie kaum gewesen sein. Unbewiesen ist, daß L. sich seiner ersten Gemahlin, Amy Robsart, durch Mord entledigt habe, so sehr ihm deren plötzlicher Tod auch gelegen kam (1560), da Elisabeth sich mit der Absicht trug, ihn zu heiraten, während sie später eine Verbindung zwischen ihm und Maria Stuart plante. L. war trotz seiner geistigen Bedeutungslosigkeit ein gefährlicher Gegner für Cecil (s. d.), dessen Wege er öfter kreuzte. Als ihn 1585-87 Elisabeth zum Oberbefehlshaber über die engl. Hilfstruppen ernannte, die sie den Niederlanden gegen Spanien sandte, und auch diese ihn zum Generalstatthalter und Befehlshaber ihrer Macht zu Wasser und zu Lande erhoben, zeigte er auch hier seine Unfähigkeit als Feldherr aufs kläglichste. Trotzdem blieb er in der Gunst seiner Königin bis zu seinem Tode (4. Sept 1588). Aus einer heimlichen Verbindung mit der verwitweten Lady Sheffield hinterließ er einen Sohn, Robert Dudley (s. d.), der sich aber vergeblich um die Anerkennung seiner Legitimität bemühte. 1578 hatte sich L. zum drittenmal heimlich mit der verwitweten Gräfin Essex vermählt, der Mutter seines Nachfolgers in Elisabeths Gunst. - Vgl. Bekker, Elisabeth und L. (Gießen 1890).

Leicester (spr. leßtěr), Simon, Graf von, s. Montfort l'Amaury.

Leicesterrind, s. Leicester (Grafschaft).

Leicesterschaf, ursprünglich heimisch in der engl. Grafschaft Leicester, seit Mitte des 18. Jahrh. jedoch vom engl. Züchter Bakewell durch sorgsame Kreuzung zur hervorragendsten Langwollschafrasse Englands, dem Dishley- oder Newleicesterschaf (s. Tafel: Schafrassen I, Fig. 3), herangebildet. Das hornlose und mit langer, weißer, seidenglänzender Wolle versehene L. zeichnet sich durch bedeutende Größe, sehr feinen Knochenbau und außerordentliche Mastfähigkeit aus, macht dafür aber große Ansprüche an das Futter und ist gegen das Kontinentalklima empfindlicher als die meisten andern engl. Schafrassen. In Deutschland wird das L. infolgedessen nur seltener in Reinzucht gehalten, jedoch mehrfach zur Verbesserung anderer Rassen benutzt, wozu es sehr geeignet ist.

Leich (gotisch laiks, Tanz; 1aikan, springen), die älteste Art german. Dichtung, bei der Gesang, Musik und rhythmische Bewegungen vereinigt waren. Im Gegensatz zum Lied (s. d.), das aus gleichen Strophen von gleicher Melodie bestand und auch vom Einzelnen vorgetragen werden konnte, war der L. durchkomponiert, aus ungleichen Strophen zusammengesetzt und meist für Chorgesang bestimmt. Diese alte, echt deutsche Art des L. hat sich noch in den mittelhochdeutschen Tanzleichen (z. B. Tannhäusers, Winterstettens) erhalten. Sie zerfallen deutlich in einen ersten, geschrittenen Teil in geradem Takt und einen zweiten, gesprungenen in ungeradem Takt, der oft in ein ausgelassenes Prestissimo ausläuft (Vor- und Nachtanz). Nachklänge dieser Form zeigt noch heute der sog. Großvatertanz u. a. Neben diesen volkstümlichen L. kennt die altdeutsche Dichtung aber auch Kunstleiche, die auf den kirchlichen Sequenzen (s. d.) beruhen; ihrem Ursprung gemäß haben sie meist religiösen, seltener ernst minniglichen Inhalt und zerfallen in lauter verschiedene, aber zweiteilige Strophen, die sich meist zu zwei großen, in Melodie und Strophenbau ähnlichen oder gleichen Hauptteilen zusammenordnen. - Vgl. Lachmann, über die L. der deutschen Dichter des 12. und 13. Jahrh. (in Bd. 1 der "Kleinern Schriften", Berl. 1876); Reinmar von Zweters Gedichte, hg. von Roethe (Lpz. 1887).

Leichdorn, s. Hühnerauge.

Leiche oder Leichnam (Cadaver), der tote Organismus im Tier- wie im Pflanzenreiche. Sobald das Leben erloschen ist (s. Tod), nimmt der Stoffumsatz, der dem Einfluß der Blutbewegung, der Atmung, der Nahrungszufuhr u. s. w. entzogen ist, eine andere Richtung an, und es tritt Fäulnis (s. d.) ein, welche sich durch ganz bestimmt eintretende Erscheinungen (Leichenerscheinungen) zu erkennen giebt. Bei den Tieren gerinnt das Blut, die Muskeln (s. d.) werden, gleichfalls infolge der Gerinnung der Muskelsubstanz, starr (Totenstarre), das Blut fließt nach den tiefer gelegenen Stellen (Blutsenkung) und färbt die blassen Körperteile, auch die Haut, rotblau (Totenflecken). Bleibt die L. länger liegen, so sickert Flüssigkeit aus derselben, die die Haut blasig abhebt und infolge eingetretener Fäulnis stärkern Geruch verbreitet. Die schließlich entstehende Jauche ist nicht bloß durch ihren Geruch widerlich, sondern oft auch den Lebenden gefährlich, die mit verletzter Haut mit derselben in Berührung kommen, da sich häufig auch krankheiterregende Spaltpilze an dem Zersetzungsvorgang beteiligen oder schon im Körper vorhandene dadurch weiter verbreitet werden. Es entstehen von den vergifteten Stellen aus manchmal lebensgefährliche Entzündungen der Lymphgefäße (Rotlauf, Septichämie und Pyämie) oder häufig hartnäckige Entzündungen (Leichenpusteln) und Geschwüre der Haut, in andern Fällen harte, schmerzhafte, warzenähnliche Knoten der Haut, die man als Leichentuberkel bezeichnet. Man spricht deshalb von Leichengift (s. Leichenalkaloide) und Leichenvergiftung. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich nicht um Gifte und Vergiftungen, obwohl bei der Leichenfäulnis Gifte eintreten, sondern um Infektionserreger und infektiöse Erkrankungen. Wer sich einer Infektion mit Leichengift ausgesetzt hat, lasse die Hautwunde ausbluten, betupfe sie sodann mit Carbolwasser, Ammoniak oder Höllenstein und verbinde sie mit einem antiseptischen Verbandstoff (Carbolsäure, Salicylsäure, Jodoform); Entzündungen bedürfen ärztlicher Behandlung. Will man die L. konservieren, so bringe man sie sofort in ein kaltes luftiges Zimmer, besprenge sie öfters mit Sublimat- oder Carbolsäurelösung und kühle sie durch Eis ab; die bedeckenden Tücher sind mit Chlorkalklösung zu tränken, das