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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Leonardo Pisāno; Leōna Vicarĭo; Leonberg; Leonberger; Leoncavallo

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Leonardo Pisano - Leoncavallo

L. verließ 1482 Florenz, wahrscheinlich, um außerhalb Italiens eine Stellung zu suchen. Aus einzelnen dem L. zugeeigneten Briefen haben einzelne Forscher geschlossen, daß er sich als Ingenieur in den Dienst des Sultans von Ägypten begeben hätte und in Armenien mit der Mission betraut worden wäre, den Ablauf eines durch Bergstürze neu gebildeten Sees zu regulieren. Um 1487 kam L. nach Mailand und trat in den Dienst der Herzöge Galeazzo und Lodovico il Moro. Dem letztern hatte er seine Dienste angeboten in einem noch erhaltenen Schreiben, worin von seinen künstlerischen Befähigungen nur beiläufig die Rede ist, während auf dem Gebiete des Kriegsingenieurwesens eine lange Reihe außerordentlicher Leistungen hervorgehoben wird. Seine wichtigste Thätigkeit im Mailändischen war die Gründung einer Malerschule, deren hervorragendste Vertreter Boltraffio, Cesare da Sesto, Sodoma, Marco da Oggionno und Salaino gewesen sind. Das Projekt des Herzogs, dem Gründer der Dynastie, Francesco Sforza, ein Reiterstandbild zu errichten, kam angeblich darum nicht zur Ausführung, weil L.s Entwurf zu groß angelegt war. Das Modell ging im Anfang des 16. Jahrh. zu Grunde, und da keine Nachbildungen des Originals auf uns gekommen sind, so kann man sich nur nach den Skizzen L.s eine Vorstellung davon verschaffen. Das 28 Fuß lange Wandgemälde des heiligen Abendmahls (s. die beigefügte Tafel: Das heilige Abendmahl; nach dem Kupferstich R. Morghens vom J. 1800) im Refektorium des ehemaligen Klosters Sta. Maria delle Grazie zu Mailand (jetzt Kaserne) wurde 1498 nach fast vierjähriger Arbeit vollendet. Häufige Restaurationen haben dieses Meisterwerk jetzt stark verändert, aber zahllose Nachbildungen haben es zu einem der populärsten Bilder der Welt gemacht. Eine Zeichnung des Christuskopfes im Abendmahl ist in der Brera zu Mailand aufbewahrt (s. Tafel: Italienische Kunst Ⅶ, Fig. 1); eine alte gute Kopie des Bildes mit den Namensunterschriften der Apostel befindet sich in Ponte Capriasca bei Lugano. Von Tafelbildern haben sich aus der Mailänder Zeit von ihm noch erhalten: das unter dem Namen La belle Ferronière bekannte Frauenbildnis (im Louvre), die Vierge au basrelief (bei Lord Warwick in Gatton-Park), die Vierge aux rochers (im Louvre und in der Londoner Nationalgalerie).

Bei dem Sturze des Herzogs 1499 ging L. nach Florenz. 1502 ernannte ihn Cesare Borgia zum Inspektor der Befestigungsbauten in seinen mittelital. Staaten; doch die polit. Ereignisse des folgenden Jahres veranlaßten L. wieder nach Florenz zu gehen. Nachdem er hier das Porträt der Mona Lisa, der schönen Frau des Francesco del Giocondo (jetzt im Louvre in Paris) gemalt hatte, wurde ihm der Auftrag, im Ratssaal des Palazzo della Signoria die Schlacht bei Anghiari im J. 1440 zu malen. Intriguen veranlaßten im Mai 1506 die Unterbrechung der Arbeit. Schließlich teilte das Werk das Los, welches auch Michelangelos Konkurrenzarbeit, der Komposition der «Badenden Krieger», nicht erspart blieb: selbst die Kartons wurden zerstört; von beiden sind nur noch die Vorstudien und schlechte alte Reproduktionen einzelner Gruppen (Der Kampf um die Fahne) erhalten. In den folgenden Jahren verweilte L. abwechselnd in Mailand und Florenz. Im Herbst 1514 ging er mit mehrern Mailänder Schülern nach Rom, wo Giuliano de' ^[Spaltenwechsel] Medici ihm im Vatikan Wohnung gab. Weder dort noch in Frankreich, wohin ihn bald nachher Franz Ⅰ. berief, ist L. mit monumentalen künstlerischen Arbeiten betraut worden. Er starb 2. Mai 1519 in Cloux bei Amboise; seinem Begleiter, dem jungen Mailänder Edelmann Francesco Melzi, hatte er seine zahlreichen Manuskripte und Zeichnungen testamentarisch vermacht. Die als echt angenommenen Werke L.s zeigen eine sichere anatom. Zeichnung und eine durch zarte Übergänge der Farbentöne hervorgerufene Körperlichkeit der Gestalten; auf seinen Frauenbildnissen liegt ein wundersamer Liebreiz des Lächelns.

Der Inhalt der Handschriften bestätigt die Aussagen der Biographen über seine außerordentlichen wissenschaftlichen Kenntnisse. Sie erstrecken sich auf die Kunstlehre («Trattato della, pittura»; Übersetzung und Kommentar von H. Ludwig in den «Quellenschriften für Kunstgeschichte», Bd. 15–17, Wien 1882), Architektur, Anatomie, Astronomie, physische Geographie, Mechanik und verwandte Gebiete, und enthalten auch Fabeln, humoristische «Prophezeiungen» u. dgl. m. In der Wissenschaft vertritt er überall die Grundsätze der analytisch-empirischen Methode. Er war linkshändig, seine Handschrift läuft von rechts nach links und ist auch wegen der mehr phonetischen als grammatikalen Orthographie schwer zu entziffern. Ravaisson-Mollien hat die vollständige Ausgabe der in Paris, Mailand und London verstreuten Manuskripte L.s (Les Manuscrits de Léonard de Vinci, Par. 1880 fg.) begonnen, in welcher der faksimilierten Reproduktion des Originals die Transskription und franz. Übersetzung zur Seite geht. Den «Codex atlanticus» in der Ambrosianischen Bibliothek zu Mailand veröffentlicht die Accademia dei Lincei (Mail. 1894 fg.). Eine reiche Auswahl aus den Handschriften L.s, systematisch geordnet und mit vielen Illustrationen versehen, bietet Richter in The literary works of L. da Vinci (2 Bde., Lond. 1883). Vgl. ferner: Amoretti, Memorie storiche sulla vita di L. da Vinci (Mail. 1803); G. Uzielli, Ricerche intorno a L. da Vinci (zwei Folgen, Flor. 1872 und Turin 1884); Belgiojoso, Saggio delle opere di L. da Vinci (Mail. 1872); Heaton und Black, L. da Vinci and his works (Lond. 1874); Grothe, L. da Vinci als Ingenieur und Philosoph (Berl. 1874); A. Houssaye, Histoire de Léonard de Vinci (2. Aufl., Par. 1876); P. Müller-Walde, L. da Vinci. Lebensskizze und Forschungen (Münch. 1889 fg.).

Leonardo Pisāno, ital. Mathematiker, s. Fibonacci.

Leōna Vicarĭo, mexik. Stadt, s. Saltillo.

Leonberg. 1) Oberamt im württemb. Neckarkreis, hat 286,64 qkm und (1890) 32201, 1895: 31670 (15037 männl., 16633 weibl.) E., 3 Städte und 24 Landgemeinden. – 2) Oberamtsstadt im Oberamt L., an der Glems und der Linie Stuttgart-Calw der Württemb. Staatsbahnen, Sitz des Oberamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Stuttgart), Bezirkskommandos, Kameral- und Forstamtes, hat (1895) 2318 (1890: 2472) E., Postamt zweiter Klasse, großes Schloß, zwei Lateinschulen, Rettungshaus für gefallene Mädchen und Spital (10. Jahrh.); Fabrikation von Schuhen, landwirtschaftlichen Maschinen, Möbeln und Gips, Hundezüchterei (Leonberger, Kreuzung von Bernhardiner und Neufundländer), Landwirtschaft und Weinbau.

Leonberger, Hunderasse, s. Leonberg.

Leoncavallo, Ruggiero, Musiker, geb. 8. März 1858 zu Neapel, gehört unter die namhaftesten