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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lermolieff - Leroy-Beaulieu (Anatole)

land vergebens bedrohte, schloß er 1604 Frieden; den Niederlanden gewährte er 1608 einen zehnjährigen Stillstand; Frankreich fesselte er 1612 durch eine Wechselheirat zwischen span. Infanten und den Kindern Marias von Medici. Allmählich gelang es seinen zahlreichen Feinden doch, L. zu stürzen; die Verschwendung und Nepotenwirtschaft gaben ihren Anklagen reichen Stoff, die kriegerischen Verwicklungen trugen dazu bei, daß L. im Okt. 1618 genötigt ward, den Hof zu verlassen. Er starb 1625. – Vgl. Philippson, Heinrich Ⅳ. und Philipp Ⅲ. (3 Tle., Berl. 1870‒76).

Lermolĭeff, Ivan, Pseudonym des ital. Kunstforschers Giovanni Morelli (s. d.).

Lérmontow (spr. -toff), Michail Jurjewitsch, russ. Dichter, geb. 3. (15.) Okt. 1814 in Moskau, wurde teils im Hause seiner Großmutter Arsenjew, teils auf der Universitätspension für Adlige in Moskau erzogen, kam 1830 auf die Moskauer Universität, verließ diese 1832, besuchte dann die Petersburger Junkerschule und wurde 1834 Kornett im Leibgarde-Husarenregiment. Aus seiner Fähnrichszeit stammen außer einer Reihe zweideutiger Dichtungen seine ersten Nachahmungen Byrons: «Izmail Bej» (1832), «Hadži Abrek» (1833) und der «Dämon» (1829‒34). Im J. 1837 schrieb er sein die Gesellschaft anklagendes Gedicht auf Puschkins Tod («Auf den Tod eines Dichters») und wurde deswegen als Fähnrich in ein Dragonerregiment im Kaukasus versetzt, aber im selben Jahr begnadigt und zur Garde, erst ins Grodnoer, dann ins Leibgarde-Husarenregiment zurückversetzt. Sein im Tone des Volksepos gedichtetes «Lied vom Zaren Iwan Wassiljewitsch, vom jungen Leibwächter und vom kühnen Kaufmann Kalaschnikow» wurde günstig aufgenommen. 1838‒39 lebte er in Petersburg. Hier entstand das Gedicht «Der Novize» («Meyri», deutsch von Budberg, Berl. 1843) und der Anfang des Prosaromans «Ein Held unserer Zeit» (deutsch von Boltz, ebd. 1852; von Rödiger, Wien 1856, sowie in Reclams «Universalbibliothek»). 1840 wurde er wegen eines Duells mit dem franz. Gesandten und Historiker Barante wieder zu einem Infanterieregiment im Kaukasus versetzt. Im nächsten Jahre erhielt er die Erlaubnis, auf kurze Zeit nach Petersburg zurückzukehren. Er fiel im Kaukasus im Duell mit seinem Schulkameraden Martynow 15. (27.) Juli 1841. In Pjatigorsk wurde ihm 1889 ein Denkmal errichtet. Die letzte Periode von L.s Leben ist besonders reich an lyrischen Gedichten. Ausgaben seiner Werke erschienen Petersburg 1873 (mit Biographie von A. Pypin), ferner Petersburg 1880 (2 Bde.), Petersburg ohne Jahr (4 Bdchn., mit Biographie von A. Skabitschewskij); L.s poet. Nachlaß wurde mit Übersetzung und vorzüglicher Abhandlung von Bodenstedt (Berl. 1852) herausgegeben. Gute Übersetzungen finden sich ferner in Dichtungen von Puschkin und L. übertragen von Ascharin (Dorp. 1877; 2. Aufl., Reval 1885).

Lermoos, Pfarrdorf in der österr. Bezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Reutte in Tirol, 14 km südöstlich von der Ehrenberger Klause, in 989 m Höhe, an der Fernstraße in dem sumpfigen Kessel des obern Loisachthals, der östlich von dem Wettersteingebirge, südlich von der Miemingerkette, westlich von der Gartner Wand und nördlich vom Upsberg umschlossen wird, hat (1890) 450, als Gemeinde 580 E., Post, Telegraph, und ist ein beliebter Ausgangspunkt für Ausflüge in diese Gebirge.

Lernäāden, s. Copepoden.

Lernäische Schlange, Hyder oder Hydra von Lerna, nach Hesiod vom Typhon und der Echidna erzeugt, hauste in dem Sumpfe Lerna bei Argos und verwüstete die umliegende Gegend. Die Tötung der Hydra war eine der zwölf Arbeiten des Herakles. Er jagte sie durch glühende Pfeile aus ihrem Schlupfwinkel heraus; sobald er aber einen ihrer neun Köpfe abgeschlagen hatte, wuchsen zwei neue nach. Deshalb steckte Iolaos den benachbarten Wald in Brand und Herakles brannte nun mit Holzscheiten die Halsstümpfe aus. Kürzlich hat Tümpel («Der mykenäische Polyp und die Hydra» in der «Festschrift für Joh. Overbeck», Lpz. 1893) nachgewiesen, daß unter L. G. eigentlich ein Polyp zu verstehen ist, woraus sich die polypenartige Darstellung des Ungeheuers in der bildenden Kunst erklärt.

Le roi est mort, vive le roi (frz.), «der König ist gestorben, es lebe der König», der unter dem absoluten franz. Königtum entstandene Ausdruck für den Rechtssatz, daß in der Erbmonarchie die Krone vom Thronfolger im Augenblick des Todes des Throninhabers ohne jeden Erwerbungsakt und sogar ohne Kenntnis von dem Thronanfall erworben wird. Dadurch ist der Bestand der Erbmonarchie aufs höchste gesichert. Die lat. Wendung ist: rex non moritur («der König stirbt nicht»).

Le roi règne et ne gouverne pas (frz.), «der König herrscht, aber regiert nicht», ein Satz, den Thiers in den ersten Nummern der seit 1. Juli 1830 erschienenen Zeitung «Le National» aufstellte und begründete. In lat. Form (Rex regnat, sed non gubernat) war der Satz schon von Jan Zamojski (gest. 1605) im poln. Reichstage gesagt worden.

Leros, türk. Insel vor der Westküste Kleinasiens, westlich von dem Busen von Mendelia, meist gebirgig, zählt auf 64 qkm 3000 griech. E. An der Ostseite das Örtchen L. oder Hagia-Marina. Man gewinnt Wein, Oliven, Baumwolle und Getreide.

Leroux (spr. -ruh), Pierre, franz. Philosoph und Socialist, geb. 6. April 1797 zu Bercy bei. Paris, lebte 1851‒69 in der Verbannung in Jersey und starb 12. April 1871 zu Paris. Sein Hauptwerk ist «De l’humanité, de son principe et de son avenir» (2 Bde., Par. 1840; 2. Aufl. 1845), ein unklares Gemisch von Saint-Simonismus mit pythagoreischen und buddhistischen Lehren.

Le Roy (spr. rŏá), Marin, Seigneur de Gomberville, franz. Romandichter, geb. 1600 zu Paris, lebte meist auf seiner Besitzung in Gomberville bei Versailles und starb 14. Juni 1674. Er war eins der ersten Mitglieder der Französischen Akademie, schrieb nach lehrhaften und galanten Poesien 1621‒51 vier große Heldenromane, worunter «Polexandre» (1632‒37) der berühmteste ist.

Leroy-Beaulieu (spr. -rŏá bolĭöh), Anatole, franz. Publizist, geb. 12. Febr. 1842 zu Lisieux, machte kunsthistor. Studien und veröffentlichte 1866 «Une troupe de comédiens» und später «La restauration de nos monuments historiques devant l’art et devant le budget» (1875). 1872 bereiste er Rußland und studierte die Einrichtungen und Sitten. Von einer vierten Reise ebendahin kehrte er 1881 zurück und wurde Professor der Geschichte an der École libre des sciences politiques. Seine Werke, die vorher in der «Revue des Deux Mondes» erschienen, sind: «Un empereur, un roi, un pape, une restauration» (1879), «L’Empire des Tsars et les Russes» (3 Bde., 1881‒39; deutsch von Pezold