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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lignin - Ligny

an die Familie. Nach Florenz folgten sich in gerader Lvrne Fürst Claude Lamoral, Generalgouverneur von Mailand, gest. 1679; Heinrich Ludwig Ernst, Gouverneur von Limburg, gest. 1702; Claude Lamoral II., Vicekönig von Sicilien und Grande von Spanien, gest. 1766.

Des letztern Sohn war der österr. Feldmarschall Karl Joseph, Fürst von L.,geb 23. Mai 1735 zu Brüssel. Er trat 1752 in ein österr. Dragonerregiment, stieg 1756 zum Hauptmann auf und zeichnete sich im Siebenjährigen Kriege vielfach aus. Joseph II. ernannte ihn zum Generalmajor und 1771 zum Generallieutenant. Im Bayrischen Erbfolgekriege führte er unter Laudon die Avantgarde. L. stand mit den hervorragendsten Geistern seiner Zeit, wie Rousseau, Voltaire, Laharpe, Friedrich d. Gr., Goethe, Wieland, Schlegel, in litterar. Verbindung. Auf mehrern diplomat. Sendungen nach Petersburg gewann er auch die Gunst der Kaiserin Katharina II., die ihn mit dem Titel eines russ. Feldmarschalls und einem Landgute in der Krim beschenkte. Kaiser Joseph ernannte ihn 1788 zum Großmeister der Artillerie und schickte ihn an den Fürsten Potemkin, dem er in der Belagerung von Oczakow beistand. 1789 führte er ein österr. Armeekorps unter Laudon und befehligte die Artillerie bei der Belagerung von Belgrad. Bei der Eroberung Belgiens durch die Franzosen wurde er aller seiner Güter beraubt. 1807 ernannte ihn Kaiser Franz I. zum Hauptmann der Gardetrabanten und 1808 zum Feldmarschall. Als Bonaparte 1803 die Sequestration der zahlreichen Güter des Hauses L. aufhob, übertrug der Fürst seine Rechte an seinen Sohn Ludwig Lamoral (gest. 10. Mai 1813). Von seiten des Deutschen Reichs erhielt er zur Entschädigung und als gefürstete Reichsgrafschaft die vormalige Abtei Edelstetten, die er 1804 an den Fürsten Esterházy verkaufte. Er starb 13. Dez. 1814 zu Wien. U. d. T.: "Mélanges militaires, littéraires et sentimentaires" (34 Bde., Wien und Dresd. 1795-1811) gab er eine Sammlung seiner Schriften heraus, an welche sich die Œvres posthumes" (6 Bde., ebd. 1817) anschließen. Außerdem erschien von ihm "Vie du prince Eugène de Savoie" (Weim. 1809; 3. Aufl., Par. 1810), "Lettres" (2 Bde., Weimar 1812) und "Philosophie du catholicisme, avec une préface par Ph. Marheinecke" (Berl. 1816). Frau von Staël gab des Fürsten "Lettres et pensées" (2 Bde., Par. 1809), Maltebrun, Œvres choises" (2 Bde., ebd. 1809) heraus. Die militär. Werke wurden vom Grafen Albert von Pappenheim ins Deutsche übersetzt (2 Tle., (Sulzbach 1815). Sein Leben beschrieben Peetermans, Soubiran, Baron Reiffenberg und Du Bled in französischer, Graf Thürheim (Wien 1877) in deutscher Sprache.

Der Enkel des vorigen war Eugen Lamoral von L., Fürst von Amblise und Epinoy, geb. 28. Jan. 1804. Bei der Trennung Belgiens von Holland gedachte ihn eine Partei auf den belg. Thron zu setzen; allein er ging auf den Antrag nicht ein. 1842-43 war er Gesandter König Leopolds I. am franz. Hofe, und 1848-49 bekleidete er den diplomat. Posten an den ital. Höfen. 1851 ward er Mitglied des belg. Senats, dessen Präsident er 1852-79 war. Er starb 20. Mai 1880. Jetziges Familienhaupt ist sein Enkel, Fürst Ludwig, geb. 18. Juli 1854.

Lignin, Holzstoff, die celluloseähnliche Substanz, die sich neben echter Cellulose im Holz der Bäume, Sträucher, Kräuter und Früchte findet. Sie ist wahrscheinlich kein reiner Körper, sondern ein Gemenge verschiedener Verbindungen (inkrustierender Substanzen). Das L. findet sich in sehr wechselnden Mengen im Holze vor. Seine Zusammensetzung entspricht der Formel C19H24O10. Das L. bildet den unverdaulichen Teil der Futterpflanzen (die sog. Rohfaser). Es ist leicht nachzuweisen durch die Gelbfärbung, die es bei Einwirkung von schwefelsaurem Anilin annimmt, oder durch die Rotfärbung, die Phloroglucin und Salzsäure mit L. erzeugen. Durch diese Reaktionen läßt sich auch das aus Holz hergestellte Papier erkennen.

Lignit, eine Art der Braunkohle (s. d., Bd. 3, S. 459 a).

Lignocerinsäure, eine zur Gruppe der Fettsäuren gehörige Säure von der Zusammensetzung C24H48O2, die aus dem Buchenholzteer und dem Erdnußöl dargestellt worden ist.

Lignon (spr. linnjóng), zwei Nebenflüsse der obern Loire; der eine von rechts im Depart. Haute-Loire entspringt auf dem Mont-Mézenc in den Cevennen und hat nördlich gerichteten Lauf (75 km); der andere von links im Depart. Loire kommt aus den Monts du Forez, durchströmt ein schönes Thal und mündet, 52 km lang, unterhalb Feurs.

Lignose, ein zu den Dynamiten (s. d.), besonders zu den Abeliten (s. d.) zählender Sprengstoff, besteht aus Nitroglycerin und nitriertem Holzmehl. L. ist auch eine Bezeichnung für Cellulose (s. d.).

Lignum (lat.), das Holz. In der Heilkunde bedeutet L. benedictum, L. Guaci und L. sanctum soviel wie Guajakholz; L. Quassĭae, Quassiaholz; L. Sassafras, auch L. Pavānum, Sassafrasholz.

Ligny (spr. linnjih), Dorf in der belg. Provinz Namur, 40 km im SSO. von Brüssel, an der Linie Tamines-Landen der Staatsbahnen und Aerschot-Charleroi der Centralbahn, ist bekannt durch die Schlacht vom 16. Juni 1815. Napoleon I. griff 15. Juni die preuß. Vorhut bei Charleroi überraschend an und sendete Ney mit 50 000 Mann auf Quatre-Bras, so daß Wellington glaubte, Napoleon richte seine Hauptmacht gegen ihn, und am 15. trotz Blüchers Aufforderung keine Bewegung unternahm. Erst gegen Mitternacht ließ Wellington sein Heer nach Quatre-Bras vorrücken. Blücher hatte drei Korps (82 000 Mann) zusammengezogen (das Bülowsche stand weit entfernt bei Lüttich) und nahm Stellung zwischen St. Amand und Sombref. Napoleon traf mit 50 000 Mann ein und hielt ein Korps (Erlon) bei Frasnes. Am 16. Juni erst gegen 3½ Uhr nachmittags begann die Schlacht. Während Grouchy mit der Kavallerie den linken Flügel der Preußen beschäftigte, nahm Vandamme nach langem Kampf das Dorf St. Amand. Ebenso hartnäckig verteidigten die Preußen L. gegen Gerard, so daß Napoleon gegen 5 Uhr die Garden anrücken ließ. Schließlich mußten die Preußen der Übermacht weichen. Milhauds Kürassiere mit reitender Artillerie gingen durch das eroberte L.: die preuß. Mitte war durchbrochen. Blücher setzte sich selbst an die Spitze mehrerer Schwadronen zur Attacke; sein Pferd wurde ihm unter dem Leibe erschossen und er selbst nur durch seinen Adjutanten Nostitz und die Rückkehr der preuß. Kavallerie vor Gefangenschaft bewahrt. Der Verlust der Preußen betrug 12 000 Mann und 21 Geschütze, der Franzosen 8000 Mann. Der Rückzug wurde in der Nacht angetreten, und zwar, nach Gneisenaus Entschluß, zur Vereinigung mit Wellington, was die Entschei-^[folgende Seite]