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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Litre - Litteratur und Litteraturgeschichte

Litre, franz. Hohlmaß, s. Liter.

Litschibaum, s. Nephelium.

Litta, Pompeo, Graf, ital. Schriftsteller, geb. 27. Sept. 1781 in Mailand, trat 1804 in den ital. Militärdienst und war in den Kriegen in Deutschland bei der Artillerie thätig. Später widmete er sich geschichtlichen Studien. Nach dem lombard. Aufstand von 1848 von der provisorischen Regierung in Mailand zum Kriegsminister ernannt, vermochte L. den Anforderungen der Zeit ebenso wenig wie seine Amtsgenossen zu genügen. Er starb 17. Aug. 1852 in Mailand. Sein unvollendet gebliebenes Werk "Famiglie celebri d’Italia" (Lfg. 1-184, Mail. 1819-83), dessen Erscheinen mit der Geschichte der Sforza begann, ist ein großartiges Denkmal ital. Geschichtschreibung. Bis zu L.s Tode waren 53 Familiengeschichten erschienen, fortgesetzt wurde das Werk bis auf 75 durch Odorici, Passerini, Stefani, Coda u. a.

Littai. 1) Bezirkshauptmannschaft im österr. Kronlande Krain, hat 686,47 qkm und (1890) 36851 (18017 männl., 18834 weibl.) E., 41 Gemeinden mit 289 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke L. und Sittich. - 2) L., slowen. Littija, Markt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft sowie eines Bezirksgerichts (454,62 qkm, 23724 E.), am rechten Ufer der Save und an der Linie Wien-Triest der Österr. Südbahn, hat (1890) 658, als Gemeinde 1685 E., Post, Telegraph; Flachsbau. In der Nähe das gräfl. Auerspergsche Bergschloß Thurn-Littai und ein Bergwerk auf Bleiglanz und Zinnober. - Vgl. Brunlechner, Beiträge zur Charakteristik der Erzlagerstätte von L. in Krain (im "Jahrbuch der Geologischen Reichsanstalt", Wien 1885).

Littau. 1) Bezirkshauptmannschaft in Mähren, hat 652,08 qkm und (1890) 74324 (34927 männl., 39397 weibl.) E., 119 Gemeinden mit 152 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke Konitz, L. und Mährisch-Neustadt. - 2) Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft L. sowie eines Bezirksgerichts (203,72 qkm, 23461 meist czech. E.), auf einer Insel der March, an der Zweigbahn L.-Schwarzbach (3 km) der Österr.-Ungar. Staatsbahn, hat (1890) 4355 E.; Wollweberei, Papierfabrikation und Landwirtschaft und ist Geburtsort des berühmten Mediziners Marcus von Littau (1426). In der Nähe das fürstl. Liechtensteinsche Jagdschloß Neuschloß. Die Stadt ist eine der ältesten des Landes, wurde 1241 von den Tataren verwüstet und 1260 wieder aufgebaut.

Littauen, s. Litauen.

Littĕra. (lat.), Buchstabe (s. d.); Mehrzahl: Litterae, Buchstaben; etwas Schriftliches, Schreiben, Brief; Wissenschaften; L. scripta manet, der geschriebene Buchstabe bleibt, d. h. was geschrieben ist, hat Bestand, namentlich im Gegensatz zu dem bloß gesprochenen Wort.

Litterālkontrakte, s. Contractus.

Littĕrae quinquennāles (lat.), s. Moratorium.

Litterarischer Verein, 1839 in Stuttgart unter dem Protektorat des Königs von Württemberg gegründeter Verein, seit 1849 mit dem Sitz in Tübingen. Die Zahl seiner Mitglieder (Jahresbeitrag 20 M.) betrug 1895: 329; Vorsitzender ist seit dem Tode Adelbert von Kellers (1883) und W. L. Hollands (1891) Hermann Fischer in Tübingen. Zweck des Vereins ist die Herausgabe wertvoller und seltener älterer Denkmäler der deutschen und roman. Litteratur, der Geschichte und Kulturgeschichte; seine Veröffentlichungen kommen nicht in den Buchhandel. Bis 1895 waren über 200 Bände ausgegeben. Ein Verzeichnis dieser ungemein wichtigen "Bibliothek des L. V." findet sich in "Heinsius’ Bücherlexikon", Bd. 18, Abteil. 1 (Lpz. 1889), S. 156 fg.

Litterarisches Eigentum oder geistiges Eigentum, s. Eigentum und Urheberrecht.

Litterāt (Litterātor, lat.), Gelehrter, speciell Schriftsteller von Beruf.

Litteratūr und Litteraturgeschichte. Litteratur bezeichnet im weitesten Sinne die Gesamtheit aller schriftlichen Denkmale, in denen das Menschengeschlecht sein Wissen, Denken und Fühlen niedergelegt hat. Bei dem außerordentlichen Umfange dieses Begriffs wird die Litteratur in zahlreiche Unterabteilungen nach den Zeiten, den Völkern, den Gattungen der Schriftwerke zerlegt. Man unterscheidet eine Litteratur des Altertums, des Mittelalters und der Neuzeit; eine Litteratur der Griechen, Römer, Deutschen u. s. w.; prosaische und poetische, wissenschaftliche, technische, schöne Litteratur u. s. w. Die litterar. Erzeugnisse eines einzelnen Volks, in denen seine Eigentümlichkeit besonders klar hervortritt, also namentlich seine Dichtungen, faßt man unter dem Namen Nationallitteratur zusammen. Jede Darstellung der Litteratur muß, da diese sich mit der Zeit, der innern und äußern Geschichte der Völker entwickelt, notwendig geschichtliche Form annehmen; es entsteht so die Wissenschaft der Litteraturgeschichte. In frühern Zeiten beschränkte sich diese auf chronol. Verzeichnisse der Schriftsteller und ihrer Werke. So schrieb J. F.^[Jacob Friedrich] Reimmann seinen "Versuch einer Einleitung in die historiam literariam sowohl insgemein als auch in die historiam literariam der Teutschen insonderheit" (7 Bde., Halle 1708-21), und noch Erduin Kochs berühmtes "Kompendium der deutschen Litteraturgeschichte" (Berl. 1791-98) kommt nicht weit darüber hinaus. Erst seit dem Aufblühen der histor. Wissenschaften im 19. Jahrh. kam man zu der Erkenntnis, daß eine wirkliche Geschichte der Litteratur vor allen Dingen eine Darstellung des geistigen Lebens in seiner Entwicklung sein muß. Freilich blieben diesem Ideal noch recht fern die die gesamte Litteratur umfassenden Werke von Joh. Gottfr. Eichhorn, "Geschichte der Litteratur, von ihrem Ursprunge bis auf die neuesten Zeiten" (6 Bde., Gött. 1805-12; Bd. 1, 2. Aufl. 1828), Ludw. Wachler, "Handbuch der Geschichte der Litteratur" (3. Aufl., 4 Bde., Lpz. 1833), und Grässe, "Lehrbuch einer allgemeinen Litterargeschichte aller bekannten Völker der Welt von der ältesten bis auf die neueste Zeit" (4 Bde. in 13 Tln., ebd. 1837-59). Dagegen wirkte die "Geschichte der Deutschen Dichtung" von G. G. Gervinus (Lpz. 1835-42; 5. Aufl. 1871-74) durchaus bahnbrechend, indem sie die deutsche Litteratur mit sicherm ästhetischem Urteil, mit tiefem Einblick in die geschichtlichen Zusammenhänge und auf der Grundlage der wissenschaftlichen, religiösen, staatlichen und gesellschaftlichen Zustände der Zeit darstellt; seitdem zumal ist uns die Litteraturgeschichte nicht eine Geschichte der Bücher, wie die Bibliographie, sondern eine Geschichte der Ideen, der Ideale, der wissenschaftlichen und künstlerischen Formen. In dieser Weise haben namentlich Herm. Hettner (s. d.) und Wilh. Scherer (s. d.) diesen Zweig der Geschichtschreibung fortgebildet, während die Werke von Karl Goedeke (s. d.) und Aug. Koberstein (s. d.) sich durch den Reichtum des kritisch gegliederten Ma-^[folgende Seite]