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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ludwig Wilhelm I. (Markgraf von Baden)

aber zum Teil bewog ihn dazu auch seine Bedrängnis. Der in Avignon residierende Papst Johann XXII. hatte keinen der Thronkandidaten anerkannt. Als L. nach dem Tage von Mühldorf ein Heer nach Italien sandte und dies 1323 dem vom Papste geächteten Visconti zu Hilfe kam, drohte Johann L. mit dem Bann und forderte zur Niederlegung des Königtums auf. L. legte Protest ein, der Papst bannte ihn 1324, worauf L. mit der berühmten Sachsenhäuser Appellation antwortete. Damit begann der letzte Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum, der die ganze Regierung L.s vergiftete. An seinem Hofe fand sich eine Schar der größten mit dem Papst zerfallenen Gelehrten ein, u. a. Marsilius von Padua, Occam, Ubertino da Casale. 1327 zog L. nach Italien, ließ sich in Mailand zum König von Italien, in Rom 17. Jan. 1328 von dem dortigen Volkshaupte Sciarra Colonna zum Kaiser krönen, bestrafte den verräterischen Galeazzo Visconti und setzte an Johanns XXII. Stelle einen Minoriten als Papst Nikolaus V. ein, nachdem er Johann, wie dieser ihn, für abgesetzt erklärt hatte. Eine Empörung der Römer und andere gefahrdrohende Bewegungen in Italien nötigten ihn aber, 1329 nach Oberitalien, dann 1330 nach Deutschland zurückzueilen, wo er nach dem Tode Friedrichs sich mit den andern Herzögen von Österreich aussöhnte. Dagegen mißlang der Versuch einer Aussöhnung zwischen dem Papst Johann XXII. und dem Kaiser, der die Rechte des Reichs selbst so wenig standhaft verteidigte, daß er 1333 sogar abdanken wollte. Der Einfluß der franz. Staatskunst auf die jetzt zu Avignon residierenden Päpste machte auch alle Versuche L.s einer friedlichen Ausgleichung mit Benedikt XII. fruchtlos. Auch die deutschen Fürsten wurden mit ihren Fürbitten an der Kurie ungnädig abgewiesen. Darum traten sie auf den Versammlungen zu Lahnstein und Rhens zum erstenmal für ihren bedrängten Kaiser ein und faßten einmütig den Beschluß, "daß, wer auf rechtmäßige Weise von der Mehrheit der Kurfürsten auf den deutschen Thron erhoben worden, für einen wahren und rechtmäßigen Kaiser und König zu halten sei, ohne erst der Einwilligung und Bestätigung des Papstes zu bedürfen" (15. und 16. Juli 1338).

Außer der Mark Brandenburg, die er 1323 seinem ältesten Sohne Ludwig verlieh, nahm L. 1341 ohne Rücksicht auf seine Vettern die Länder Heinrichs von Niederbayern in Besitz, schied 1342 Margarete Maultasch eigenmächtig von ihrem Gemahl Johann Heinrich und vermählte sie mit seinem Sohne, dem Markgrafen Ludwig von Brandenburg, brachte mit ihr Tirol an sein Haus und erwarb endlich durch seine Gemahlin Margareta, die Schwester des kinderlosen Grafen Wilhelm IV. von Holland, 1316 auch die erledigten Länder Holland, Seeland, Friedland und Hennegau. Freilich zog er sich durch die unrechtmäßige Erwerbung Tirols die erbitterte Feindschaft Johanns von Böhmen und von dessen Sohn Karl zu. Nach dem Tode Benedikts XII. sprach der neue Papst Clemens VI. 1346 aufs neue den Bann über L. aus und wußte einen Teil der deutschen Fürsten so zu gewinnen, daß sie 11. Juli 1316 zu Rhens an L.s Stelle den Sohn Johanns von Böhmen, Markgrafen Karl von Mähren, als Karl IV (s. d.) zum Kaiser wählten. Zwar konnte es Karl nicht zur Anerkennung bringen; doch L. starb plötzlich auf einer Bärenjagd bei Fürstenfeld unfern München 11. Okt. 1347. Er wurde in der Frauenkirche zu München begraben, wo ihm 1625 Kurfürst Maximilian I. ein Denkmal errichtete.

Vgl. Fr. von Weech, Kaiser L. der Bayer und Konig Johann von Böhmen (Münch. 1860); Döbner, Die Auseinandersetzung zwischen L. IV. dem Bayer und Friedrich dem Schönen von Österreich (Gött. 1875); C. Müller, Der Kampf L.s des Bayern mit der röm. Kurie (2 Bde., Tüb. 1879-80); Preger, Beiträge und Erörterungen zur Geschichte des Deutschen Reichs 1330-34 (Münch. 1880); Riezler, Geschichte Bayerns, Bd. 2 (Gotha 1880); Mühling, Die Geschichte der Doppelwahl des J. 1314 (Münch. 1882): Preger, Über die Anfänge des kirchenpolit. Kampfes unter L. (ebd. 1882); ders., Verträge L.s von Bayern mit Friedrich dem Schönen (ebd. 1883); W. Altmann, Der Römerzug L.s des Bayern (Berl. 1886); A. Chroust, Beiträge zur Geschichte L.s und seiner Zeit. I. Die Romfahrt (Gotha 1887); Vatikanische Akten zur deutschen Geschichte in der Zeit Kaiser L.s des Bayern (Innsbr. 1891).

Ludwig Wilhelm I., Markgraf von Baden (1677-1707), Reichsfeldmarschall und österr. Generallieutenant, geb. 8. April 1655 in Paris als der Sohn des Erbprinzen Ferdinand Maximilian von Baden-Baden, wurde nach dem Tode seines Vaters (1669) von seinem Großvater, dem Markgrafen Wilhelm I., 1674 in kaiserl. Dienste geschickt. Seine ersten Kriegsdienste that er unter Montecuccoli gegen Turenne 1675 in dem Feldzuge im Elsaß. Nach dem Frieden von Nimwegen kehrte er 1678 nach Baden zurück und übernahm, da sein Großvater 1677 verstorben war, die Regierung. 1682 zum Feldmarschalllieutenant ernannt, trat er wieder in kaiserl. Dienst und nahm an der Schlacht am Kahlenberg (12. Sept. 1683), durch welche die Türken genötigt wurden, die Belagerung Wiens aufzugeben, hervorragenden Anteil. Er eroberte 1684 Visegrád und that sich 1686 bei der Einnahme von Ofen hervor, nahm mehrere Festungen, wurde Feldmarschall, entschied 12. Aug. 1687 die Schlacht am Berge Harsány bei Mohacs, führte 1688 ein Korps nach Bosnien und erfocht dort bei Dervent einen glänzenden Sieg. Er erhielt hierauf den Oberbefehl an der Donau, schlug die Türken 24. Sept. 1689 bei Nissa und 19. Aug. 1691 bei Salankemen, eroberte Großwardein und Gradisca. 1693 wurde ihm der Oberbefehl über die Reichsarmee gegen die Franzosen übertragen; er nahm Heidelberg wieder, ging sodann nach England, um sich mit dem König Wilhelm III. wegen der Kriegsunternehmungen gegen Frankreich zu vereinigen und fiel nach Eröffnung des Feldzugs im Frühjahr 1694 in das Elsaß ein. Im Spanischen Erbfolgekriege befehligte er die gegen Bayern und Frankreich aufgestellte Reichsarmee, eroberte 1702 Landau und siegte 1704 mit Marlborough zusammen am Schellenberge. Sein Talent in der Befestigungskunst bewährte er durch die berühmten Linien, die sich von dem Schwarzwalde bis Stollhofen an den Rhein ausdehnten. Er starb 4. Jan. 1707 zu Rastatt. Seinen Namen führt jetzt das 3. bad. Infanterieregiment Nr. 111 und das österr. Infanterieregiment Nr. 23. - Vgl. Röder von Diersburg, Des Markgrafen L. W. von Baden Feldzüge wider die Türken (2 Bde., Karlsr. 1839-42); Kriegs- und Staatsschriften des Markgrafen L. W. von Baden über den Spanischen Erbfolgekrieg (hg. von Röder von Diersburg, 2 Bde., ebd. 1850); Schulte, Markgraf L.W. von Baden und der Reichskrieg gegen Frankreich. 1693-97 (2 Bde., ebd. 1892).