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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lutzen - Lützen

teils denen von Birkenfeld gehörte. - Vgl. Klein, Die Bergfeste L. (Mülhaus. 1858); von Bodungen, Die vormalige Grafschaft L. (Straßb. 1880).

Lutzen, russ. Stadt, s. Ljuzin.

Lützen, Stadt im preuß. Reg.-Bez. und Kreis Merseburg, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Naumburg), hat (1895) 3675 (1890: 3504) E., darunter 50 Katholiken, Post, Telegraph, ein altes Schloß, eine Zuckerfabrik und Fenchelbau und ist denkwürdig durch zwei Schlachten. - Die erste war die Schlacht bei L. vom 16. (6. a. St.) Nov. 1632. Nach Aufhebung des Lagers von Nürnberg hatte sich König Gustav Adolf nach Bayern, Wallenstein gegen Sachsen gewendet, wodurch der König bewogen wurde, sich mit dem Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar zu vereinigen und über Erfurt nach Naumburg zu rücken. Wallenstein zog ihm bis L. entgegen und sandte Pappenheim nach Niedersachsen. Infolgedessen brach Gustav Adolf 15. Nov. 1632 gegen L. auf. Auf die Kunde hiervon zog Wallenstein sein Heer zusammen und rief durch Eilboten Pappenheim von Halle zurück. Von seiner Reiterei stand der rechte Flügel unter Holt bei L., der linke unter Gallas dehnte sich bis zum Floßgraben aus. Die Gräben der vor seiner Stellung liegenden Straße ließ Wallenstein vertiefen; dahinter stand das Fußvolk. Die Schweden standen in zwei Treffen; der linke Flügel reichte bis L., der rechte über den Floßgraben hinaus. Der König selbst führte den rechten, Herzog Bernhard den linken Flügel.

Infolge des dichten Nebels griffen die Schweden erst gegen Mittag des 10. Nov. an. Die Kaiserlichen wurden aus den Gräben vertrieben, aber Piccolominis Kürassiere und das Feuer der großen Batterie bei L. warfen die Schweden zurück. Unterdes hatte der König die schweren Geschütze in eine Batterie zusammengezogen und war dann mit der Reiterei über den Graben gesetzt. Die kaiserl. Reiterei wurde hier geworfen. Auf dem linken Flügel hatte Herzog Bernhard zweimal vergeblich angegriffen. Auf die Nachricht vom Weichen seiner Infanterie eilte Gustav Adolf sogleich an der Spitze des Regiments Småland zu Hilfe, sprengte, von nur wenigen Reitern begleitet, im Nebel weit voraus und wurde hier durch mehrere Schüsse zum Tode verwundet. Darauf ergriff Herzog Bernhard den Oberbefehl. In wütendem Ansturm warfen nun die Schweden alles vor sich nieder und stürzten sich auf die kaiserl. Vierecke, die sich schon zur Flucht wendeten, als Pappenheim die Schlacht wieder herstellte. Der rechte Flügel der Schweden wich, auch die Mitte und der linke Flügel; die verlorenen Batterien wurden zurückerobert und die Schweden über die Gräben zurückgedrängt. Hier aber hemmte das zweite schwed. Treffen den Andrang der Kaiserlichen. Zugleich wurde Pappenheim tödlich verwundet, seine Reiterei ergriff die Flucht, riß einen Teil des rechten Flügels mit fort, und als jetzt der Herzog Bernhard, das erste und zweite Treffen in eine Linie sammelnd, aufs neue vordrang, wurden zum drittenmal die Gräben und die Batterien genommen. Erst die Dunkelheit setzte dem Kampfe ein Ziel. Wallenstein zog sich mit Zurücklassung seines Geschützes in der Nacht nach Leipzig zurück und von da nach Böhmen. Beide Teile zählten über 9000 Tote und Schwerverwundete. - Vgl. Droysen, Die Schlacht bei L. (Bd. 5 der "Forschungen zur deutschen Geschichte", Gött. 1862); Diemar, Untersuchungen über die Schlacht bei L. (Marb. 1890).

Die zweite Schlacht bei L. vom 2. Mai 1813, nach einem südlich von L. gelegenen Dorfe auch Schlacht von Großgörschen genannt, war die erste Schlacht der verbündeten russ.-preuß. Streitkräfte gegen Napoleon I. Dieser drang im April mit 120 000 Mann (darunter gegen 6000 Reiter) und fast 280 Geschützen über den Thüringer Wald nach Naumburg vor, um auf Leipzig zu ziehen; gleichzeitig marschierte der Vicekönig von Italien von Magdeburg her die Saale aufwärts und stand 29. April bei Merseburg. Nach dem bei Rippach 1. Mai zwischen der franz. Vorhut und dem General Winzingerode gelieferten Gefecht besetzten die Franzosen L. und den Floßgraben. Obgleich die Verbündeten nur 40 000 Preußen und 50 000 Russen (darunter 25 000 Reiter und 524 Geschütze) zählten, beschlossen sie doch mit Rücksicht auf Österreich, das man zu gewinnen hoffte, den Angriff. Am 1. Mai wurde die gesamte Heeresmacht unter Wittgensteins Befehl bei Pegau und den nächsten Übergängen über die Elster zusammengezogen; sie sollte sich im Süden L.s entwickeln und die rechte Flanke des Feindes angreifen. Der Schlachtplan war von Scharnhorst meisterhaft entworfen, scheiterte aber an der Unfähigkeit Wittgensteins. Napoleon kannte die Nähe der Verbündeten nicht und ließ 2. Mai seine Hauptmacht, gedeckt durch das Neysche Korps, auf der Straße nach L. vorrücken. Das Kleistsche Korps bei Lindenau wurde von Lauriston mit Nachdruck angegriffen. Ney hatte die Dörfer Großgörschen, Rahna, Kaja und Kleingörschen besetzt und wurde um 12 Uhr (6 Stunden später als Scharnhorst geplant) angegriffen. Gleich anfangs wurde Großgörschen genommen und später, gegen 2 Uhr, gelang es, auch in die übrigen Dörfer einzudringen. Da erschien Napoleon selbst auf dem Schlachtfelde. Er hatte Ney angewiesen, sich um jeden Preis zu behaupten, und alle im Marsch auf Leipzig begriffenen Kolonnen umkehren lassen. Nur Lauriston blieb gegen Kleist stehen. Marmonts vorderste Division besetzte sogleich Starsiedel, und der furchtbare Kampf um die vier Dörfer entbrannte von neuem. Yorck wurde in den Kampf verwickelt, Blücher zog seine Reserve vor, die preuß. Gardebrigade erstürmte Kleingörschen, Eisdorf, selbst Kaja, den Schlüssel der ganzen franz. Stellung. Die Kolonnen des Vicekönigs und die folgenden Divisionen Marmonts trafen ein; Napoleon in der unmittelbaren Nähe des entscheidenden Punktes beherrschte die Schlacht, während Wittgenstein die Leitung verloren hatte. Die russ. Garden und Grenadiere, das Korps des Prinzen Eugen von Württemberg kamen nicht zur Verwendung, die Kavallerie ging zurück, Miloradowitsch wurde mit 12 000 Mann bei Zeitz belassen. Dagegen warf Napoleon jetzt seine Garde in die Schlacht, die Kaja, als schon die Dunkelheit einbrach, den Preußen wieder entriß. Auch ein Vorstoß des Prinzen von Württemberg auf dem rechten Flügel mißlang, ebenso ein in der Dunkelheit durch Erscheinen einer franz. Kolonne bei Rahna veranlaßtes Vorgehen Blüchers. Mit anbrechendem Morgen sollte die Schlacht erneuert werden; doch bewog Wittgenstein den Kaiser Alexander und dieser den König von Preußen, den Rückzug anzutreten. Die Verbündeten verloren gegen 10 000 Mann; der Prinz von Hessen-Homburg war gefallen, Scharnhorst tödlich verwundet. Die Franzosen verloren 25 000 Mann, unter ihnen 5 Generale, gelangten aber wieder in den Besitz Sachsens und der Elblinie.