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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Lys; Lysa Gora; Lysánder; Lysefjord; Lysekil; Lysĭas; Lysikrătesmonument

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Lys - Lysikratesmonument

Zeiten war der Lyriker zugleich Komponist und Dichter, und das Volks- und Gesellschaftslied ist bis jetzt ohne Gesang undenkbar, ein recitiertes lyrisches Gedicht ist im Grunde nicht viel besser als ein Lesedrama. Die früher herrschende Ansicht, das Epos, das die Begebenheiten der Außenwelt meldet, sei älter als die L., beruhte auf der sehr begreiflichen Thatsache, daß die Mehrzahl unserer ältesten Dichtungen Epen sind; subjektive Eingebungen des Moments schrieb man eben nicht auf, während das Epos schon als Vertreter der Geschichte und durch seinen Umfang die Aufzeichnung begünstigte.

Unter den Gattungen der L. unterscheidet man im Anschluß an die antike Terminologie die kunstvoll ausgestaltete, meist dem Gottesdienst geweihte Hymne, die feierliche Ode, die frei dahinstürmende Dithyrambe, die Reflexion und Gefühlsleben verbindende Elegie, dann das einfachere Lied (s. d.), das geistlich und weltlich, für Chor und für Einzelne bestimmt sein kann. Dagegen ist es nicht richtig, wenn man das Epigramm, die Epistel, das Lehrgedicht und ähnliche rein gedankliche Dichtungen zur L. rechnet. – Vgl. Du Prel, Psychologie der L. (Lpz. 1380); Jacobowski, Die Anfänge der Poesie (Dresd. 1891); R. M. Werner, L. und Lyriker (Bd. 1 der «Beiträge zur Ästhetik», Hamb. 1890).

Lys (spr. liß) oder Leye, Nebenfluß der Schelde, entspringt bei dem Dörfchen Lysbourg auf dem Plateau von Artois im franz. Depart. Pas-de-Calais, wird bei Aire schiffbar, tritt in das Depart. Nord ein, bildet 30 km weit die Grenze, geht bei Menin ganz nach Belgien über, berührt hier Kortrijk und mündet bei Gent nach einem Laufe von 205 km, wovon 115 auf Belgien und die Grenze kommen und 159 km schiffbar sind. Der L. vermittelt mehrere Kanalverbindungen, unter denen der von Deynze nach Heyst führende Kanal 53 km lang ist. – Am L. ließ Ludwig ⅩⅣ. 1695 durch 20000 Bauern in acht Tagen seine ersten Linien anlegen, die sich aber als unhaltbar erwiesen. Am 13. Sept. 1793 siegten die Holländer am L. über die Franzosen. – Vgl. Beghin, Le pays de la L. (Par. 1876).

Lysa Gora, poln. Łysa Góra, d. i. kahler Berg, Höhenzug in den Kreisen Kjelzy und Opatow der russ.-poln. Gouvernements Kjelzy und Radom, von NW. nach SO. 38 km lang, benannt nach der gleichnamigen Haupthöhe L. G. oder Heiliger Kreuzberg (611 m hoch, mit dem Benediktinerkloster zum Heiligen Kreuz). Eine andere Höhe, Lysiza (Łysica), mit einem Kloster der heil. Katharina, hat 605 m. Die L. G. gehört zu den Ausläufern der Karpaten, ist auf dem Kamm felsig, stellenweise bewaldet, reich an Eisenerzen und es knüpfen sich an sie Sagen von Hexen und Teufeln.

Lysánder (grch. Lysandros), spartan. Feldherr und Staatsmann, war der Sohn des Aristokritus aus dem Königsgeschlecht der Herakliden, seine Mutter dagegen war eine Helotin. Er erhielt 408 v. Chr. den Befehl über die spartan. Flotte, lähmte mit Hilfe des ihm befreundeten jüngern Cyrus, der als pers. Satrap in Sardes regierte, bald die Bewegungen der Athener und schlug 407 die athenische Flotte in Abwesenheit des Alcibiades bei Notion. Nach der Niederlage und dem Untergange seines Nachfolgers Kallikratidas in der Schlacht bei den Arginusen (406) trat er, da das Gesetz verbot, ihn zum zweitenmal zum Nauarchen zu ernennen, aufs neue faktisch an die Spitze der Flotte als Unterbefehlshaber unter dem nominellen Flottenführer Arakus. Er überraschte und nahm 405 auf der Reede von Ägos-Potamos die letzte Flotte der Athener. 406 eroberte er Athen und machte dadurch dem Peloponnesischen Kriege ein Ende. Nachdem L. auch noch Samos, die letzte Bundesgenossin Athens, unterworfen hatte, ging er daran, seine weiten Pläne für die Gründung eines großen Seereichs zu verwirklichen. In den meisten Städten des alten athenischen Seebundes, in Kleinasien, auf den Inseln führte er oligarchische Verfassungen unter Aufsicht spartan. Harmosten (Statthalter) ein. Eine Zeit lang war er der mächtigste und gefeiertste Mann in Griechenland, wurde aber nicht ohne Grund von den Regierenden in Sparta mit Mißtrauen betrachtet und 403 abberufen. Rasch schwang er sich aber wieder zu einer führenden Stellung empor: des Agesilaus (s. d.) Wahl zum König (398) war sein Werk. Freilich folgte auf diese neue Erhöhung bald ein ebenso tiefer Fall, da Agesilaus sich mit ihm überwarf. L. wurde dann bei dem Ausbruch des böotisch-korinth. Krieges gegen Sparta als Befehlshaber nach Böotien gesandt und fiel in dem Treffen bei Haliartus (395 v. Chr.). L.s Leben beschrieben Plutarch und Cornelius Nepos. – Vgl. Vischer, Alcibiades und L. (Bas. 1845); Gehlert, Vita Lysandri (Programm, Bautzen 1874).

Lysefjord, einer der wildesten Fjorde Norwegens, Zweig des Bukkefjords (s. d.), von Felsen von 1000 m Höhe überragt, erstreckt sich von Stavanger, bis 2 km breit, 37 km weit nach Osten.

Lysekil, Flecken im schwed. Län Göteborg und Bohus, am Kattegat, Dampferstation, hat (1892) 2413 E. und vielbesuchte Seebäder.

Lysĭas, attischer Redner, Sohn des Cephalus, aus einer syrakusan. Familie, geb. um 444 v. Chr. zu Athen, begab sich, 15 J. alt, nach Thurii in Unteritalien, wo er bei dem Syrakusaner Tisias Unterricht in der Rhetorik erhielt. 411 kehrte er in seine Vaterstadt zurück, mußte diese aber während der Herrschaft der Dreißig Tyrannen wieder verlassen und flüchtete sich nach Megara. Nachdem Thrasybul zum Freiheitskampfe sich gerüstet und L. selbst dessen Unternehmen unterstützt hatte, kehrte er abermals nach Athen zurück und lebte daselbst als Isotele (bevorrechtigter Schutzverwandter) bis in sein hohes Alter. Von seinen Reden sind 33, wovon einige unvollständig, andere verdächtig, auf uns gekommen. Diese Reden, die L. mit Ausnahme einer einzigen, der gegen Eratosthenes, nicht selbst gehalten, sondern meist zum Gebrauch für andere, einige wohl auch nur zur Übung verfaßt hat, zeichnen sich besonders durch Reinheit, Einfachheit und Klarheit der Sprache aus. Herausgegeben sind die Reden, außer in den Gesamtausgaben der attischen Redner (von Bekker, Baiter, Sauppe und Müller), von Förtsch (Lpz. 1829), Franz (Münch. 1831), Scheibe (Lpz. 1852; 3. Aufl. 1874), Cobet (Amsterd. 1863), und in einer Auswahl von Rauchenstein (Lpz. 1848; 1. Bdchn., 10. Aufl., von Fuhr, Berl. 1889; 2. Bdchn., 9. Aufl. von demselben, ebd. 1886) und von Frohberger (3 Bde., Lpz. 1866‒71; Bd. 1, 2. Aufl., von Gebauer, 1880; kleine Ausg., 2 Hefte, 1875; 2. Aufl., von Gebauer und Thalheim, 1882‒92), übersetzt von Falk (Bresl. 1843) und von Baur (4 Bdchn., Stuttg. 1856 fg. u. ö.).

Lysikrătesmonument, das in Athen südöstlich der Burg an der alten Tripoden (Dreifuß)-straße 335 auf 334 v. Chr. von Lysikrates anläßlich seines choregischen Sieges errichtete Denkmal in