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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Magenkrampf; Magenkrankheiten

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Magenkrampf - Magenkrankheiten

M. giebt sich in der Regel durch Appetitlosigkeit, selbst Ekel vor allen Speisen, durch Übelkeit, Aufstoßen und Brechneigung, durch Druck und unangenehme Empfindungen in der Magengegend, ferner durch pappigen, übeln Geschmack und schleimigen Zungenbeleg, häufig auch durch Sodbrennen, Erbrechen und Verstopfung, zuweilen aber auch durch Durchfall zu erkennen. Daneben bestehen gewöhnlich große Mattigkeit und Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Schwindel, mitunter selbst mehr oder minder heftiges Fieber (sog. gastrisches Fieber); dabei ist der Urin meist dunkel gefärbt und scheidet ein ziegelmehlartiges Sediment aus harnsauren Salzen aus. Wenn sich der Katarrh nicht bloß auf den Magen, sondern auch auf einen größern Teil des benachbarten Dünndarms erstreckt, so gesellen sich zu dem beschriebenen Symptomenkomplex noch Leibschmerzen, öfters auch infolge der katarrhalischen Verschwellung des Gallenausführungsgangs Gelbsucht (s. d.) hinzu. Der akute M. endet nach Tagen oder Wochen mit Genesung oder er geht allmählich in den chronischen M. über. Die hauptsächlichsten Symptome des letztern sind Auftreibung der Magengegend, Gefühl von Druck und Vollsein in derselben, Appetitlosigkeit abwechselnd mit Heißhunger, pappiger fader Geschmack und übler Geruch aus dem Munde, häufiges Aufstoßen und Sodbrennen, hartnäckige Verstopfung und Blähsucht, wozu sich oft Erbrechen von zähem Schleim sowie leichte Gelbsucht gesellen; besteht die Krankheit längere Zeit, so entsteht in der Regel Abmagerung, eine fahle graugelbe Gesichtsfarbe und eine düstere hypochondrische Gemütsstimmung, auch zeigen sich vielfach Herzklopfen, Mattigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und andere nervöse Symptome.

Die Behandlung erfordert vor allem eine sorgfältige und konsequente Regulierung der Diät, ohne welche eine schnelle Heilung überhaupt nicht zu erwarten ist. Für den akuten M. ist die beste Therapie, nichts zu thun als zu fasten; je weniger man eingreift und je weniger mediziniert wird, um so schneller verläuft die Krankheit. Nur wenn der Magen mit gärenden oder in Zersetzung begriffenen Nahrungsmitteln überfüllt ist, sind die Brechmittel oder milde Abführmittel am Platze; im übrigen beschränke man sich auf eine ganz milde Diät, am besten auf einfache Wassersuppen, und nehme allenfalls bei übermäßigem Erbrechen einige Eispillen, bei lästiger Säurebildung etwas gebrannte Magnesia oder doppeltkohlensaures Natrium. Auch der chronische M. verlangt in erster Linie eine diätetische Behandlung. Der Kranke soll immer nur wenig auf einmal genießen, alle Speisen auf das sorgfältigste kauen und seinen ohnedies spärlichen Magensaft nicht durch übermäßige Flüssigkeitszufuhr unnötig verdünnen. Erlaubt sind mageres mürbes Fleisch (am besten junges Geflügel, Wild, Rindfleisch, Kalbfleisch, nicht fetter Fisch), Milch, weichgekochte Eier, Weißbrot, Biskuit, junge zarte Gemüse, wogegen alle blähenden Speisen sowie Fette (auch fette Saucen) streng zu vermeiden sind, kalter Braten wird oft besser vertragen als warmer; beide werden oft leichter nach dem Darreichen von Pepsin und Salzsäure (5-8 Tropfen in einem halben Glas Wasser) verdaut. Von Getränken sind Kaffee und alle stärkern alkoholischen Getränke zu verbieten; Wasser mit Rotwein, schwacher chines. Thee, entölter Kakao sind den meisten Kranken erlaubt; der mäßige Genuß von Sodawasser sowie der natürlichen Säuerlinge von Selters, Bilin, Ems, Salzbrunn u. a. ist zu empfehlen. Manchen Magenkranken bekommt eine längere Milch- oder Buttermilchkur vortrefflich, andern dagegen nicht. Gegen hartnäckige Gärungsvorgänge im Magen erweisen sich kleine Gaben von Kreosot oder Salicylsäure sowie das öftere Ausspülen des Magens vermittelst der Magendouche nützlich; gegen die oft hartnäckige Verstopfung sind Klystiere oder leichte Abführmittel zu brauchen. Unter den Brunnenkuren erfreuen sich gegen den chronischen M. die von Karlsbad, Marienbad, Kissingen, Ems, Tarasp und Vichy eines besondern Rufs. Wenn der chronische M. auf Blutarmut, Schwäche oder Nervosität beruht, muß die Konstitution durch roborierende Mittel, durch Seebäder oder längern Aufenthalt im Hochgebirge gekräftigt werden. - Vgl. Wiel, Tisch für Magenkranke (7. Aufl., Karlsbad 1892).

Magenkrampf (Gastralgia, Cardialgia), Kardialgie, ein plötzlich auftretender, periodischer, bohrender, schnürender oder krampfartiger Schmerz in der Magengegend, der nicht selten bis in den Rücken ausstrahlt und gewöhnlich mit großer Erschöpfung, Ohnmachtsgefühl, verfallenem Gesicht und kleinem, aussetzendem Puls verbunden ist. Die Dauer eines derartigen Anfalls schwankt von einigen Minuten bis zu einigen Stunden und darüber. Der M. findet sich häufig als reine Neuralgie, ohne wahrnehmbare Strukturveränderung des Magens, bei blutarmen und nervösen Individuen (nervöse Kardialgie), ferner bei Hysterie, bei Krankheiten der Gebärmutter und der Eierstöcke; sehr häufig begleitet er auch organische Erkrankungen des Magens, insbesondere das runde Magengeschwür (s. d.). Die Behandlung besteht in strenger Regulierung der Diät und Bekämpfung des vorhandenen Grundleidens. Während des Anfalls erweisen sich die narkotischen Mittel (Bittermandelwasser, Morphium, Belladonna, Cocaïn), die Anwendung äußerer Wärme (Breiumschläge, Magenpflaster) auf die Magengegend sowie Senfteige und Einreibungen von Chloroform in die Magengrube nützlich; bei sehr heftigen Anfällen sind subkutane Morphiumeinspritzungen nicht zu entbehren. Bei blutarmen Personen leistet der Gebrauch von Eisenpräparaten und Eisenwässern gute Dienste; liegt dem M. ein chronisches Magengeschwür zu Grunde, so muß dieses angemessen behandelt werden.

Magenkrankheiten sind infolge der Leichtigkeit, mit welcher mancherlei Schädlichkeiten durch Speise und Trank in den Magen gelangen, ungemein häufig und erheischen von Anbeginn an sorgsame Beachtung, da sie nicht nur an sich mannigfache Beschwerden veranlassen, sondern auch bei längerm Bestehen in der Regel erhebliche Störungen des Allgemeinbefindens zur Folge haben. Hinsichtlich der Häufigkeit stehen der verdorbene Magen oder Magenkatarrh (s. d.) sowie das Magengeschwür (s. d.) obenan; schwerere Formen der Entzündung werden bei Vergiftung mit konzentrierten Säuren und Alkalien beobachtet. (S. Magenentzündung.) Ein sehr verbreitetes Übel ist die nervöse Magenschwäche, meist Teilerscheinung allgemeiner Nervosität. (S. Dyspepsie.) Gewisse M. sind mit starken, selbst lebenbedrohenden Blutungen (s. Blutbrechen), andere mit heftigen krampfartigen Schmerzen (s. Magenkrampf), wieder andere mit einer beträchtlichen Erweiterung der Magenhöhle (s. Magenerweiterung) verbunden. Auch Sodbrennen (s. d.) und Erbrechen (s. d.) be-^[folgende Seite]