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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Malebranche - Malerei

durch seine Überschrift hergeleitet wird. Ursprünglich ist es anonym gewesen und jene Überschrift aus einem Mißverständnis von Kap. 3, 1 geflossen. Das Buch stammt aus der Zeit kurz vor Einführung des Gesetzbuchs Esras (s. d.) und läßt einen Blick in die unbefriedigenden Zustände der Gemeinde thun. Angesichts der Abweichung der Gemeinde vom Ideal, namentlich im Kultus sowie durch zahlreiche Mischehen, erneuert das Buch die prophetische Bußpredigt und Gerichtsverkündigung.

Malebranche (spr. mallbrángsch), Nicole, franz. Philosoph, geb. 6. Aug. 1638 zu Paris, trat im Alter von 22 J. in die Kongregation des Oratoriums, wurde 1699 Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften und starb 13. Okt. 1715 zu Paris. Sein auf gründlichem Studium der Cartesianischen Schriften beruhendes Werk «De la recherche de la vérité» (2 Bde., Par. 1674 u. ö.; deutsch, 4 Bde., Halle 1776‒80) erregte durch Originalität und Eleganz der philos. Darstellung großes Aufsehen, erweckte ihm aber auch Gegner, darunter namentlich Arnauld («Des vraies et des fausses idées», Köln 1683) und Bossuet. Der Zweck dieses Werks, das auch Locke und Leibniz einer kritischen Prüfung unterwarfen, war, die allgemeinen Ursachen der Irrtümer psychologisch zu untersuchen, zugleich aber zu bestimmen, was in der menschlichen Erkenntnis Wahrheit sei, worauf sich diese zuletzt gründe, und auf welchem Wege sie zu erforschen sei. Der Hauptsatz der Lehre M.s ist, daß wir alle Dinge in Gott schauen (seine Vision en dieu), weil Gott als Ort der Geister unsern Geist in sich enthält. Ferner schrieb M. «Traité de la nature et de la grâce» (Rotterd. 1684) und den «Traité de morale» (ebd. 1684; deutsch von Reidel, Heidelb. 1831). Eine Zusammenfassung seiner Lehren enthalten die «Entretiens sur la métaphysique et la religion» (2 Bde., Rotterd. 1688; Par. 1696). Seine «Conversations chrétiennes» (Par. 1676 u. ö.) sind ein Versuch, seine Ideen unmittelbar auf die Theologie anzuwenden. M.s «Œuvres», die noch bei seinem Leben gesammelt (11 Bde., Par. 1712) erschienen, wurden von Genoude und Lourdoueix (2 Bde., ebd. 1837), zuletzt mit einer Einleitung von Jul. Simon (4 Bde., ebd. 1859‒71) herausgegeben. – Vgl. L. Ollé-Laprune, La philosophie de M. (2 Bde., Par. 1870); Novaro, Die Philosophie des Nicolaus M. (Berl. 1893).

Maledetto (ital.), verflucht!

Malediktion (lat.), Verwünschung, Verfluchung, Schmähung; maledizieren, verwünschen.

Maledīven (engl. Maldive Islands), Inselgruppe 800 km südwestlich von Ceylon, 17 niedrige Korallenatolls mit insgesamt 6700 qkm. Das größte Atoll ist 140 km lang und 30 km breit; Suadiwa, das nächste an Größe, 70 km lang und 37 km breit, hat eine große Lagune in der Mitte, zu welcher 42 Eingänge führen. Das Klima ist sehr ungesund; Kolik, Beriberi sind häufig; die Wärme beträgt durchschnittlich 24‒29° C. Die Inseln bringen hauptsächlich Kokospalmen, Reis und tropische Knollengewächse hervor. Kaurimuscheln dienen als Kleingeld, Fischerei bildet einen Hauptnahrungsartikel. Die 30000 E., eingewanderte Hindu, vielfach mit Arabern gemischt, sind Mohammedaner, betreiben lebhaften Handel mit Ceylon, der Malabarküste und gelegentlich mit Maskat, früher auch mit Atschin auf Sumatra; sie stehen unter einem Sultan, der auf der Insel Mali residiert und jährlichen Tribut nach Ceylon sendet.

Malefikánt (lat.), der eines Verbrechens Angeschuldigte.

Malefīz (vom lat. maleficĭum), soviel als Missethat, Verbrechen, kommt in der ältern deutschen Rechtssprache häufig in Zusammensetzungen vor, wo jetzt das Wort «Kriminal» üblich ist, z. B. Malefizgericht, Malefizrecht; insbesondere ist die Malefizordnung Kaiser Maximilians Ⅰ. für Tirol von 1499 bekannt.

Maleīnsäure, eine mit der Fumarsäure (s. d.) isomere organische Säure, C₄H₄O₄ die bei der Destillation von Apfelsäure entsteht. Sie krystallisiert in Prismen, ist von eigentümlich kratzendem Geschmack, in Wasser leicht löslich, schmilzt bei 130° und destilliert bei 160°, bei welcher Temperatur sie zum Teil in Wasser und Maleïnsäureanhydrid (Schmelzpunkt 53°) zerfällt. Beim Erwärmen mit Bromwasserstoffsäure geht sie in Fumarsäure, bei der Behandlung mit nascierendem Wasserstoff in Bernsteinsäure über.

Malek, Melek, Melech (arab., «König»), Name vieler orient. Herrscher.

Malepártus (d. i. mal pertuis [frz.] = Übelloch), in der Tiersage die Raubhöhle des Reineke Fuchs.

Malerarbeiten, s. Maler- und Anstreicherarbeiten.

Malerei, diejenige Kunst, welche mittels der Linien und Farben auf Flächen darstellt; ihr Produkt sind die Gemälde. Von den bildenden Künsten ist die M. räumlich die beschränkteste, insofern sie an die Fläche gebunden ist; doch vermag sie auf dieser Fläche durch genaue Zeichnung, richtige Perspektive sowie durch naturgemäße Verteilung von Licht und Schatten den Schein der Wirklichkeit, d. h. der Körperlichkeit und Beseeltheit hervorzurufen. Die Fläche, welche dem Auftrag der Farben zur Grundlage (Malgrund) dient, ist entweder die Wand (Wandmalerei, monumentale M., Dekorationsmalerei) oder sie ist aus einer Kupferplatte, Holzplatte, aus Leinwand, Papier u. s. w. hergestellt (Tafel-, Staffeleimalerei). In Bezug auf das Material oder den Farbestoff, der bei der M. zur Verwendung kommt, unterscheidet man: Aquarellmalerei, Emailmalerei, Enkaustik, Freskomalerei, Glasmalerei, Gouachemalerei, Ölmalerei, Pastellmalerei, Tempera, Wachsmalerei (s. die betreffenden Artikel). Was den Inhalt der dargestellten Gegenstände anbetrifft, so behandelt die M. das Menschenleben, Tierleben und die landschaftliche Natur. Demgemäß gliedert sich die M. in: Genremalerei (humoristische Darstellungen, Darstellungen aus dem socialen Leben, Familien-und Liebesleben, aus dem Kultur- und Völkerleben, Kostümbilder u. s. w.), Historienmalerei (religiöse Darstellungen, Darstellungen geschichtlicher Vorgänge, Schlachtenbilder u. s. w.) und Porträtmalerei; Tiermalerei (Tierstücke, Jagdbilder) und Stillleben; Landschaftsmalerei (wirkliche Landschaften, Seestücke, Architekturbilder, ideale und heroische Landschaften). (S. die betreffenden Artikel.)

Geschichte. Die M. der alten Ägypter, Babylonier, Perser u. s. w. kannte nur die mit Farbe aufgefüllte Umrißzeichnung, ohne Perspektive, wenngleich nicht ohne Charakteristik der menschlichen Formen in ihren verschiedenen Zuständen und Thätigkeiten. Zu einer höhern Stufe der Vollendung gelangte die M. erst bei den Griechen und den von ihnen abhängigen Römern. Im Zustande des Verfalls wurde die antike M. von der altchristl.