Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

539

Manchester (Städte in Nordamerika) - Mancini (Olympia)

Royal Infirmary in Piccadilly, daneben bestehen Blinden- und Taubstummenanstalten, ein Krematorium seit 1893 u. s. w.

Industrie, Handel und Verkehr. M. ist der Mittelpunkt der engl. Baumwollindustrie und als Stapelplatz ihrer Erzeugnisse in unmittelbarer Handelsverbindung mit allen Handelsplätzen der Erde. Die Baumwollbörse von M. beherrscht den Weltmarkt. Die größten Spinnereien sind die von Shaw Jardin and Co. Limited und Rich. Haworth and Co. Großartig entwickelt sind aber auch Wolltuchfabrikation (besonders Broad cloth, feines breites Tuch, und Kammgarn), auch Seidenspinnerei, Maschinenbau (z. B. Whitworth, Fairbairn Engineering Works, Mather and Platt Limited, Brooks and Dorey, J. Fetherington and Son Limited, Beyer Peacock and Co. Limited, Sir Joseph Whitworth and Co. Limited, Galloways Limited), besonders Lokomotivbau, Eisen- und Stahlwerke, Papierindustrie aller Art, Fabrikation von Chemikalien, von Schirmen und Eisenkleinwaren (Wood and Westhead's Smallware Manufactory). Im ganzen sind etwa 13 Proz. der Bevölkerung industriell, 7 Proz. im Handel thätig. Die hervorragendsten Banken sind: Filiale der Bank von England, London and Midland, M. and County Bank, M. and Liverpool District Banking Company, Cuniffes Brooks and Co., Lancashire and Yorkshire, Union Bank of M. Williams Deacon and M. and Salford. Außer zahlreichen Vorortstationen hat M. fünf durch Verbindungsbahn zusammenhängende Hauptbahnhöfe. Wichtig für M. war der Bridgewaterkanal (s. d.); der seit 1894 eröffnete Manchester-Schiffskanal (s. d.) macht M. auch zur Seestadt. - M. ist Sitz eines deutschen Konsuls.

Geschichtliches. Die ehemalige röm. Station Manucium entwickelte sich im 14. Jahrh. zu einem gewerbfleißigen Orte, der durch Einwanderung von Niederländern (16., 17. Jahrh.) gefördert, dann seit Einführung der Baumwollindustrie raschen Aufschwung nahm. 1720 zählte es 10 000, 1757: 20 000, 1801: 75 275 und Salford 14 477 E. Am 15. Sept. 1830 wurde die Bahn nach Liverpool eröffnet. 1830 ging von hier die Bewegung gegen die Korngesetze aus und M. wurde Sitz der Freihandelspartei (s. d.). Mit 1850 beginnt das gewaltige Wachstum der Schwesterstädte. - Vgl. Baines, History of Lancashire (neue Ausg., 2 Bde., Lond. 1870); Procter, Memorials of M. streets (Manchester 1874).

Manchester (spr. männtschest'r), Orte in den Vereinigten Staaten von Amerika, darunter: 1) Stadt im County Hillsborough im südöstl. Teile von New-Hampshire, größte Stadt des Staates, Eisenbahnknotenpunkt, hat (1890) 44 126 E., darunter viele franz. Canadier. Die Amoskeagfälle des Merrimac liefern Wasserkraft für Fabrikation von Textil- und Posamentierwaren, Lokomotiven, Schuhen und Papier. M. hat eine höhere Schule, zwei Theater, große Bibliothek und schöne öffentliche Gebäude. - 2) Stadt im County Chesterfield in Virginien, am James-River, mit 9240 E., ist Vorort von Richmond (s. d.).

Manchester (spr. männtschest'r), engl. Grafen- und Herzogstitel in der Familie Montagu (s. d.).

Manchesterbraun, s. Bismarckbraun.

Manchesterbrenner, s. Gasbeleuchtung (Bd. 7, S. 567 b).

Manchestergelb, s. Martiusgelb.

Manchesterpartei oder Manchesterschule, ursprünglich der Name der polit. Partei, welche die Interessen der modernen engl. Industrie gegen die Grundaristokratie vertrat und unter der Führung von N. Cobden (s.d.) und J. Bright (s. d.), gestützt auf die Organisation der Anti-Corn-Law-League (s. d.), 1838-46 nach einem hatnäckigen Kampfe die Getreidezölle (s. d.) zu Falle brachte. Sie konnte diesen Kampf nicht führen, ohne das Princip des Freihandels (s. d.) ganz allgemein auf ihre Fahne zu schreiben, und so ist in der neuern Zeit M. die Bezeichnung derjenigen volkswirtschaftlichen Schule geworden, welche, von streng individualistischen Grundsätzen ausgehend, das Laisser faire (s. d.) nicht nur für die auswärtige Handelspolitik, sondern auch für das innere volkswirtschaftliche Leben als Norm aufstellt und demnach die Intervention des Staates aus dem wirtschaftlichen Gebiete soweit wie möglich zurückgedrängt wissen will. (S. Freihandelspartei.)

Manchester-Schiffskanal, die im Jan. 1894 eröffnete Verbindung der Stadt Manchester mit dem Meere. Der Kanal beginnt bei Eastham an der Merseymündung oberhalb Liverpool, ist 57,1 km lang, am Wasserspiegel 52, am Boden 36 m breit und soll auf die gleichmäßige Tiefe von 7,9 m gebracht werden. Er überwindet die Steigung von der Fluthöhe des Meers bis Manchester durch vier gewaltige Schleusen. Großartig sind auch die Viadukte von Irlam, Runcorn und von Acton Grange. Die bei Manchester und Salford angelegten Docks sind 8,4 km lang, besitzen 42 ha Wasserfläche und sind mit Kränen u. s. w. aufs beste ausgestattet. Manchester wurde dadurch Hafenstadt für 151 Fabrikorte von Lancashire, Derby, Stafford und Yorkshire. Die Frachtersparnis beträgt z. B. für Baumwolle 6 Shill. 8 Pence für 20 engl. Centner. Die Kosten des Baues, der im Nov. 1887 begonnen wurde, betrugen 15 Mill. Pfd. St., das ist das 2½fache des Voranschlags.

Manchesterschule, s. Manchesterpartei.

Manchinellenbaum, s. Hippomane.

Mancini (spr. mantschī-), Maria, Jugendgeliebte Ludwigs XIV., geb. 1639 zu Rom, war eine Nichte des Kardinals Mazarin, der sie mit ihren Schwestern nach Paris kommen ließ, wo sie durch ihre Schönheit und ihren Geist die Liebe des Königs gewann. Mazarin, das Verhältnis mißbilligend, brachte sie in ein Kloster und vermählte sie 1661 mit dem Fürsten Colonna, Connetable von Neapel. Sie entfloh ihrem Gatten 1672 und begab sich wieder an den franz. Hof, vermochte aber Ludwig XIV. nicht mehr zu fesseln. Sie verlebte darauf eine Reihe von Jahren in einem Kloster in Madrid, verließ dies 1684 und ist wahrscheinlich 1715 in Madrid gestorben.

Mancini (spr. mantschī-), Olympia, Gräfin von Soissons, Schwester der vorigen, geb. 1640 zu Rom, kam 1647 mit ihren Schwestern nach Paris und wurde 1657 nach ihrer Vermählung mit dem Grafen Eugene Maurice von Soissons zur Surintendantin des Hauses der Königin erhoben. Weil sie sich in die Maitressenhändel des Königs mischte, entfernte sie Ludwig XIV. mehrmals vom Hofe und nahm ihr endlich die Stelle. Sie unterhielt seitdem Verkehr mit der berüchtigten Giftmischerin Voysin und entfloh, durch deren Aussagen kompromittiert, nach Brüssel. Von hier wandte sie sich nach Madrid, wo sie das Vertrauen der Gemahlin Karls II. gewann. Der Herzog von St.-Simon beschuldigt sie, schwerlich mit Recht, ihren Gemahl und die Königin von Spanien vergiftet zu haben. Aus Madrid vertrieben und als politisch gefährlich überwacht, starb sie