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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Martha (Planetoid) - Martigny

der beiden Schwestern nach Bethanien verlegt, und als ihr Bruder wird Lazarus (s. d.) genannt.

Martha, der 205. Planetoid.

Marthahäuser, Anstalten der Innern Mission (s. d.), in denen junge Mädchen, die sich zu brauchbaren Dienstboten ausbilden wollen, in allen Zweigen des Haushalts und der Wirtschaft Unterweisung empfangen und durch praktische Übung vorbereitet werden unter gleichzeitiger Einwirkung auf ihr Seelenleben und fortgesetzter kirchlicher Erziehung. Diese Mägdeschulen, bald Marthaheim oder Marthahof genannt, dienen unbescholtenen Mädchen, die stellenlos in eine fremde Stadt kommen oder hier ihre Stellung verloren haben, als Zufluchtsstätte, wo sie gegen geringes Kostgeld, das sie durch Arbeit im Hause abverdienen können, so lange Unterkunft finden, bis eine passende Stelle für sie gefunden ist. Mitunter sind damit auch Hospize für Mädchen aus bessern Ständen verbunden, deren Beschäftigung sie von der Heimat fern hält, und die dauernd außer dem Hause ihr Brot verdienen müssen. Die meist von Diakonissinnen geleiteten Anstalten übernehmen auch vielfach die Vermittelung von Mietstellen. Die erste derartige Mägdeherberge wurde 1842 in Paris ins Leben gerufen. 1854 gründete Th. Fliedner den Marthahof und die Mägdeschule in Berlin, denen bald andere ähnliche Anstalten in allen größern Städten folgten, so daß zur Zeit gegen 60 solcher Häuser bestehen. - Vgl. Schneider, Die Innere Mission in Deutschland (2 Bde., Braunschw. 1888); Konschel, Die Frauenfrage (Gotha 1890).

Martha's Vineyard (spr. winnjĕrd, "Marthas Weingarten"), eine zu dem nordamerik. Staate Massachusetts gehörende Insel, im O. von Newport, 32 km lang, 9 km. breit, mit 4309 E., welche stark von Badegästen besucht wird; besonders beliebt ist Cottage City. Hauptort ist Edgartown. Im August finden hier große Methodistenmeetings statt.

Martial (Marcus Valerius Martiālis), röm. Epigrammendichter, der eigentliche Schöpfer des neuern Epigramms, geb. um 40 n. Chr. zu Bilbilis in Spanien, kam als Jüngling unter Nero nach Rom und erwarb sich durch seine Dichtungen die Gunst des Titus und des Domitian. Unter Trajan, der die Satiriker nicht liebte, sah er sich veranlaßt, in sein Vaterland zurückzukehren, wo er bald nach 100 n. Chr. starb. Seinen Ruhm begründete M. durch 15 Bücher Epigramme, die treffend und witzig, aber auch durch Obscönitäten und niedrige Schmeicheleien gegen Große entstellt sind. Unter den Ausgaben sind die von Schneidewin (2 Bde., Grimma 1842), von W. Gilbert (Lpz. 1886) und die mit reichem Kommentar versehene von Friedländer (2 Bde., ebd. 1886) hervorzuheben. Deutsche Übersetzungen lieferten Ramler ("Sinngedichte des M. in einem Auszuge", 5 Bde., Lpz. 1787-93; Nachlese, Berl. 1794), Willmann (Köln 1825) und Berg (Stuttg. 1865).

Martialgesetz (Martial law), bezeichnet in England : 1) ein Ausnahmsrecht, wie es in den Ländern des Festlandes durch Erklärung des Belagerungszustandes geschaffen werden kann; in England kann ein derartiges Ausnahmsrecht unter keinen Umständen entstehen; 2) das Recht der Regierung, Gewalt mit Gewalt abzuwenden, wenn die öffentliche Sicherheit bedroht ist. Es ist dies nur eine Anwendung des allgemeinen Rechtssatzes, daß im Falle der Gefahr die Anwendung von Gewalt gestattet ist. Es wird vielfach angenommen, daß im Falle eines Aufruhrs die bewaffnete Macht erst nach Verlesung der Riot Act einschreiten kann. (S. Meeting.)

Martialis (von Mars, in der Pharmacie soviel wie Eisen [s. Chemische Zeichen]), Eisen enthaltend; Medicamenta martialĭa, eisenhaltige Mittel; Aqua martialis, eisen(stahl-)haltiges Wasser.

Martialisch, kriegerisch; auch auf den Planeten Mars bezüglich; endlich in der Weise des Dichters Martial.

Martial law (engl., spr. máhrschäll lah), s. Martialgesetz.

Martianus Capella (Martianus Minneus Felix Capella), lat. Schriftsteller in der ersten Hälfte des 5. Jahrh., geb. zu Madaura in Afrika, wurde in Karthago erzogen und lebte in seinem Geburtslande in bescheidenen Verhältnissen als Sachwalter. Er schrieb vorzüglich mit Benutzung des Varro (s. d.) ein aus Prosa und Versen zusammengesetztes encyklopäd. Werk über die sieben freien Künste, welches im Mittelalter eifrig gelesen und beim Unterricht in den Wissenschaften benutzt wurde. Das Ganze besteht aus neun Büchern, von denen die beiden ersten eine allegorische Geschichte der Vermählung des Merkur mit der Philologie ("De nuptiis Philologiae et Mercurii") enthalten. Außer der ersten Ausgabe (Vicenza 1499) ist die kritisch und exegetisch ausgezeichnete Bearbeitung von Kopp (Frankf. 1830) und die neuere Recension von Eyssenhardt (Lpz. 1866) zu erwähnen.

Martignac (spr. -tinnjáck), Jean Baptiste Gage, Vicomte de, franz. Staatsmann, geb. 1776 zu Bordeaux, studierte Rechtswissenschaft und ließ sich in seiner Vaterstadt als Advokat nieder. Er wirkte für die Rückkehr der Bourbonen und wurde nach der zweiten Restauration zum Generaladvokaten des Hofs und bald darauf zum Generalprokurator zu Limoges ernannt. 1821 in die Deputiertenkammer gewählt, zeichnete er sich durch bedeutendes Rednertalent aus, wurde 1822 Staatsrat, 1823 Vicepräsident der Kammer und nahm als Civilkommissar an der Expedition nach Spanien teil. 1824 wurde er geadelt und zum Vicomte erhoben. Nach dem Rücktritt Villèles wurde M. 4. Jan. 1828 Minister des Innern, zeichnete sich als solcher durch seine gemäßigte Haltung gegen die Liberalen aus und nahm zweckmäßige Änderungen im Personalstande und der Verwaltung vor. Er legte der Kammer ein Municipal- und ein Departementalgesetz vor, mußte aber, da er sie nicht durchbringen konnte, 8. Aug. 1829 zurücktreten. 1830 trat er für Karl X. auf und übernahm die Verteidigung Polignacs in der Pairskammer. M. starb 3. April 1832 in Paris. Aus seinem Nachlaß erschien: "Essai historique sur la révolution d'Espagne et sur l'intervention de 1823" (3 Bde., Par. 1832). - Vgl. E. Daudet, Le ministère de M. (Par. 1875).

Martigny (spr. -tinnjih), deutsch Martinach. 1) Bezirk im schweiz. Kanton Wallis, hat 263,1 qkm und (1888) 11 567 E., darunter 106 Evangelische, in 12 Gemeinden. - 2) Martigny-Ville (Martinach-Flecken), Stadt und Hauptort des Bezirks M., in 470 m Höhe, in sumpfiger Ebene, am rechten Ufer der Dranse und auf der linken Seite des Rhônethals, welches hier rechtwinklig nach NW. umbiegt, an der Linie Lausanne-St. Maurice-Brig der Jura-Simplon-Bahn, hat (1888) 1552 E., darunter 40 Evangelische, Post, Telegraph, alte Kirche mit röm. Inschriften, eine röm., 1822 erneuerte Wasserleitung, mehrere Gasthöfe, eine Bronzebüste der