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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Martini (Giovanni Battista) - Martinofen

Lehrer der Geschichte und Litteratur, zuerst in Vercelli, dann in Pisa, trat 1872 in die Redaktion der Zeitschrift "Fanfulla" ein und gründete 1879 die Wochenschrift "Fanfulla della Domenica". 1892-93 war er im Kabinett Giolitti Unterrichtsminister. M. hat sich bekannt gemacht durch die Schauspiele "L'uomo propone e la donna dispone" (Pisa 1862), "I nuovirecchi" (1863), "Fede" (1864), "L' elezione di un deputato" (1867), "Chi sa il ginoco non lo insegni" (1872; 5. Aufl., Mail. 1882); von sonstigen Werken seien erwähnt: "La Marchesa" (Roman, 1876), "Racconti" (Mail. 1889) und die von ihm herausgegebenen "Memorie di Guiseppe Giusti" (ebd. 1890). Eine Sammlung von Essays erschien als "Fra un sigaro e l'altro" (Mail. 1877).

Martini, Giovanni Battista, gewöhnlich Padre Martini genannt, Musikgelehrter, geb. 25. April 1706 zu Bologna, trat 1721 in den Minoritenorden und studierte Musik, zugleich auch die philos. Wissenschaften. 1725 wurde er Kapellmeister an der Franziskanerkirche in Bologna. M. starb 4. Aug. 1784. Von großem Einfluß war seine Kompositionsschule, aus der Sarti, Mattei und andere bedeutende Musiker hervorgingen; in der Theorie war er ein Anhänger von Fux. M.s wichtigste Werke sind die "Storia della musica" (3 Bde., Bologna 1757-81), nicht vollendet und fast nur mit der Musik der Griechen sich befassend, und eine Sammlung mehrstimmiger kontrapunktischer Gesangstücke mit Erklärungen u. d. T. "Esemplare, osia saggio fondamentale pratico del contrappunto" (2 Bde., Bologna 1774-75), die als praktisch-theoretisches Lehrbuch anzusehen ist. Als Komponist vieler Kirchensachen (meist Manuskript), Klavier- und Orgelsonaten, Kammerduetten u. s. w. zeigt er weniger Erfindung als korrekte Gelehrsamkeit. M.s Bibliothek ist großenteils auf das Liceo musicale in Bologna übergegangen.

Martini-Henry-Gewehr, s. Henry-Martini-Gewehr.

Martinique (spr. -nick), nächst Guadeloupe (s. d.) die wichtigste der franz. Antillen in Westindien, zwischen Sta. Lucia und Dominica, hat 988 qkm, längliche Gestalt mit zackigem Umrisse, durchaus gebirgigen Charakter, zahlreiche, meist trachytische Vulkane, wie den 1350 m hohen Monte-Pelee mit großem Krater und Solfataren, und den basaltischen Piton du Carbet (1225 m) sowie Piton du Vauclin. Kegelförmige Berge nennt man Pitons, die minder hohen, sanfter sich abdachenden, Mornes. Die Vorgebirge bilden sichere, aber wegen der Korallenbänke meist nur schwer zugängliche Baien und Häfen. Kleine Flüsse, Gießbäche und heiße Mineralquellen sind zahlreich. Das Klima ist trotz der Hitze und dem Witterungswechsel der Tropengegend gesund, doch kommt das Gelbe Fieber vor. Heftige Cyklone richten auf M. bisweilen große Verwüstungen an; 1845 und 1891 war die Insel der Schauplatz einer furchtbaren Verheerung, bei der auch viele Menschen umkamen. Erdbeben sind seltener. Der Boden ist sehr ergiebig. Das wichtigste Produkt ist Zuckerrohr, dessen Anbaufläche bis auf 50 000 ha gestiegen ist, daneben Maniok, süße Kartoffeln, Bananen, Nahrungspflanzen (13 500 ha), Kaffee, Kakao, auch Baumwolle. Tabak war im 17. Jahrh. wichtig. Bau- und Nutzholzer wachsen in dichten Waldungen, Campecheholz wird ausgeführt; die Viehzucht ist ansehnlich. In den Bergregionen gedeihen europ. Getreidearten. Die Einwohner, insgesamt (1883) 175 863, sind meist Neger und Mulatten (131 000); die Zahl der Weißen betrug 1886 etwa 10 000, die der Kuli und Chinesen 27 000. In Frankreich geboren waren nur 652. Hauptindustrie ist die Zuckergewinnung. Bis zur Revolution war der Handel auf M. erst Monopol einer franz. Gesellschaft, dann der Regierung. Der Wert der Einfuhr (Reis und Manufakturen) betrug (1890) 30,26, der der Ausfuhr eigener Erzeugnisse (fast nur nach Frankreich) 20,71 Mill. Frs. Eisenbahnen sind 194 km in Betrieb. M.ist in zwei Arrondissements geteilt. Hauptort ist Fort de France (s. d.). Der wichtigste Handelsplatz ist Saint Pierre (s. 0.). Daneben sind zu nennen: La Trinité, Handelsstadt an der gleichnamigen Bucht mit 7890 E., Lamentin und La Macouba mit einst berühmten Tabakpflanzungen und 2482 E. - Die Insel wurde 15. Juni 1502 von Columbus entdeckt und 1635 durch franz. Kolonisten von der Insel St. Christoph in Besitz genommen, welchen sie 1664 die franz. Regierung abkaufte. Von den Engländern wurde sie 1762, 1794 und 1809 genommen, aber jedesmal an Frankreich zurückgegeben. - Vgl. Aube, La M., son présent et son avenir (Par. 1882); Monet, La M. (ebd. 1892).

Martinisieren, der Arbeitsvorgang bei dem Siemens-Martin-Prozeß (s. Eisenerzeugung, Bd. 5, S. 929 b).

Martinitz, Jaroslaw, Graf von, österr. Staatsmann, geb. 6. Jan. 1582 aus einem böhm. Geschlecht, wurde von Kaiser Rudolf II. 1603 zu seinem Rate, 1609 zum Hofmarschall und Beisitzer des Landgerichts ernannt. 1617 erhielt er das einträgliche Amt eines Burggrafen von Karlstein, das man dem Grafen Thurn entzogen hatte, und wurde bald darauf mit Slawata Mitglied der Statthalterschaft. Durch seinen kath. Eifer erregte er den Haß des prot. Adels, so daß er mit Slawata 23. Mai 1618 aus dem Prager Schlosse in den Burggraben geworfen wurde (s. Dreißigjähriger Krieg, Bd. 5, S. 503). An den reaktionären Maßregeln nach der Niederwerfung des böhm. Aufstandes hat sich M. nicht beteiligt. Er wurde 1621 in den Reichsgrafenstand erhoben, 1624 Oberstlandrichter, 1625 Oberstlandkämmerer, 1628 Obersthofmeister von Böhmen, 1638 Oberstburggraf von Prag und starb 11. Nov. 1649. - Der Mannesstamm des Geschlechts M. erlosch mit Franz Karl 1789, dessen Tochter Maria Anna nun einen Teil der Erbgüter erhielt und 1791 den Grafen Karl Clam heiratete, der mit Genehmigung des Kaisers 1792 den Namen Clam-Martinitz annahm.

Martino, Simone di, unrichtig Simone Memmi genannt, ital. Maler, einer der größten Künstler von Siena, wo er 1283 geboren wurde. Duccio (s. d.) di Buoninsegna scheint sein Lehrer gewesen zu sein. Nach 1336 weilte er am päpstl. Hofe in Avignon, wo er 1344 starb. Sein Stil bildet ein Gegenstück zu dem gleichzeitig unter Giotto hoch entwickelten florentinischen; doch läßt er sich jenem an Bedeutung nicht vergleichen, so schön und anmutsvoll seine Bildwerke auch sind. Im Palazzo Pubblico zu Siena befindet sich von M. ein 1315 entstandenes Fresko: Madonna mit Heiligen; fünf Jahre später malte er ein Altarwerk für die Nonnen von Sta. Caterina, das in Fragmenten in Pisa vorhanden ist, anderes in Orvieto, Assisi (Fresken in San Francesco), Florenz. Mit Lippo Memmi, dem er jenen unrichtigen Beinamen verdankt, angeblich seinem Schwager, malte er eine Verkündigung (1333; Uffizien in Florenz).

Martinofen, s. Eisenerzeugung (Bd. 5, S. 929 b) und Tafel: Eisenerzeugung III, Fig. 1 u. 2.