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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mecklenburg

Hälfte rot, die untere golden (Grafschaft Schwerin). Die Felder zeigen: 1) in Gold einen gekrönten schwarzen Büffelkopf mit silbernen Hörnern (Mecklenburg); 2) in Blau einen schreitenden goldenen Greif (Rostock); 3) quergeteilt, oben wie 2, unten ein grünes, silberbordiertes Feld (Fürstentum Schwerin); 4) in Rot ein schwebendes silbernes Kreuz, darüber eine Krone (Ratzeburg); 5) in Rot einen weiblichen Arm mit goldenem Ring (Stargard); 6) in Gold einen schrägliegenden Büffelkopf (Wenden). Das Wappen ist von einem Stier und einem Greif gehalten und von der Königskrone bedeckt. Die Landesfarben sind für Schwerin Blau, Gelb, Rot; für Strelitz Rot, Gelb, Blau. 1804 ward ein gemeinsamer Hausorden der Wendischen Krone gestiftet, dessen Verleihung beiden Großherzögen zusteht; 1884 stiftete der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin noch einen Greifenorden (s. d.). ^[Abb.: Wappen von Mecklenburg]

Geschichte. Im frühen Altertum wohnten hier verschiedene deutsche Völkerschaften; im 6. Jahrh. wird der slaw. Stamm der Wenden Herr im ganzen Lande. Um 780 war der Westen von M. im Besitz der Obotriten, der Osten im Besitz der Wilzen. Erst durch den Sachsenherzog Heinrich den Löwen wurden die Wenden in M. dauernd unterjocht und zum Christentum bekehrt. Der Obotritenfürst Niklot, von dessen Stammsitz Mikilinborg (d. h. große Burg, jetzt ein Dorf zwischen Wismar und dem Schweriner See) das Land den Namen erhielt, fiel 1160 im Kampfe. Sein Sohn Pribislaw, der Stammvater des noch regierenden Fürstenhauses, ließ sich 1164 taufen und ward 1167 als deutscher Vasall wieder in die Herrschaft eingesetzt. Doch trennte Heinrich der Löwe die Grafschaft Schwerin von dem Lande ab und verlieh sie um 1167 dem Ritter Gunzel von Hagen. Heinrich der Löwe stiftete die Bistümer Schwerin und Ratzeburg. Nach dem Sturze Heinrichs des Löwen wurde M. von König Waldemar Ⅱ. von Dänemark unterworfen. Aber 1223 nahm Graf Heinrich von Schwerin, der Sohn Gunzels, den dän. König gefangen, und Waldemar mußte nach längerer Haft in M. seine Freiheit durch vollständigen Verzicht und hohes Lösegeld erkaufen. Die Schlacht bei Bornhöved (22. Juli 1227) machte der dän. Herrschaft in Norddeutschland für immer ein Ende. 1229 teilten die Enkel des Heinrich Burwy, des Sohnes Pribislaws, das Land in vier Linien. Von diesen blüht die älteste, welche den Nordwesten des Landes mit dem Stammsitz der obotritischen Fürsten in Besitz nahm, bis jetzt fort und beerbte 1261 die Linie zu Richenberg (Parchim), 1314 die zu Rostock und 1436 die zu Werle (Fürstentum Wenden); außerdem erwarb sie 1358, nach dem Aussterben der dortigen Dynastie, auch die Grafschaft Schwerin. Ferner kam durch Heirat 1301 die Herrschaft Stargard, die ursprünglich zu Brandenburg gehörte, als Mitgift an M. Es ward zwar mit dieser Herrschaft 1352 eine jüngere Nebenlinie ausgestattet; diese erlosch aber 1471 wieder, so daß nun ganz M. unter einen Fürsten gelangte (wenn mehrere Brüder vorhanden waren, pflegten diese fortan gemeinschaftlich zu regieren; mehrfach kamen aber auch neue Landesteilungen vor). Die Ständeversammlungen waren bis Anfang des 16. Jahrh. weder regelmäßig, noch umfaßten sie das ganze Land. 1523 schlossen die Stände zum Teil gerade wegen der Landesteilungen eine Union, die die Grundlage für die weitere Entwicklung der ständischen Verfassung in M. bildete.

Während des Mittelalters beanspruchten die Herzöge von Sachsen und die Markgrafen von Brandenburg eine Lehnsoberherrlichkeit über M., und erst 8. Juli 1348 wurden die mecklenb. Fürsten von Kaiser Karl Ⅳ. zu Herzögen ernannt und damit später als vollberechtigte Reichsfürsten anerkannt. Spätere Streitigkeiten mit Brandenburg fanden ihre Beilegung durch den Vertrag von Wittstock 12. April 1442, in welchem das brandenb. Kurhaus verschiedene Ansprüche aufgab, dafür aber die Eventualsuccession in ganz M., sobald der Mannsstamm der dortigen Dynastie ausgestorben, zugesichert erhielt. Die Reformation hatte im zweiten Viertel des 16. Jahrh. die Einführung des luth. Glaubensbekenntnisses zur Folge, und auch das Bistum Schwerin kam seitdem unter die Verwaltung des mecklenb. Fürstenhauses. 1555, 1611 und 1621 fand eine neue förmliche Landesteilung statt, wobei aber die Stadt und Universität Rostock, das Hofgericht, das Konsistorium, die Landstände u. s. w. ungeteilt blieben. So entstanden die Linien Güstrow und Schwerin. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden beide Herzöge, Johann Albrecht Ⅱ. von Mecklenburg-Güstrow und Adolf Friedrich Ⅰ. von Mecklenburg-Schwerin, wegen ihres Bündnisses mit König Christian Ⅳ. von Dänemark in die Reichsacht erklärt und vertrieben. Darauf belehnte Kaiser Ferdinand Ⅱ. 16. Juni 1629 Wallenstein mit M. Mit Hilfe Gustav Adolfs von Schweden kehrten die vertriebenen Herzöge 1631 wieder zurück, und der Prager Friede bestätigte sie 1635 im Besitz ihrer Erblande. Im Westfälischen Frieden 1648 mußten die Herzöge die Stadt Wismar nebst den Ämtern Poel und Neukloster an Schweden abtreten, erhielten aber zur Entschädigung die säkularisierten Bistümer (Fürstentümer) Schwerin und Ratzeburg sowie die Johanniterkomtureien Mirow und Nemerow.

Die Linie Güstrow starb schon 1695 mit Johann Albrechts Ⅱ. Sohn Gustav Adolf wieder aus. Der Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin wollte nun das ganze Land an sich nehmen, aber sein Oheim Adolf Friedrich Ⅱ. von Strelitz erhob dagegen Protest. Nach längern Streitigkeiten und Fehden vermittelte Kaiser Leopold Ⅰ. den Hamburger Teilungsvergleich vom 8. März 1701; Adolf Friedrich erhielt die Herrschaft Stargard nebst Mirow und Nemerow und das Fürstentum Ratzeburg und wurde somit der Stifter der Linie Strelitz. Gleichzeitig ward das Recht der Erstgeburt und das Linealsystem eingeführt. Die Union der Landstände blieb unverändert bestehen. Zwei apanagierte Nebenlinien, die zu Grabow, abgezweigt von Schwerin, und die zu Mirow, abgezweigt von Strelitz, gingen 1746 und 1752 wieder in den Hauptlinien auf. In Mecklenburg-Schwerin folgten auf Friedrich Wilhelm (1692‒1713) Karl Leopold (1713‒28, wegen seiner steten Streitigkeiten mit den Ständen vom Reichshofrat abgesetzt), dessen Bruder Christian Ludwig (seit 1728 Administrator, seit 1733 kaiserl. Kommissarius, 1747‒56 Herzog), Friedrich (1756‒85), sein Neffe Friedrich Franz Ⅰ. (1785‒1837),