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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mehlflechte - Mehlfrüchte

eigentliche Mühleneinrichtung zerfällt sonach in eine Anzahl hintereinander arbeitender Schrot-, Auflös- und Mahlsysteme, von denen jedes aus Mahl-, Beutel- und Putzmaschinen besteht. Im Stockwerk 1 sind die Mahlmaschinen aufgestellt, von denen Aufzüge das Mahlgut auf die in dem Stockwerk 3 befindlichen Beutelmaschinen heben. Von diesen läuft durch Rohre der Schrot zum nächsten Schrotsystem, der Gries in die darunter befindliche Griesputzerei (Stockwerk 2), die Dunst zu einem Mahlsystem und das Mehl aus der Mühle hinaus in die im Mehlspeicher E befindlichen Mischkammern m. Aspirationseinrichtungen, mit denen Walzenstühle, Mahlgänge und Sichter versehen sind, entfernen aus den Maschinen die beim Mahlen entstehenden feuchten Dünste. Die Staubluft der Griesputzmaschinen wird in Staubsammler geleitet (s. Mühlstaub), so daß nach jeder Hinsicht für die Erhaltung reiner Luft in der Mühle gesorgt ist. F ist das Kesselhaus, G das Maschinenhaus, H sind Geschäfts- und Wohnräume.

In der Kopperei waren Roggen und Weizen in gleicher Weise behandelt worden, erst bei Eintritt in die Mühle unterscheiden sich die Mahlverfahren, da Roggen, wie bereits bemerkt, in der Regel flach, Weizen dagegen in mehr oder minder ausgeprägter Form hoch gemahlen wird. Der gereinigte Roggen wird zunächst auf glatten Walzen gequetscht, hierauf von dem losgelösten Staube befreit und alsdann drei- bis viermal auf Riffelwalzen tief gemahlen, wobei nach jedem Walzendurchgange nur das Mehl abgebeutelt, das übrige Mahlgut aber dem nächsten Mahlsystem unmittelbar zugeführt wird. Die Schalen werden endlich auf Mahlgängen ausgemahlen. Bei diesem Roggenvermahlen werden etwa 60 Proz. backfähiges Mehl, 10 Proz. Futtermehl und 25 Proz. Kleie gewonnen. Der gereinigte Weizen wird dagegen vier- bis neunmal auf Riffelwalzen geschroten. Nach jeder Schrotung werden Schrot, Gries, Dnnst und Mehl getrennt. Der Schrot läuft auf die nächsten Schrotwalzen, die in der Griesputzerei gesäuberten Griese werden auf Glattwalzen aufgelöst, wobei Mahldunste und Mehl gewonnen werden. Die Dunste endlich werden auf Glattwalzen oder Mahlgängen ausgemahlen. Als Übergang vom letzten Schrot bleiben Schalen übrig, die ein letztes Mal auf Schleudermühlen oder Steinen bearbeitet werden. Im Mehlspeicher werden schließlich die fertigen Mehle und Futterstoffe von Hand oder mittels Packmaschinen in Säcken abgefaßt und bis zu ihrer Verladung aufgestapelt. Das Ergebnis einer solchen Weizenvermahlung sind etwa 70 Proz. backfähiges Mehl, 5 Proz. Futtermehl und 20 Proz. Kleie. Beim Roggen- und Weizenvermahlen findet ein Verlust durch Verstauben und Verdunsten statt, der auf etwa 4 Proz. geschätzt werden kann.

Die besten Griesmehle der Hochmüllerei führen den Namen Auszugmehle, die nächsten Sorten werden Mundmehle genannt, nach denen in der Güte die Pohlmehle und Schwarzmehle kommen. Der Mehlhandel versteht unter Mehlmarke die Bezeichnung eines nach Farbe und Güte festbestimmten Mehls, welches dem Haupterfordernis entsprechend vom Müller in stets gleichbleibender Farbe und Backfähigkeit aus den verschiedensten Rohmaterialien erzeugt werden muß. Der Müller hat daher vor der Vermahlung die Eigenschaften des Getreides zu prüfen und eine solche Auswahl zu treffen, daß die Eigenschaften der Getreidesorten, indem sie sich gegenseitig ergänzen, dem Mehle eine stets gleiche Güte verleihen. Bei Roggen wird meist nur das Effektivgewicht (Gewicht eines Hektoliters) ermittelt, welches zwischen 70 und 75 kg schwankt, bei Weizen muß zu der Bestimmung des zwischen 70 und 83 kg sich bewegenden Effektivgewichts die Ermittelung des Klebergehalts und die Prüfung des ausgewaschenen Klebers in Bolands Aleurometer (s. d.) hinzutreten. Auch das erzeugte Mehl muß fortlaufenden Prüfungen unterworfen werden. Die Farbe des Mehls wird nach dem Pekárschen Verfahren durch Eintauchen der in dünnen Schichten zusammengedrückten Mehlproben in Wasser ermittelt. Wie bei der Getreideuntersuchung wird der Klebergehalt und die Klebergüte des fertigen Mehls durch Auswaschen und Backen im Aleurometer bestimmt und endlich wird die Hantierung und Backfähigkeit des Mehls durch Backproben festgestellt.

Folgende chemische Zusammensetzung der Mehle ist Wagners "Handbuch der chem. Technologie" (13. Aufl., Lpz. 1889) entnommen.

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Bestandteile Weizenmehl Roggenmehl

Wasser 15,54 14,60

Albumin 1,34 1,56

Pflanzenleim 1,76 2,92

Caseïn 0,37 0.90

Fibrin 5,19 7,36

Kleber 3,50 ---

Zucker 2,33 3,46

Gummi 6,25 4,10

Fett 1,07 1,80

Stärke 63,64 64,28

Asche 1,05 - 1,50

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Die Asche enthält: 49,7 Proz. Phosphorsäure, 31,8 Proz. Kali, 14,7 Proz. Magnesia, 4,2 Proz. Kalk u. s. w.

Das Mehl kann zufällig und absichtlich verunreinigt sein; zu den zufälligen Verunreinigungen gehören Staub, erdige Teile, die an den Körnern anhaften, ferner Pilze, Mutterkorn. Die auf Gewichtsvermehrung berechneten Zusätze sind Schwerspatpulver (schwefelsaurer Baryt), Gips, Kreide, Infusorienerde, kohlensaure Magnesia, hellfarbige Thone; diese Zusätze vermehren den unverbrennlichen Rückstand des Mehls, welcher sonst nicht über 2 Proz. zu betragen pflegt, bis zu 20 Proz. und darüber. Außer den genannten mineralischen Stoffen werden dem Mehl zur Aufbesserung der Farbe mitunter auch noch Alaun, Zink- und Kupfervitriol beigemischt. Als vegetabilische Beimengungen zum Mehl kommen vor: gemahlene Hülsenfrüchte oder Mehle von minderwertigen Cerealien (Roggenmehl zum Weizenmehl, Gersten- und Hafermehl zum Roggenmehl) sowie von manchen Ackerunkräutern (Kornrade, Wicken, Knöterich, Ackerwinde, Taumellolch); diese Verfälschungen sind großenteils durch das Mikroskop und durch gewisse chem. Reagentien mehr oder weniger leicht zu erkennen.

Litteratur. Meißner, Die Walzenmüllerei (Jena 1881); Lohmann, Der Wassermahlmühlenbau (8. Aufl., Weim. 1883); Kreuter, Die österr. Hochmüllerei (Wien 1884); Kunis, Die Praxis des Mühlenbetriebs (2 Bde., Lpz. 1884-85); Neumann, Der Mahlmühlenbetrieb (3. Aufl., Weim. 1890); Pappenheim, Populäres Lehrbuch der Müllerei (3. Aufl., Wien 1890); Haase, Neuerungen im Müllereibetriebe (Berl. 1892); Deutscher Mühlenkalender (Dresden, begründet von Uhland, fortgesetzt von Kunis); Zeitschrift "Die Mühle" (Leipzig, hg. von Kunis).

Mehlflechte, s. Hautkrankheiten der Haustiere.

Mehlfrüchte, s. Getreide.