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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mission

Gesellschaften übernahmen neue M. in den deutschen Kolonien (Basel: Kamerun; Berlin I und die Brüdergemeine das Gebiet am Njassasee; die Rheinische Kaiser-Wilhelms-Land). In Queensland und Neuguinea hat auch die seit 1843 bestehende Missionsanstalt in Neuendettelsau in Bayern, die bisher meistens Prediger für die luth. Deutschen in Amerika und Australien ausbildete, 1886 eine eigene M. unternommen. 1890 entstand die deutsche China-Allianz-Mission in Barmen im Anschluß an die engl. China-Inlandmission. Auch der Jerusalem-Verein seit 1852 ist hier zu erwähnen, der aus der arab. Bevölkerung Palästinas eine evang. Gemeinde gesammelt hat, sowie der Morgenländische Frauenverein in Berlin (seit 1842), der in Verbindung mit andern Missionsgesellschaften Lehrerinnen zu den Heiden in Syrien, Indien und neuerdings auch in Afrika sendet, und endlich der Berliner Frauenmissionsverein (1850), der auf Hongkong ein Findelhaus erhält. Von allen deutschen M. aber hat die der Brüdergemeine verhältnismäßig die größten Erfolge aufzuweisen.

Diese älteste evangelische M. hat ihre Arbeitsfelder von Grönland, wo Gemeinden mit 1620 Christen bestehen, bis zum Himalaja, von Westindien und von den kaliforn. Indianergebieten bis zu den Hottentotten und nach Ostafrika und berechnet 1895 ihre Ausgaben auf mehr als 1½ Mill. M. Die Fortschritte der deutschen evangelischen M. in ihrer Gesamtheit (die Baseler Missionsgesellschaft wegen ihrer engen Beziehungen zu Süd- und Westdeutschland miteingerechnet) kann man daraus erkennen, daß sich im Laufe der letzten fünfundzwanzig Jahre die für Zwecke der Heidenmission gesammelten freiwilligen Liebesgaben mehr als verdoppelt und auf 6 Mill. M. gesteigert haben. Dem entsprechend hat sich auch die Zahl der Missionsarbeiter vermehrt, so daß man 1894 die Schar der europ. Missionare und Missionarinnen auf 1018, der eingeborenen Geistlichen auf 114, der eingeborenen Helfer auf 4472 berechnete. Vor einem Vierteljahrhundert zählte man in den Gebieten der deutschen evangelischen M. 128 000 Heidenchristen, 1892 hingegen 261 126, wozu noch 37 000 Schüler treten. Seitdem sind wiederum bedeutende Fortschritte gemacht worden.

Nächst England bat Nordamerika das ausgedehnteste evang. Missionswesen. Die dortigen Kongregationalisten haben seit 1810 den American Board of Commissioners for Foreign Missions (A. B. C. F. M.), der in Indien, Polynesien, China, Japan u. s. w. mit Erfolg missioniert. Die American Baptist Missionary Union (1814) hatte in Birma unter dem Bergvolk der Karenen und neuerdings im Telugulande in Indien große Erfolge. Neben diesen sind die Presbyterianische und die Methodistisch-bischöfliche Missionsgesellschaft zu nennen. Im ganzen zählt man in den Vereinigten Staaten von Amerika jetzt 66 Gesellschaften mit (1894) 4 099 736 Pfd. St. Jahreseinnahme, 2792 Missionaren (nebst 1247 unverheirateten Missionarinnen), 1247 eingeborenen Geistlichen, 10 766 andern Helfern und 271 253 vollen Gliedern heidenchristl. Gemeinden und 156 539 Schülern. Auch die deutschen Christen in den Vereinigten Staaten haben besondere luth. und reform. Missionsgesellschaften. In Britisch-Nordamerika bestehen 18 Missionsgesellschaften mit einer Einnahme von 300 000 Pfd. St., 101 Missionaren, 36 eingeborenen Geistlichen und 463 Helfern, bei 13 500 Gemeindegliedern in Indien, Afrika, Asien, Korea u. s. w.

Die älteste der niederländischen evangelischen M. ist die bereits 1797 unter engl. Anregung gestiftete Nederlandsche Zendelinggenootschap in Rotterdam. Seit Mitte des 19. Jahrh. entstanden 17 weitere Gesellschaften oder Vereine, die mit nur einer Ausnahme ihre Sendboten nach Holländisch-Indien schicken. In Depok auf Java besteht seit 1874 ein Seminar zur Ausbildung inländischer Lehrer und Prediger für die verschiedenen Völker des Archipels. Man zählte 1894: 158 Missionare, 112 eingeborene Geistliche und 686 Gehilfen, 86 161 Kommunikanten und 11 823 Schüler, 495 789 Fl. Jahresausgabe.

Die Schwedische Mission (s. d.) ist 1876 verkirchlicht worden. Außerdem besteht die Vaterlandsstiftung (seit 1865), die zugleich Heidenmission und innere M. treibt. Daneben haben sich fünf kleinere Vereine gebildet. Zusammen 77 Missionare, 77 eingeborene Geistliche und Gehilfen, etwa 1500 Heidenchristen und 498 714 Kronen Jahresaufwand.

Stärker entwickelt ist die Norwegische Mission (s. d.) seit 1844, die besonders in Madagaskar und Afrika sehr erfolgreich arbeitet. Neben dieser lutherisch gerichteten Gesellschaft sind in neuester Zeit 7 kleinere Vereine entstanden, von denen vier ihr Werk in China begonnen haben. 1894 zusammen 70 Missionare, gegen 60 000 Heidenchristen, 93 857 Kronen Jahresausgabe.

Die Dänische Missionsgesellschaft besteht seit 1821. Daneben noch zwei andere Missionsgesellschaften in Dänemark mit zusammen 14 Missionaren und 116 295 Kronen Einnahme.

Auch Finland hat (seit 1859) eigene M. in Südafrika und China; jetzt 7 Missionare, 537 Christen und 106 506 M. Jahresausgaben.

Die Pariser evangelische M. (Société des Missions évangeliques, seit 1824) arbeitet unter den Basuto in Südafrika und trat auch in Tahiti ein. In der franz. Schweiz besteht seit 1874 eine freikirchliche M., Mission Romande, die auch in Südafrika wirkt. Beide Gesellschaften hatten 1892 eine Jahresausgabe von 495 814 Frs., 43 Missionare und etwa 20 000 Heidenchristen.

Außerdem giebt es in den Kolonien noch weitere Missionsgesellschaften. Im ganzen werden die außereuropäischen evang. Missionsgesellschaften auf 2400 Missionare, 1532 unverheiratete Missionarinnen, 500 000 heidenchristl. Gemeindeglieder und 250 000 Schüler mit 1 Mill. Pfd. St. Jahresaufwand geschätzt. Die gesamte evangelische M. wird betrieben von 350 Gesellschaften durch 9324 Missionare und Missionarinnen und 53 611 eingeborenen Arbeitern mit einem jährlichen Aufwande von rund 55 Mill. M. und hat bis jetzt etwa 3 Mill. evang. Christen aus den Heiden gesammelt.

Zur Förderung der evangelischen M. in dor Heimat dienen die Missionsstunden, die mehr und mehr durch Behandlung der M. in kirchlichen Versammlungen ersetzt werden, die Missionsfeste, die sich oft zu Volksfesten gestalten, und Missionsblätter (über 200), in denen die Gesellschaften Berichte ihrer Missionare veröffentlichen. Eine Besonderheit sind die Kindermissionsblätter. Andererseits giebt es wissenschaftliche Blätter (Warnecks "Allgemeine Missionszeitschrift", Gütersloh, seit 1874: "Church Missionary Intelligencer", London, seit 1849; "Zeitschrift für Missionskunde und Religions-^[folgende Seite]