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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Moral insanity - Moran

wohl nur wegen des devoten Charakters seiner Gemälde im span. Geschmack. Seine zahlreichen Darstellungen der Pietà, des Ecce homo sowie kläglicher Marienbilder fallen auf durch die glatte Ausführung des Fleisches, minutiöse Feinheiten im einzelnen und oft bis zum Grausigen verzerrten Ausdruck. Gemälde von ihm finden sich unter andern im Museum zu Madrid (5), zu Toledo, im Louvre und in der Dresdener Galerie.

Moral insanity (engl., spr. morrěl insännĭtĭ), Gemütswahnsinn, moralisches Irresein, ein zuerst von dem engl. Irrenarzt Prichard unterschiedener und beschriebener Zustand abnormer geistiger Beschaffenheit. In Deutschland versteht man darunter gegenwärtig meist eine Form von Schwachsinn, die sich hauptsächlich im mehr oder weniger vollständigen Fehlen moralischer (ethischer) Gefühle und Begriffe kundgiebt, häufig verbunden mit einer Art Größenwahn. Die betreffenden Kranken kommen demzufolge meist in Konflikt mit ihrer Umgebung und erscheinen als unverbesserliche Verbrechernaturen, weil ihnen das wichtigste Hilfsmittel zur Unterdrückung selbstsüchtiger rücksichtsloser Triebe mangelt. Die M. i. ist meist angeboren (moralische Idiotie); sie kann sich indes auch bei vorher geistig Gesunden ausbilden, z. B. durch chronische Alkoholvergiftung (Trunksucht) u. s. w., und bildet dann nur ein Symptom zusammengesetzter Krankheitsbilder (erworbene M. i.). Nur in letzterm Fall, aber nur selten, ist Heilung möglich.

Moralisch, s. Moral.

Moralische Person, s. Juristische Person.

Moralist, s. Moral. Amerikanische M., die Mitglieder der durch Adler und Salter geleiteten "Genossenschaft für sittliche Kultur", deren Grundzüge in der Schrift von Salter, "Die Religion der Moral", niedergelegt sind. Sie suchen wahre Religion nicht im Gottesglauben, sondern in der Anerkennung der sittlichen Ideen und ihrer unbedingt verpflichtenden Macht.

Moralität, s. Moral.

Moralitäten (frz. moralités; engl. moralities), im Mittelalter geistliche Schauspiele, die im Gegensatz zu den Mysterien (s. d.) nicht die evang. Erzählung oder Heiligenlegenden in dramat. Form darstellten, sondern einzelne Sittenlehren durch erfundene Beispiele oder geistliche Parabeln unmittelbar veranschaulichten. Außer wirklichen Personen der weltlichen und heiligen Geschichte traten in den M. alle möglichen Tugenden und Laster und sonstige Personifikationen allgemein sittlicher Zustände und Eigenschaften auf. Während die Mysterien sich an die überlieferte Erzählung hielten, sind die M. ein erster Anfang von dramat. Erfindung. Die M. sind eine franz. Erfindung, die im 14. Jahrh. aufkam. Auch in England, Italien und den Niederlanden faßten sie um dieselbe Zeit Fuß. Diese Stücke erhielten in den Aufführungen der Basoche (s. d.) und anderer franz. Spielgesellschaften nicht selten eine satir. Wendung. In der ersten Hälfte des 16. Jahrh. werden auch polit. und religiöse Zeitfragen in den M. behandelt. Seit 1550 verschwinden sie aus der Litteratur. In Deutschland scheinen M. neben den Mysterien nie recht aufgekommen zu sein. Eine spätere Erneuerung der M. sind in Spanien die Autos sacramentales von Lope de Vega und Calderon.

Moralphilosophie, soviel wie Ethik (s. d.).

Moralprincip, s. Moral.

Moralstatistik, die auf zahlenmäßige Massenbeobachtung gestützte Untersuchung der sittlich bedeutsamen Handlungen in der menschlichen Gesellschaft. Notgedrungen muß sich die Beobachtung auf solche Erscheinungen dieser Art beschränken, die an die Öffentlichkeit gelangen und Gegenstand fortlaufender Erhebungen werden können. Eine statist. Beobachtung der sittlich guten Handlungen ist nur in bescheidenem Umfange möglich; sie beschränkt sich fast ganz auf die Ermittelung gewisser Thatsachen, die einen, obendrein nur unsichern Schluß auf den Zustand der Moralität zulassen (Statistik der Sparkassen, milden Stiftungen u. s. w.). Die M. ist aber im wesentlichen eine Statistik der unsittlichen Handlungen. Unter diesen letztern kommen vor allem diejenigen in Betracht, welche nach den Landesgesetzen strafbar sind. Ihre statist. Ermittelung ist Aufgabe der Kriminalstatistik (s. d.), die somit den Hauptbestandteil der M. bildet. Der Kreis der nicht strafbaren, unsittlichen Handlungen, die seitens der M. berücksichtigt werden können, ist eng begrenzt. Es gehören hierher namentlich die Selbstmorde, die Trunksucht, die Prostitution, die unehelichen Geburten (s. Geburtsstatistik), die Ehescheidungen und nach gewissen Richtungen hin (Mischehen u. s. w.) auch die Eheschließungen (s. Ehestatistik). Auf die Regelmäßigkeiten, die sich in der Frequenz der statistisch erfaßbaren unsittlichen Handlungen zeigen, wies zuerst Quételet (s. d. und Statistik) besonders in seinem Werke "Sur l'homme" (Par. 1835) hin; er betonte aber vorzugsweise das scheinbar naturgesetzliche Moment in diesen Erscheinungen und betrachtete den freien Willen des Einzelnen nur als eine nebensächliche Ursache in der Gesamtheit der gesellschaftlichen Kräfte. Herschel, Buckle, bis zum gewissen Grade auch Ad. Wagner folgten ihm hierin. Drobisch unterwarf diese mechan. Auffassung der M. in seiner Schrift "Die moralische Statistik und die menschliche Willensfreiheit" (Lpz. 1867) einer berechtigten Kritik, und Quételets Anschauung findet seitdem kaum noch wissenschaftliche Vertreter. Daß in der Frequenz der Erscheinungen, z. B. der Verbrechen, im Verhältnis zur Bevölkerung bei Massenbeobachtungen eine gewisse Regelmäßigkeit auftritt, hängt mit den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit zusammen und schließt die Selbständigkeit der einzelnen Handlungen keineswegs aus. Eine Verarbeitung des gesamten Stoffs der M. hat A. von Öttingen in seinem Werke "Die M. in ihrer Bedeutung für eine Socialethik" (3. Aufl., Erlangen 1882) geliefert. - Vgl. außerdem A. Wagner, Gesetzmäßigkeit in den scheinbar willkürlichen Handlungen (Hamb. 1864); Knapp, Die neuern Ansichten über M. (Jena 1871); Lexis, Zur Theorie der Massenerscheinungen in der menschlichen Gesellschaft (Freib. i. Br. 1877); ders., Moralstatistik im "Handwörterbuch der Staatswissenschaften", Bd. 4 (Jena 1892).

Moraltheologie, s. Moral.

Moran (spr. mŏränn), amerik. Malerfamilie. Die hervorragendsten sind die Brüder Edward, Thomas und Peter M. Alle drei sind in Bolton (England) geboren und kamen 1844 nach Amerika. Edward M., geb. 1829, studierte bei James Hamilton und Paul Weber, ging 1862 nach London, kehrte bald nach Neuyork zurück, lebt aber seit 1877 meist in Paris. Sein Gebiet ist hauptsächlich die Seemalerei. Thomas M., geb. 12. Jan. 1837, der seit 1866 in England im Studium Turners seine Richtung fand, machte 1871 die Expedition zur Untersuchung des Yellowstone-Gebietes mit, von der er eine Reihe der hervorragendsten Landschaften