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Murillo (Juan Bravo) – Murner
Murillo, dargestellte, im «estilo vaporoso» gehaltene Gemälde hervorragt; eine von 1678 im Louvre), die sog. Madonna mit dem Spiegel (im Besitz von Th. Baring), Verkündigung (Madrid, Pradomuseum), Anbetung der Hirten (ebenda), Ruhe auf der Flucht (Petersburg, Eremitage), Himmelfahrt Mariä (ebenda), Heilige Familie (Madrid und London), Jesus als guter Hirte (Sammlung Rothschild in London), Johannes mit dem Lamm (Madrid und Wien), Martyrium des heil. Andreas (Madrid, Pradomuseum), Heiliger Antonius von Padua das Christkind herzend (Berlin, Museum), Heiliger Franz von Padua (Madrid), Johannes de Deo einen Lahmen heilend (München), Heiliger Rodriguez von einem Engel bekränzt (Dresden). Sodann sind von religiösen Stoffen noch zu nennen: Abrahams Unterredung mit den drei Engeln (London, Sutherland-House), Petri Befreiung aus dem Gefängnis (Petersburg, Eremitage), Die Parabel vom verlorenen Sohn (Madrid, Pradomuseum). Neben diesen Darstellungen aus der biblischen und der Heiligengeschichte wußte M. die Typen des span. Volkslebens, Gassenbuben, Betteljungen (s. Tafel: Spanische Kunst Ⅲ, Fig. 4), Bauern u. s. w. in unbefangenster Weise, aber voll natürlicher Anmut und sanften Wesens zu schildern. Eine Anzahl dieser reizenden Genrebilder bewahrt die Alte Pinakothek zu München, andere das Louvre zu Paris. Auch hat M. eine Reihe von Porträten geschaffen. – Vgl. Tubino, Murillo (1864); Stromer, Murillo. Eingeführt von Max Jordan (Berl. 1879); L. Alfonso, M., el hombre, el artista, las obras (Barcelona 1886); Justi, Murillo (Lpz. 1892).
Murillo, Juan Bravo, span. Staatsmann, s. Bravo-Murillo.
Murinsel, das fruchtbare Land zwischen Drau und Mur im ungar. Komitat Zala. Es wird meist von Slowenen bewohnt. Hauptort ist Csakathurn.
Müritzsee, See auf dem mecklenb. Höhenrücken, 138 qkm groß, 28 km lang und bis 13 km breit. In den schmalen südl. Zweig geht die obere Elde (s. d.), welche bei Waren den See wieder verläßt.
Müritzsee-Elde-Wasserstraße, Müritzsee-Havel-Wasserstraße, s. die Tabelle zum Artikel Schiffahrtskanäle.
Murmansche Halbinsel, s. Kolahalbinsel.
Murmansches Meer, der an das Murmansche Ufer (s. d.) angrenzende Teil des Nördlichen Eismeers.
Murmansches Ufer, russ. Murmánskij béreg (d. i. Normannisches Ufer), die nordöstl. Küste der Murmanschen oder Kolahalbinsel(s. d.), vom Kap Swjatoj Noß im O. bis zur norweg. Grenze, 430 km lang, von den Ausläufern des Golfstroms bespült, hat günstige klimatische Verhältnisse sowie bedeutenden Walfisch- und Kabeljaufang, der früher von Norwegern, jetzt von Russen betrieben wird.
Murmeltier (Arctomys), eine zu den Nagetieren gehörende Säugetiergattung. Ihr Körper ist schwerfällig, ihre Krallen sind zusammengedrückt, groß, zum Graben geschickt, und ihre Ohren kurz; Backentaschen fehlen. Von den hierher gehörenden Arten ist das Alpenmurmeltier (Arctomys marmota L., s. Tafel: Nagetiere Ⅳ, Fig. 5) am bekanntesten; es bewohnt die Centralalpen Europas bis an die Schneegrenze und lebt familienweise in Höhlen. Es ist ohne den 11 cm langen, in einen schwarzen Haarbusch endenden Schwanz etwa 50 cm lang, am Bauche brandgelb, am Rücken gelblich und schwärzlichgrau und hat eine behaarte, nur auf der Scheidewand kahle Nase. Es frißt aufrecht sitzend, indem es mit den Vorderpfoten die Nahrung zum Maul bringt. Um die Mitte des Oktobers zieht es sich in seinen Bau zurück, dessen Öffnung es mit Erde und Heu verstopft, und verfällt bald in einen bis zum April dauernden Winterschlaf. Da die M. im Herbst sehr fett sind, so werden sie zu dieser Zeit von den Alpenbewohnern, denen sie für einen Leckerbissen gelten, ausgegraben. Im Handel werden sie mit etwa 10 M. das Stück bezahlt. Sie sind leicht abrichtbar. Im östl. Europa und Sibirien findet sich eine sehr ähnliche, aber nur in den Ebenen und Steppen lebende Art, der Bobac (Arctomys bobac Pallas). Ein in Nordamerika heimisches M. ist der Prairiehund (Cynomys Ludovicianus Ow.), dessen Ruf dem Bellen eines jungen Hundes ähnlich ist. Die zuweilen in großer Anzahl nach Europa gebrachten Exemplare kosten 15‒25 M. Eine andere, dem M. ähnlichere Art ist der Monax (Arctomys monax Desm.). Beide sieht man häufig in zoolog. Gärten. Als Futter erhalten alle M. in der Gefangenschaft Hafer, Wurzeln, Brot, Salat oder Kohl und Heu.
Murnau, Markt im Bezirksamt Weilheim des bayr. Reg.-Bez. Oberbayern, an den Nebenlinien Weilheim-M. (21,4 km) der Bayr. Staatsbahnen und M.-Garmisch-Partenkirchen (25 km) der Lokalbahn-Aktiengesellschaft, hat (1890) 1739 E., darunter 27 Evangelische, Postexpedition, Telegraph und Fernsprecheinrichtung. Südlich das Murnauer Moos am Fuße der Alpen, westlich der Staffelsee (4 km lang, 5 km breit) mit sieben Inseln, deren größte (Wörth) eine Villa mit alter Kirche, früher Sommerresidenz der Augsburger Bischöfe, trägt; am südöstl. Ufer Stahlbad und Kurhaus Staffelsee. Seit 1894 besitzt M. ein Denkmal König Ludwigs Ⅱ.
Murner, Name des Katers in der Tierfabel.
Murner, Thomas, deutscher Satiriker, geb. wahrscheinlich 24. Dez. 1475 zu Oberehnheim bei Straßburg, trat 1490 zu Straßburg in den Franziskanerorden, zog seit 1495 erst studierend, dann docierend und predigend in Freiburg, Paris, Krakau, Straßburg und an vielen andern Orten umher. 1505 krönte ihn Kaiser Maximilian Ⅰ. in Überlingen zum Poeten; 1506 wurde er in Freiburg Doktor der Theologie, 1513 Guardian des Straßburger Franziskanerklosters, aber schon nach einem Jahre aus schimpflichen Ursachen abgesetzt. 1518 begann er in Basel jurist. Studien und erwarb sich den jurist. Doktorhut (1519). Dann nahm er einen durch Reisen nach Italien und England unterbrochenen Aufenthalt in Straßburg, von wo ihn die Reformation 1525 verscheuchte. Auch in Luzern, wo er kath. Pfarrer war, machten ihm seine antiluth. Pamphlete den Boden heiß (1529). 1533 war er Pfarrer in Oberehnheim, wo er 1537 starb.
Unleugbar war M. ein großes Talent, vielseitig und fruchtbar, dabei aber maßlos eitel, skandalsüchtig und gewissenlos; er verließ keinen Ort ohne Händel. Sein frivoler Spott schonte auch ihn selbst, seine Kirche und seinen Stand nicht. Schon 1502 griff er die «Germania» seines Gönners Wimpheling in der frechen «Germania nova» (Neudruck Straßb. 1874) an, in der er das Elsaß für altfranz. Land erklärte. Seinen satir. Dichtungen scheinen zumeist Predigten zu Grunde zu liegen, in denen er nach Geilers Beispiel weltliche Stoffe geistlich deutete; nach dem Muster von Brants «Narrenschiff» bilden seine Verse den erläuternden Text zu Holzschnitten. So in der «Schelmenzunfft» (Frankf. 1512; in photo- ^[folgende Seite]