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Murom – Murray, John
lithogr. Nachbildung hg. von Scherer, Berl. 1881; Neudruck von Matthias, Halle 1890), in der «Mühle zu Schwindelsheim» (Straßb. 1515; neu hg. Von Albrecht in den «Straßburger Studien», Bd. 2, ebd. 1883), in der «Gäuchmatt», die von Liebesnarren handelt (Bas. 1519; in Scheibles «Kloster», Bd. 8, Stuttg. 1847; neu hg. von W. Uhl, Lpz. 1896), und namentlich in der vortrefflichen «Narrenbeschwörung» (Straßb. 1512; neu hg. von Goedeke in den «Deutschen Dichtern des 16. Jahrh.», Lpz. 1879, und von Spanier in den «Neudrucken deutscher Litteraturwerke des 16. und 17. Jahrh.», Halle 1894). M. ist in diesen Gedichten, die wertvolle Kulturbilder geben, zwar bissiger und unflätiger, aber auch weit volkstümlicher, humorvoller und amüsanter als Brant. Ähnlich angelegt, aber ernsthaft ist M.s «Andechtig geistliche Badenfart» (Straßb. 1514; neu hg. von Martin in den «Beiträgen zur Landes- und Volkeskunde von Elsaß-Lothringen», Heft 2, ebd. 1887). Luthers Auftreten begrüßte M., der Luther für seinesgleichen hielt, anfangs freundlich, übersetzte sogar Werkchen von ihm und Hutten; als er aber Luthers heiligen Ernst sah, ward es dem Mönch bange und er hat mehr als 30 deutsche und lat. Schriften gegen die Reformation gerichtet; die beste darunter, die glänzendste antiluth. Satire, das Gedicht «Von dem großen Lutherischen Narren» (Straßb. 1522; neu hg. von Kurz, Zür. 1848), schiebt Luther und namentlich seinen Freunden, die M. als Murnarr verspottet und durch die Satiren «Karsthans» und «Murnarus Leviathan» gereizt hatten, unlautere Beweggründe unter. Wissenschaftlich wirkte M. namentlich durch populäre jurist. Bücher und Übersetzungen (z. B. der «Institutionen», Bas. 1519) sowie durch mnemotechnische Anleitungen, die in der Form eines Karten- oder Schachspiels in kürzester Zeit Logik, Metrik und Jus beibringen wollten («Chartiludium logicae», Krak. 1507; «Ludus studentum Friburgensium», Frankf. 1511 u. a.). Eine Übersetzung der Vergilschen «Äneis» (Straßb. 1515) widmete er Kaiser Maximilian. Ob er die hochdeutsche Bearbeitung (Straßb. 1515) des verlorenen niederdeutschen Volksbuches von Eulenspiegel verfaßt hat, ist unsicher (neu hg. Von Lappenberg, Lpz. 1854, mit eingehenden Abhandlungen, und von Knust in den «Neudrucken deutscher Litteraturwerke des 16. und 17. Jahrh.», Halle 1885). – Auswahl seiner Werke von Balke in Kürschners «Deutscher Nationallitteratur» (Stuttg. 1890 fg.). – Vgl. Kawerau, M. und die Kirche des Mittelalters (Halle 1890); ders., M. und die deutsche Reformation (ebd. 1891).
Murom. 1) Kreis im südöstl. Teil des russ. Gouvernements Wladimir, im Gebiet der Oka, hat 2540 qkm, 109998 E., Getreide-, Flachs-, Gartenbau, Weberei und Herstellung von Metallgeräten. – 2) Kreisstadt im Kreis M., links an der Oka und an der Muromschen Eisenbahn (Kowrow-M.), hat (1892) 13698 E., 15 Kirchen, 2 Mönchs- und 1 Nonnenkloster, eine Realschule, Filiale der Russischen Reichsbank, Stadtbank; Gemüsebau, Weberei, Fabriken, Handel mit Getreide und Landesprodukten; Flußhafen mit Dampfschiffahrt nach Rjasan und Nishnij Nowgorod.
Muromsche Eisenbahn, s. Russische Eisenbahnen.
Murowana-Goslin, Stadt im Kreis Obornik des preuß. Reg.-Bez. Posen, hatte 1890: 1495 E., darunter 418 Evangelische, 162 Israeliten, 1895: 1469 E., Post, Telegraph, kath., evang. Kirche, Krankenhaus.
Murr, rechter Zufluß des Neckars im württemb. Neckarkreis, entspringt in 473 m Höhe südlich von Murrhardt im Murrhardter Walde, durchfließt das anfangs wilde, dann sich erweiternde und fruchtbare Murrhardter Thal, das die Bahn benutzt, und mündet, 53 km lang, unterhalb Marbach.
Murr., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung für John Andreas Murray, geb. 1740 in Stockholm, gest. 1791 in Göttingen, Schüler Linnés, später Professor der Botanik zu Göttingen, schrieb hauptsächlich über mediz. Botanik.
Murraue, s. Mart.
Murray (spr. mörrĕ), alte Schreibart für Moray, s. Elgin.
Murray (spr. mörrĕ) oder Gulwa, der größte Strom des austral. Kontinents, früher im Oberlauf Hume genannt, entspringt in den austral. Alpen am Forest-Hill, fließt zuerst in nördl., dann nordwestl., dann westl. und endlich in südl. Richtung, bildet die Grenze zwischen Neusüdwales und Victoria, durchströmt im Unterlaufe Südaustralien und mündet bei Wellington in den See Alexandrina, auch Victoriasee (bei den Eingeborenen Kayinga) genannt. Aus diesem See führt ein, selbst nicht für Boote fahrbarer Kanal in die Encounterbai des Stillen Oceans. Der M. ist 2500 km lang. Sein Stromgebiet umfaßt 700000 qkm. Rechte Zuflüsse sind der Darling (s. d.) und der Murrumbidgee, der 2150 km lang und auf 1100 km schiffbar ist, links der Goulburn, der Campaspe, der Loddon u. a. Die Ufer des M. zeigen streckenweise völlig wasserloses, fast undurchdringliches Wüstenland, das Malleeland oder der Murray-Scrub, ein hauptsächlich von dem Malleebaum (Eucalyptus oleosa F. v. Müll.) bestandenes Dickicht, dessen Boden aus tiefem, fast weißem Sand oder hartem, rötlichem Thon besteht, auf dem sonst nur noch das sog. Stachelschweingras wächst. Von Goolwa bis Albury ist Dampferverkehr.
Murray oder Moray (spr. mörrĕ), James Stuart, Graf von, schott. Regent, geb. um 1533, war ein natürlicher Sohn Jakobs Ⅴ. von Schottland und Halbbruder von Maria Stuart. Anfangs für die geistliche Laufbahn bestimmt, entwickelte er bald eine hervorragend kriegerische Begabung. Als Maria 1561 nach Schottland kam, hatte er zuerst leitenden Einfluß auf sie, stellte sich aber nach ihrer Ehe mit Darnley und dem Beginn einer entschiedenern kath. Politik an die Spitze der prot. Partei, nahm Maria nach der Ermordung Darnleys und ihrer Ehe mit Bothwell (1567) gefangen und leitete während ihrer Haft in Lochleven als Regent für den jungen Jakob Ⅵ. das Reich. Als Maria ihrer Haft entkommen, ihren Anhang um sich sammelte, schlug er sie bei Langside unfern Glasgow (13. Mai 1568) und nötigte sie zur Flucht nach England. Dann erhob er vor Elisabeth und dem engl. Gerichtshof zu Westminster die Anklage gegen seine Halbschwester wegen Gattenmords. Lange, ehe deren Geschick sich entschied, wurde M. durch James Hamilton (23. Jan. 1570) in Linlithgow erschossen. Unter seiner festen, und weisen Staatsleitung hatte Schottland wenige Jahre der Ruhe genossen und der Protestantismus endgültig den Sieg errungen.
Murray, John (spr. dschonn mörrĕ), Verlagsbuchhandlung in London, gegründet 1768 von John Murray (eigentlich MacMurray, geb. 1745 in Edinburgh, gest. 6. Nov. 1793), hob sich besonders unter seinem Sohn John Murray (geb. 27. Nov. 1778, gest. 27. Juni 1843), der in nahen Beziehun- ^[folgende Seite]