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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Muscardine - Muscheln

Muscardīne, eine eigentümliche Krankheit der Seidenraupen, die sich mit weißem Schimmel bedecken und bald sterben. Die mikroskopische Untersuchung hat gelehrt, daß dieser Pilz (Botrytis Bassiana Bals.) ein echter Schmarotzer ist, und zwar die Conidienform eines noch nicht vollständig bekannten, zu den Ascomyceten (s. d.) gehörigen Schlauchpilzes. Die M. kann unter den Seidenraupen große Verheerungen anrichten. Nasse Witterung begünstigt die Entwicklung des Pilzes. Ähnliche Pilzkrankheiten kennt man bei den Raupen des Kiefernspinners, der Kieferneule u. a.; eine schwarze M. fand Cohn auf den Raupen der schädlichen Saateule; der Pilz, der diese verursacht, gehört jedoch in die Gruppe der Entomophthoreen (s. d.); wegen der schwarzen Farbe seiner Sporen heißt er Tarichium megaspermum Cohn.

Muscardīnus, Nagetier, s. Siebenschläfer.

Muscāri Mill., Traubenhyacinthe, Pflanzengattung aus der Familie der Liliaceen (s. d.) mit etwa 40 Arten, die besonders in den Mittelmeergegenden vorkommen, schön blühende, niedrige Zwiebelgewächse. Die bekannteste und beliebteste Art ist M. moschatum Willd., deren bescheidene, grünlichgelbe Blüten einen sehr angenehmen, moschusartigen Duft aushauchen. Sie stehen in gedrängten, walzenförmigen Trauben, wie auch die dunkelblauen, nach Pflaumen duftenden Blüten des M. racemosum Willd. Bei M. botryoides Mill. stehen die Blüten weniger gedrängt, sind himmelblau, weißlich bereift und geruchlos. M. monstruosum Mill. ist eine Abart des in Süddeutschland einheimischen M. comosum L. Diese reizende Pflanze trägt auf dem 30-40 cm hohen Schafte die Blumen in großen eiförmigen Trauben, welche aus gehäuften, hin und her gebogenen, krausen Fäden zu bestehen scheinen und einem violettblauen oder amethystfarbigen Federbusche ähnlich sehen. Noch feiner zerteilt ist das Perigon bei var. plumosum, der Federhyacinthe. Blütezeit Mai und Juni, die der erstgenannten Arten März und April.

Muscat (spr. müßkah), s. Muskatellerweine.

Muscatine (spr. mößkĕtíhn), Hauptort des County M. im nordamerik. Staate Iowa am Mississippi, 42 km unterhalb Davenport in ackerbauender Gegend, Eisenbahnknotenpunkt, hat (1890) 11454 E., darunter viele Deutsche, Flußhafen; Handel mit Obst (Melonen), Gemüse, süßen Kartoffeln, Holz und Vieh.

Muschelbänke, s. Bank (geogr.).

Muschelblume, s. Pistia stratiotes.

Muschelgift, s. Muschelvergiftung.

Muschelgold, Malergold, Goldbronze, eine Wasserfarbe, die durch Verreiben von Abfällen von Blattgold (s. d.) mit Gummischleim dargestellt wird und in Muschelschalen eingetrocknet in den Handel kommt. Auf gleiche Weise wird auch aus den Abfällen von Blattsilber Muschelsilber dargestellt.

Muschelhuhn, holländisches, s. Bredahuhn.

Muschelkalk, die mittlere Abteilung der Triasformation in Deutschland, in der das herrschende Gestein ein dichter, meist grauer Kalkstein ist, der oft eine große Zahl von Individuen von wenig Arten versteinerter Armfüßer (s. d.) enthält. (Vgl. die Abbildungen einiger Leitfossilien auf der Tafel: Petrefakten der Mesozoischen Formationsgruppe Ⅰ, Fig. 6-13, beim Artikel Mesozoische Formationsgruppe.) Der M. zerfällt in drei Hauptglieder oder Stufen: a. unterer M. oder Wellenkalk (s. d.); b. mittlerer M. oder Anhydritgruppe, enthält zwischen dolomitischen Kalksteinschiefern Einlagerungen von Anhydrit und daraus hervorgegangenem Gips, sowie sehr gewöhnlich von Steinsalz, das durch die schwäb. Salinen in der Gegend von Wimpffen und durch die thüringischen von Buffleben, Stotternheim, Kösen und Sulza ausgebeutet wird; c. oberer M. oder Hauptmuschelkalk (s. d.), auch Kalkstein von Friedrichshall genannt. In Oberschlesien bei Tarnowitz und in Baden bei Wiesloch finden sich im M. unregelmäßige Massen von Zink-, Blei- und Eisenerzen. Über die Ausbildungsweise des M. in den Alpen s. Triasformation. In Deutschland bildet der M. ausgedehnte Areale in Oberschlesien, im nordwestl. Deutschland, in Thüringen, Hessen, Franken, Schwaben, Elsaß-Lothringen.

Muschelkrebse (Ostracoda), eine aus kleinen, das süße Wasser und das Meer bewohnenden Formen bestehende Ordnung der niedern Krebse, die seitlich stark zusammengedrückt erscheinen, eine zweiklappige, muschelähnliche Schale und sieben Paar von Extremitätenanhängen haben; sie nähren sich von animalischen Stoffen, besonders von den Leichen verendeter Wassertiere, und finden sich fossil schon in den ältesten Versteinerungen führenden Schichten. Hierher gehört Notodromus monachus (s. Tafel: Krustentiere Ⅰ, Fig. 10), ein fast 2 mm langer Rückenschwimmer unserer süßen Wasser und vor allem die gleichfalls im süßen Wasser lebende arten- und individuenreiche Gattung Cypris, kleine Tiere mit einem unpaarigen Doppelauge.

Muschellinie, s. Konchoide.

Muschelmilben (Atax), Gattung der wasserbewohnenden Nymphen mit eiförmigem, weichem Körper und mit Schwimmhaaren an den hintern Beinen. Die fünf deutschen Arten leben entweder zeitlebens oder mindestens in der Jugend auf den Kiemen unserer großen Süßwassermuscheln. Am bekanntesten ist Atax ypsilophorus Bon. (s. Tafel: Spinnentiere und Tausendfüßer Ⅱ, Fig. 5), 1,5 mm lang, gelbweiß mit großen braunen, meist zusammentretenden Flecken und mit gelber Yförmiger Rückenzeichnung.

Muscheln oder Muscheltiere, Blattkiemer, Bivalven oder Akephalen (Lamellibranchiata, Conchifera), Klasse der Weichtiere (s. d.), die durch symmetrischen Körper, einen beiderseits weit vom Rücken herabhängenden Mantel und eine von diesem abgesonderte, zweiklappige Schale sowie durch den Mangel eines gesonderten Kopfes und einer Radula oder Reibplatte im Munde gekennzeichnet ist. Stets sind zwei Schalen (s. nebenstehende Abbildung) vorhanden. Oben über der Stelle, wo sich beide Schalen verbinden, liegt der Wirbel, Buckel oder Scheitel (d). Zur Befestigung der beiden Schalen dient ein scharnierartiges Schloß (a) mit Zähnen und Gruben, die ineinander greifen. - Die Ansatzstellen der Schließmuskeln markieren sich auf der Innenseite der Schale durch meist in Zweizahl vorhandene, mehr oder weniger rauhe Eindrücke (gg). Wirken diese Muskeln nicht, so klaffen die Schalen durch die

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