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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Muschelsandstein

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Muschelsandstein

Wirkung des hornigen, elastischen Schloßbandes (c). Die Lage des Mantels ist gekennzeichnet durch einen in der hintern Schicht (i) eingebuchteten Eindruck (h). Betrachtet man die zusammengeklappten Schalen von oben, so sieht man hinter den Wirbeln ein über beide Schalen sich erstreckendes Feld, das Schild (area) und vor den Wirbeln ein entsprechendes kleineres, das Schildchen (lunula, e). Meist ist die Vorderseite daran kenntlich, daß der Schalenwirbel nach ihr zugekehrt ist. Selten sind die Schalen ganz regelmäßig und vorn und hinten wie auf beiden Seiten einander gleich, wie z. B. einige Kämmchenmuscheln (Pectunculus). In den meisten Fällen sind sie gleichschalig, aber ungleichseitig, indem die vordere Seite anders, meist kürzer gebildet ist als die hintere (Herz- und Venusmuscheln). Oft auch sind sie ungleichschalig, indem die eine Schalenklappe anders gebildet ist als die andere (Austern, Kammmuscheln).

Das Schloß besteht aus zahn- und leistenartigen Schalenverdickungen, die in entsprechende Vertiefungen der andern Klappe eingreifen und Verschiebungen verhindern. Das Schloßband, eine elastische Fasermasse, verbindet beide Schalenhälften und ist bestrebt, sie zu öffnen; der Schluß wird durch zwei, bisweilen auf einen reduzierte, balkenartig quer von einer Schale zur andern ziehende Schließmuskeln, einen vordern und einen hintern, die an leeren Schalen deutliche Eindrücke hinterlassen, besorgt. Sobald sie mit dem Tiere absterben, klafft die Muschel infolge der Thätigkeit des Bandes. Die beiden Mantelhälften sind entweder frei oder in ihrem hintern Teile miteinander verwachsen. Im erstern Falle lassen sie am Hinterende zwei Ausschnitte frei, die im letzten zwei runde Öffnungen darstellen und, namentlich bei bohrenden M., auf röhrenförmigen Verlängerungen oder Siphonen stehen. Die untere Öffnung (der Atemsipho) dient zum Einholen des zugleich die Nahrung enthaltenden Atemwassers, durch die obere (den Analsipho) wird es zugleich mit dem Kote wieder ausgestoßen. In der Mittelebene liegt der fleischige, schwellbare Fuß, der in seinem obern Teile die Eingeweide birgt. Vorn über demselben liegt die nicht vorstreckbare, stets zwischen den Schalen verborgene Mundöffnung, zu deren beiden Seiten sich fleischige Anhänge, welche die Nahrungszufuhr regeln und zugleich Hilfswerkzeuge der Atmung sind, die Lippentaster befinden. Der Darm ist vielfach gewunden und speichert bisweilen in einem Blindsack Reservenahrungsstoffe auf in dem sog. Krystallstiel. Der Enddarm durchbohrt meist das am Rücken unter dem Schloß gelegene Herz. Zwischen dem Mantel und Fuß liegen die Kiemen, meist aus zwei Blättern jederseits bestehend und durch Flimmerhaare einen lebhaften Wasserstrom unterhaltend. Von Sinneswerkzeugen ist am Kopfende nichts Besonderes zu sehen, weder Augen noch Fühler, dagegen sind überall zwei in der Fußmasse eingebettete Ohrbläschen vorhanden; der Mantelrand erhält oft ringsum, besonders aber um die Einfuhröffnung oder den Atemsipho einen Fühlerbesatz, wie sich denn auch an demselben Mantelrande bisweilen (bei den Kammmuscheln) zahlreiche Augen entwickeln. Die Ortsbewegung geschieht selten schwimmend durch das Zusammenklappen der Schalen (Kamm- und Feilenmuscheln), gewöhnlich durch den fleischigen Fuß. Die M. sind meist getrenntgeschlechtlich, seltener Zwitter und dann meist festsitzende Formen, wie die Auster (s. d.). Dann aber pflegt die Reife der verschiedenen Zeugungsstoffe zeitlich getrennt zu sein, so daß Selbstbefruchtung ausgeschlossen ist. Da Begattungswerkzeuge fehlen und die Geschlechtsöffnungen seitlich am Fuße unter den Kiemen versteckt liegen, ist Begattung unmöglich. Die Samenflüssigkeit wird ins Wasser entleert und vom Weibchen mit dem Atemwasser aufgesaugt. Manche M. beherbergen die Brut eine Zeit lang in den Kiemen. (S. Auster, Malermuscheln, Kugelmuscheln.) Nur bei einigen, die an der Unterlage festwachsen (Austern), fehlt ein Fuß ganz; bei den meisten gleicht er einem stumpfen Beil (Flußmuscheln); bei einigen ist er wie eine Messerklinge eingeschlagen oder zungenförmig (Herzmuscheln) und dient zum Hüpfen; bei andern ist er vorgestreckt, rund, und dient zum Bohren (s. Bohrmuschel).

Alle M. leben im Wasser, die meisten im Meere; viele wachsen teils unmittelbar mit der Schale, teils durch einen aus einer Drüse (Byssusdrüse) am Fuße sich hervorspinnenden Büschel sehniger Fäden, den sog. Byssus, an dem Boden fest (s. Miesmuschel). Alle leben von feinen, im Wasser aufgeschwemmten organischen Teilchen, welche mit dem Wasserstrom zugeführt werden, der durch die Bewegung von Flimmerhärchen erzeugt wird, die überall auf der Oberfläche, ganz besonders aber der Kiemen, entwickelt sind. Die meisten freilebenden bohren sich in Sand, Schlamm oder in festes Gestein ein, so daß nur die Atemröhren ihnen Wasser und Nahrung zuführen können. Sie finden sich zahlreich in allen Gewässern. Man hat, ohne viel Erfolg, den Byssus einiger Arten als Webefaser zu benutzen gesucht. (S. Muschelseide.) Verschiedene Arten, sowohl im süßen als besonders im Seewasser, liefern die echten Perlen; viele geben ein geschätztes Nahrungsmittel ab, wie besonders die Austern, Kamm-, Bohr-, Mies- und Herzmuscheln. Man teilt die M. gewöhnlich nach der Lage des Schlosses und der dadurch bedingten Entwicklung der Schließmuskeln in drei Ordnungen; erstens die Dimyarier mit zwei gleichen Muskeln, hierzu gehören die Bohrmuscheln, der Bohrwurm, die Gienmuscheln, Herzmuscheln, Klaffmuscheln, Malermuscheln, Messermuscheln, Riesenmuscheln, Teichmuscheln, Tellmuscheln, Venusmuscheln; bei der zweiten Ordnung der Heteromyarier verschiebt sich das Schloß nach vorn, so daß der vordere Schließmuskel schwächer wird, dazu die Miesmuscheln, Seedatteln, Steckmuscheln, Vogel- und Wandermuscheln. Endlich verschwindet der vordere Muskel ganz auf Kosten des sehr verstärkten hintern, es entstehen die Einmuskler oder Monomyarier, zu denen die Austern, Kamm- und Klappmuscheln gehören. Eine andere gebräuchliche Einteilung, welche die Hauptgruppen als Siphoniata (Siphoniaten) und Asiphoniata (Asiphoniaten) bezeichnet, je nach dem Vorhandensein oder Fehlen von Atemröhren, kommt nicht mit der vorigen in Kollision, da die Siphoniaten zu den Dimyariern gehören. Sie hat Bedeutung für die fossilen Formen, da bei lang entwickelten Siphonen auf der Innenseite der Schale eine charakteristisch eingebogene Linie, die Mantelbucht, entsteht, welche der Anwachsstelle der Siphonen entspricht. Die neuesten Einteilungen gründen sich auf die Kiemen oder auf die Beschaffenheit des Schlosses. Abbildungen von M. s. die Tafeln: Weichtiere Ⅲ und Ⅰ, Fig. 10‒14.

Muschelsandstein, eine in Elsaß-Lothringen auftretende Facies des Muschelkalkes (s. d.).