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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Neuhaldensleben; Neuhampshire; Neuhannover

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Neuhaldensleben – Neuhannover

des Geh. Kommerzienrats von Hansemann in Berlin und anderer Finanzmänner Otto Finsch (s. d.), der soeben von der Südsee zurückgekehrt war, ausersehen. Dieser reiste Anfang 1884 nach Neuguinea, besuchte von Mioko aus mit dem Dampfer Samoa auf drei Reisen fast die gesamte Nordküste, entdeckte sieben Häfen und den Kaiserin-Augusta-Fluß, schloß an verschiedenen Punkten Verträge über Landerwerbungen mit den Eingeborenen ab und heißte die deutsche Flagge. Diesem schnellen und geheim gehaltenen Vorgehen war es zu danken, daß das Drängen der austral. Kolonien, namentlich Queenslands, auf Annexion der ganzen Insel von seiten der engl. Diplomaten nicht unterstützt werden konnte. 1885 wurde nach langen Verhandlungen die Frage dahin geregelt, daß England sein Protektorat nur über die Südküste und die Ostküste bis zum 8.° südl. Br. aussprach, während für Deutschland der Nordosten verblieb. Am 17. Mai 1885 erhielt die für die Ausbeutung der neuen Erwerbungen gebildete N., der auch die beiden genannten Südseefirmen beigetreten waren, einen kaiserl. Schutzbrief, welcher ihr die Landeshoheit sowie die Verfügung über das herrenlose Grundeigentum übertrug. Nur die Ordnung der Rechtspflege auf Kosten der Compagnie sowie die Regelung der Beziehungen zu fremden Regierungen blieben dem Reiche vorbehalten. Die erste Station wurde 5. Nov. 1885 in Finschhafen begründet. Hatzfeldthafen und Konstantinhafen folgten bald nach. Finschhafen war bis 1891 Sitz des Landeshauptmanns (zuerst Viceadmiral a. D. von Schleinitz). Zur Verbindung der Stationen untereinander sowie anfänglich mit Australien, später mit Singapur wurden mehrere Dampfer und Segelschiffe beschafft. Wegen der Bedürfnislosigkeit der Eingeborenen war auf einen lohnenden Betrieb des Handels mit ihnen nicht zu rechnen. Von Anfang an wurde daher das Schwergewicht auf Versuche mit dem Anbau tropischer Nutzpflanzen gelegt. Versuche mit Kaffee und Kakao waren mehr infolge von Zufälligkeiten und Naturereignissen, als weil die örtlichen Verhältnisse für diese Kulturen nicht geeignet wären, ohne Erfolg. Ungleich günstiger haben sich die auf Anbau von Tabak und Baumwolle gerichteten Unternehmungen gestaltet. Zu den oben genannten drei Stationen sind 1888 Stephansort, 1890 Erima getreten, beide der Pflanzung von Tabak gewidmet. 1891 bildete sich eine besondere Kolonialgesellschaft, die Astrolabe-Compagnie, welche letztgenannte beiden Stationen übernommen hat und in dem ebenen, zum Tabakbau geeigneten Gebiet der Astrolabebai diesen in großem Umfange betreibt. Das erforderliche Personal an Beamten, chines. und malaiischen Kulis ist aus Sumatra und Singapur nach dem Schutzgebiet eingeführt worden. 1893 und 1894 sind von den vier Pflanzungen etwa 160000 Pfd. hochwertigen Tabaks erzeugt worden, obwohl das Unternehmen, wie das in einem neu erschlossenen Tropenland regelmäßig der Fall ist, mit Malaria und andern Krankheiten und Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. 1895 verdarben infolge der ausnahmsweisen Dürre 50 Proz. der Ernte und wurden nur 125000 Pfd. geerntet. 1896 wird der Ertrag auf etwa 300000 Pfd. geschätzt. Die Versuche der N. mit Baumwolle in Konstantinhafen und in Herbertshöhe auf Neupommern sind ebenfalls erfolgreich gewesen. 1895 sind etwa 52000 Pfd. langstaplige Baumwolle auf den Markt gebracht worden. Gute Aussichten bietet auch der Export nutzbarer Hölzer, da das Land reich an edeln Tischlerhölzern, wie Calophyllum, Cordia und Afzelia, ist. Die Heranbildung der eingeborenen, ursprünglich jeder regelmäßigen Arbeit abgeneigten Bevölkerung zu brauchbaren Plantagenarbeitern hat erhebliche Fortschritte gemacht. Zum Schutze der Eingeborenen ist die Ausfuhr derselben aus dem Schutzgebiet nach andern als deutschen Plantagen (Samoa) verboten und die Anwerbung im allgemeinen genau durch Gesetze geregelt. Seit 1891 befindet sich, nachdem Finschhafen aufgegeben worden war, der Sitz der Landesverwaltung in Friedrich-Wilhelms-Hafen.

Vom 1. Okt. 1889 hatte auf Antrag der N. das Deutsche Reich die Landesverwaltung auf Kosten der Compagnie in die Hand genommen; an der Spitze der kaufmännischen Unternehmungen der Compagnie stand ein von der N. ernannter Generaldirektor. Dieses Verhältnis ist infolge der Konzentrierung der kolonisatorischen Thätigkeit der Compagnie an der Astrolabebai und der Verringerung des wirtschaftlichen Wirkungskreises nach Abzweigung der Astrolabe-Compagnie 1. Sept. 1892 wieder aufgelöst und der alte Zustand wiederhergestellt worden.

Fast gleichzeitig mit den ersten Beamten der N. begann die Mission ihre Thätigkeit; bis jetzt arbeiten hier nur deutsche und zwar evang. Gesellschaften, nämlich die Neuendettelsauer Gesellschaft mit Stationen zu Simbang sowie auf dem Sattelberg bei Finschhafen und auf den Tami-Inseln fowie die Rheinische Missionsgesellschaft zu Barmen mit Stationen zu Bogadschim bei Stephansort und zu Siar in Friedrich-Wilhelms-Hafen und auf der Dampierinsel.

Seit 1887 gehört die Kolonie dem Weltpostverein an. Seit April 1893 hat der Norddeutsche Lloyd nach Bewilligung einer Subvention vom Reich die Herstellung einer regelmäßigen Dampferverbindung zwischen Singapur und dem Schutzgebiet übernommen. Seit 1894 hat die N. das Recht zur Ausgabe eigener Münzen. Das Verhältnis der Europäer zu den Eingeborenen ist mit Ausnahme einiger Streitigkeiten im Huongolf, bei Hatzfeldthafen sowie auf der Gazellehalbinsel bisher durchaus befriedigend. – Litteratur s. unter Neuguinea.

Neuhaldensleben. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Magdeburg, hat 677,54 qkm, 1890: 60957, 1895: 63078 (31416 männl., 31662 weibl.) E., 1 Stadt, 55 Landgemeinden und 39 Gutsbezirke. – 2) Kreisstadt im Kreis N., an der Ohre, der Linie Magdeburg-Öbisfelde der Preuß. Staatsbahnen und der Neuhaldenslebener Eisenbahn (Nebenbahn, 32 km), Sitz des Landratsamtes und eines Amtsgerichts (Landgericht Magdeburg), Steueramtes und Bezirkskommandos, hatte 1890: 8657, 1895: 9615 E., darunter 376 Katholiken und 51 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph, Standbild Heinrichs des Löwen, Gymnasium, höhere Mädchenschule mit Pensionat, Knaben- und Mädchen-Bürgerschule, Handwerkerfortbildungsschule, städtisches Krankenhaus, zwei Altersversorgungsanstalten, elektrische Straßenbeleuchtung; Steingut-, Majolika-, Wagen-, Seifen-, Hefe-, Glacéhandschuh-, Stärkefabriken, Töpfereien, Ziegeleien, Kupferschmieden und Gelbgießereien, Orgelbauerei, Wollspinnerei, Zuckerfabrik, Mühlen, Sägewerke, Brauereien, Brennerei. – Vgl. Behrends, Chronik des Kreises N. (2 Bde., 2. Aufl., Neuhaldensl. 1893).

Neuhampshire, s. New-Hampshire.

Neuhannover, die nördlichste größere Insel des Bismarck-Archipels (s. d.), durch die Byron- ^[folgende Seite]