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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Niagara-Falls; Niagusta; Niaiserie; Niam-Niam; Niandscha; Niari; Nias; Niassa; Niausa; Nibelungen

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Niagara-Falls – Nibelungen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Niagara'

das Tosen der Fälle ist weithin, zuweilen 60 km hörbar. 1855 ward eine Hängebrücke unterhalb der Fälle, zwischen diesen und dem sog. Wirbel (Whirlpool), vom deutschen Baumeister J. Röbling für die Neuyork-Centraleisenbahn erbaut. Dieselbe liegt 75 m über dem Wasserspiegel, hat eine Spannung von 240 m und ist 11 m breit. Zwischen dieser Brücke und den Fällen ist 1869 eine zweite Hängebrücke für Wagen und Fußgänger errichtet, die, 1889 fortgerissen, sogleich erneuert wurde. Südlich von der Eisenbahnbrücke, etwas oberhalb der Wirbel, führt eine 1883 erbaute 278 m lange Cantileverbrücke über den Fluß. Bis zu den Stromschnellen ist der Fluß abwärts schiffbar. Etwa 1 km unterhalb der Fälle zeigt sich das Wasser so ruhig, daß eine völlig sichere Fähre hat errichtet werden können; 7 km weiter abwärts aber wird durch eine plötzliche Wendung des Flusses ein Wirbel gebildet, der alles zerstört, was in seinen Bereich kommt. Die ungeheure Wassermasse der Fälle stürzt über ein 25 m dickes, fast ganz horizontales Kalksteinlager herab, unterhalb dessen weiche Schiefermassen von derselben Mächtigkeit liegen. Diesen geognost. Verhältnissen ist es zuzuschreiben, daß das Wasser die ganze Höhe, nicht in Terrassen, herabfällt, und daß von dem unterwaschenen Kalkstein die nicht mehr unterstützten Teile herabstürzen, wie dies namentlich 1818 und im Sept. 1853 am Tafelfelsen, 1828 am Hufeisen geschehen ist, wodurch ein allmähliches Zurückweichen der Fälle bewirkt wird. Indem man das durchschnittliche jährliche Zurückweichen von einem Fuß bis zu einem Zoll geschätzt hat, ist die Zeit, in der die Fälle von Queenstown bis zu ihrer jetzigen Stelle sechs engl. Meilen weit zurückgewichen sind, auf 30000 bis 400000 Jahre berechnet worden. Da die Niagarafälle alle direkte Wasserverbindung völlig unterbrechen, so hat man auf der canad. Seite einen Schiffahrtskanal, den wichtigen Wellandkanal (s. d.), angelegt. Eine elektrische Bahn läuft am Ufer von den Fällen bis zum Bluff oberhalb Queenstown. Das Land auf beiden Seiten der Fälle ist zu staatlichen Reservationen erklärt. Als Wasserkraft betrachtet, liefern die Fälle gegen 17 Mill. Pferdestärken. Davon werden etwa 120000 Pferdestärken durch Turbinen ausgenutzt. Eine großartige, 1894 in Betrieb gesetzte Turbinenanlage dient dazu, die Wasserkraft mittels elektrischer Kraftübertragung für größere Entfernungen nutzbar zu machen; so sind allein für das 32 km entfernte Buffalo 50000 Pferdestärken in Aussicht genommen. – Vgl. Hollay, N.; ist history and geology, incidents and poetry (Toronto 1872); Book of N. (Buffalo 1893).

Niagara-Falls (spr. neiäggĕrĕ fahls), Ort im County Niagara des nordamerik. Staates Neuyork, am Niagara (s. d.), mit (1894) etwa 15000 E. Nördlich daneben liegt der Ort Suspension-Bridge mit 4405 E. Gegenüber der canad. Ort N. mit etwa 3000 E. Der Fremdenverkehr und die durch Benutzung der Wasserkraft entstandene Industrie fördern die Entwicklung beider Orte.

Niagusta, Stadt in Macedonien, s. Niausta.

Niaiserie (frz., spr. niäs'rih), Albernheit.

Niam-Niam oder A-Sandeh, afrik. Volksstamm, nimmt mit den ihm verwandten Nfakkara, Bandjia und Iddio (Bombe und Makaraka) ein Gebiet ein, welches zwischen dem Koto und Mbomu (im W.) und dem Aji (im O.) das Land der nördl. Zuflüsse des Mobangi-Uelle und im äußersten Osten das einiger südl. Zuflüsse des Nils umfaßt. Aller ↔ Wahrscheinlichkeit nach hatten die N. ihre ursprünglichen Wohnsitze am Mbomu. Sie unterscheiden sich in Bau, Bewaffnung, Sitten und Gebräuchen sowohl von den Niloten wie von den Bantunegern; mancherlei deutet auf einen Zusammenhang mit den Westafrikanern, am wenigsten freilich die Sprache, welche zur libyschen Gruppe gehört. Von schokoladenbrauner oder kupferroter Hautfarbe und von Gestalt untersetzt, ist ihr Oberkörper unverhältnismäßig lang, der Kopf breit und rund wie bei den Brachykephalen niedrigster Stufe, das Haar fein gekräuselt; die Augen, weit auseinanderstehend, sind groß und mandelförmig geschlitzt, die Lippen wulstig, die Nase ist gerade. Auffallend ist das Vorkommen starker Kinnbärte. Die N. flechten sich das Haar in langen Strängen, im äußersten Westen verlängern und verbinden sie dieselben zu einer Art von Allongeperücke. Tättowierung ist üblich, aber nicht Beschneidung. Hier und da sieht man die Oberzähne spitz gefeilt. (S. Tafel: Afrikanische Völkertypen, Fig. 19.) Schmuck wird wenig getragen. Die Kleidung besteht nur aus einem ungegerbten Fell um die Lenden. Wurfwaffen, Dolche und Speerspitzen sind auf Tafel: Afrikanische Kultur II, Fig. 7, 12, 14, dargestellt. Dörfer giebt es nicht, nur Weiler von wenigen Hütten. Die N. sind Ackerbauer und Jäger und weithin gefürchtete Krieger. Als Nahrung dienen Vegetabilien und Fleisch jeder Art, sogar Hunde- und Menschenfleisch. Haustiere sind Hühner und Hunde; Rinder werden nicht gehalten. Die N. schnitzen sehr hübsche Schemel und Schüsseln und auch menschliche Figuren. Auf Keuschheit der Geschlechter wird sehr geachtet. Petherik war der erste Europäer, welcher 1858 zu den N. kam; Schweinfurth (1870) verdankt man die eingehendsten Berichte. Junker bereiste das Gebiet der N. von 1879 bis Ende 1883. – Vgl. Schweinfurth, Im Herzen von Afrika (Lpz. 1874; 2. Aufl. 1878); Junker, Reisen in Afrika (3 Bde., Wien 1889–91); Colombaroli, Primi elementi di lingua A-Sandeh, volgarmente detta N. (Flor. 1896).

Niandscha, s. Njansa und Njassa.

Niari, Oberlauf des Kuilu (s. d.).

Nias oder Pulo Nias, Insel der Westküste von Sumatra im Malaiischen Archipel, 4201 qkm groß, mit dichter Bevölkerung, 230–500000 E. Hauptort ist Gunung Sitoli an der Nordostküste.

Niassa, See in Ostafrika, s. Njassa.

Niausa, Niagusta, Agoston, Stadt in Macedonien, im türk. Wilajet Saloniki, am Fuße des Agostosgebirges, von der Arabica durchflossen, hat 5000 E., griech. Schule, Töchterschule, mehrere Kirchen, eine Moschee; Seidenfabrikation, Wollwebereien und ist berühmt durch den sog. Niagostawein.

Nibelungen, in der deutschen Sage ein mythisches Zwerggeschlecht des Nordens, das seinen Namen vom Könige Nibelung (d. h. Sohn des Dunkels) hat. Die N. sind im Besitze großer Reichtümer (des Nibelungenhorts), die Siegfried gewinnt, nachdem er die beiden Könige Schilbung und Nibelung getötet und den mächtigen Zwerg Alberich überwunden hat. Seitdem heißen Siegfrieds Mannen die N., und als nach dessen Tode der Nibelungenschatz zu den Burgunden kommt, erhalten diese den Namen. Später wurde die letztere Auffassung die allgemeine, und in unsern mittelalterlichen Heldengedichten identifizierte man Burgunden und N. (S. Nibelungenlied.) – Vgl. Heinzel, Über die Nibelungensage (Wien 1885).